Das letzte Einhorn
Klumpen frisches Fleisch als Liebesbeweis bringt. Und dann hat sie mich angeschaut! Es tat mir leid, dass ich das Untier erschlagen hatte; es hat mir leid getan, einen Drachen getötet zu haben!« Er hieb nach einer glitschigen Kartoffel, schnitt sich zum zweiten Mal.
»Schäl’ von dir weg, nicht zu dir her«, riet ihm Molly. »Weißt du, ich denke, du solltest aufhören, für die Lady Amalthea Drachen zu töten. Wenn fünf ihr Herz nicht bewegt haben, dann tut einer mehr es auch nicht. Versuch’ doch etwas anderes.«
»Was auf der Welt hab’ ich denn noch nicht ausprobiert!« rief Prinz Lir. »Vier Flüsse habe ich durchschwommen, keiner unter einer Meile breit, und stets zur Hochwasserzeit. Sieben Berge habe ich bestiegen, die noch von keinem bezwungen, drei Nächte im ›Sumpf der Gehängten‹ geschlafen, bin lebend aus dem Wald gekommen, in dem einem die Blumen die Augen verbrennen, wo die Nachtigallen Gift singen. Ich habe mein Verlöbnis mit der Prinzessin gelöst, und wenn du denkst, das sei keine Heldentat, dann kennst du ihre Mutter nicht! Fünfzehn schwarze Ritter habe ich besiegt, die in fünfzehn schwarzen Pavillons an fünfzehn Furten warteten, um jeden, der übersetzen wollte, zum Zweikampf zu fordern. Und was die Hexen in ihren undurchdringlichen Wäldern betrifft, die Riesen und Ungeheuer, die als Damen verkleideten Dämonen, die Glasberge, tödlichen Rätsel und Zauberäpfel, die Wunderlampen und -ringe, die Siebenmeilenstiefel, Wunschhütlein und Tarnkappen: längst habe ich es aufgegeben, sie zu zählen. Ganz zu schweigen von den Geflügelten Pferden, Basilisken und Seeschlangen und der übrigen Menagerie.« Er hob den Kopf, seine dunkelblauen Augen sahen verwirrt und traurig aus.
»Alles umsonst, ich kann sie nicht beeindrucken, mit nichts, was ich auch tue. Um ihretwillen bin ich ein Held geworden, ich, der verschlafene Lir, meines Vaters Scham und Spott. Doch was die Lady Amalthea angeht, so hätte ich genauso gut der tumbe Tor bleiben können, der ich war – meine Heldentaten bedeuten ihr nichts.« Molly nahm ihr eigenes Messer und schnitt Paprika in Würfel und Streifen. »Vielleicht kann man die Lady Amalthea nicht mit Heldentaten erobern«, sagte sie nach einer Weile. Der Prinz sah sie an, seine Stirn runzelte sich vor Verwunderung. »Gib es denn einen anderen Weg, das Herz einer Jungfrau zu gewinnen?« fragte er eifrig. »Molly, weißt du einen anderen Weg? Bitte, sag ihn mir!« Er beugte sich über den Tisch und ergriff ihre Hand. »Es gefällt mir eigentlich ganz gut, tapfer zu sein, doch werde ich gern wieder ein fauler Feigling, wenn du denkst, das wäre besser. Ihr Anblick gibt mir das Gefühl, ich müsse alles Böse und Hässliche bekämpfen, doch dann möchte ich auch wieder ruhig dasitzen und unglücklich sein. Was soll ich nur tun, Molly?«
»Ich weiß es nicht«, sagte sie, plötzlich verlegen. »Freundlichkeit, Ritterlichkeit, gute Taten, solche Sachen, und vor allem Humor.« Eine kleine, aschgrau und fuchsrot gestromte Katze mit einem verkrümmten Ohr sprang in ihren Schoß, schnurrte ohrenbetäubend, rieb sich heftig an ihrer Hand. In der Hoffnung, das Thema zu wechseln, fragte Molly: »Was war denn mit deinem Pferd? Weshalb war das so seltsam?«
Doch Prinz Lir starrte die kleine Katze mit dem verkrümmten Ohr an. »Wo kommt sie her? Gehört sie dir?«
»Nein, ich gebe ihr nur zu fressen und halte sie ab und zu auf meinem Schoß.« Sie streichelte den mageren Hals der Katze, die wohlig ihre Augen schloss. »Ich dachte, sie gehört zum Haus.«
Lir schüttelte den Kopf. »Mein Vater hasst Katzen. Er sagt, so etwas wie eine Katze gebe es gar nicht, es sei nur die Gestalt, die alle möglichen Trolle und Kobolde und verwandtes Teufelszeug annähmen, um Eingang in die Häuser der Menschen zu erlangen. Er würde sie töten, wenn er von ihrer Anwesenheit etwas ahnte.«
»Was war nun mit deinem Pferd?« frage Molly. Prinz Lirs Gesicht verdüsterte sich wieder. »Als sie an meinem Geschenk keinen Gefallen fand, da dachte ich, es würde ihr vielleicht Freude machen, etwas darüber zu erfahren, wie es errungen ward. Also erzählte ich von meinem Schlachtplan, dem Angriff, dem Kampf, was es eben über das Feuerspeien, die nackten Flügel und den Drachengeruch an einem regnerischen Morgen zu sagen gibt. Und wie das schwarze Herzblut von meiner Lanzenspitze troff. Doch sie hörte gar nichts, nicht ein Wort, bis ich von dem Feuerstoß sprach, der die Beine meines armen Pferdes so
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