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Das letzte Evangelium: Historischer Roman (German Edition)

Das letzte Evangelium: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das letzte Evangelium: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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So viel Hoffnung. So viele Träume. Und so viel Glück. Und ich wünsche Dir einen Freund , der deine Hand hält , bis zum Ende.
    Mögen alle Deine Wünsche in Erfüllung gehen , so wie in meinem Leben alle meine Träume wahr geworden sind.
    So , genug der Worte , denen nun Taten folgen müssen. Mir bleibt nicht mehr viel Zeit. Ich muss zurück auf meinen Posten auf der Mauer. Mehmeds Kanonen donnern schon wieder. Es ist jetzt ein Uhr dreißig morgens , aber das Mündungsfeuer der türkischen Kanonen macht die Nacht zum Tag. Die Stadt wird heute fallen , und ich mit ihr. Mehmed wird mich nicht am Leben lassen.
    Mit dem beigefügten Testament , datiert auf die frühen Morgenstunden dieses 29. Mai 1453 , bezeugt durch Cesare als mein Gemahl , ernenne ich Dich zu meinem Erben. Und Tommaso zu meinem Testamentsvollstrecker.
    Prospero , bitte erfülle mir einen letzten Wunsch:
    Werde Papst.
    Und halte mein Andenken in Ehren.
    Leb wohl.
    Alessandra Colonna Orsini
    P. S. Bestimmt zuckst Du jetzt zusammen …
    Ich habe mich auch noch nicht daran gewöhnt!
    Aber es ist mein Wunsch , dass dieser Name
    auf meinem Grabstein steht.

Kapitel 95
    In der Zelle des Abtes
22. Dezember 1453
Kurz vor neun Uhr abends
    Erschüttert lasse ich die mit Blut getränkten Pergamentseiten sinken und starre blicklos darauf. Dann werfe ich sie auf den Tisch und springe so ungestüm auf, dass der Stuhl über die Bodendielen poltert.
    Ich muss sofort mit Prospero reden!
    Wir müssen das Mandylion suchen. Und wir müssen verschwinden, bevor Jibril mit Adrian und Lionel und einer Meute schwer bewaffneter Johanniter zurückkehrt, denen Prospero, Vittorio und ich nicht standhalten können.
    Mit einem beklommenen Gefühl, als lege sich eine eisige Hand um mein Herz, mache ich mich im flackernden Licht der Kerze auf die Suche.
    Durch den Gang fegt ein eisiger Wind, als stünde irgendwo eine Tür offen. Ich spähe ins Dormitorium. Im Zwielicht, das durch die zugefrorenen Fenster in den Saal sickert, sehen die zurückgezogenen Vorhänge der offenen Mönchszellen aus wie eine Prozession weiß gekleideter Mönche, die zur Komplet in die Kirche gehen. Die Tür zur Kirche ist geschlossen.
    Niemand hier.
    Ich gehe die Treppe hinunter und rufe: »Prospero?«
    Nichts.
    »Prospero! Vittorio!«
    Wieder nichts.
    Also zur Bibliothek! Ich stoße die Tür auf und betrete den dunklen Raum.
    Die Tür zur Geheimkammer ist geschlossen. Die Ikone, vor der ich vorhin zusammengebrochen bin, hängt noch immer an der Wand.
    Alles ist unverändert.
    Weiter ins Scriptorium!
    Nichts.
    Die Werkstatt!
    Nichts, nichts, nichts.
    Das Werkzeug, das oberhalb der Werkbank an der Wand befestigt ist, scheint vollständig zu sein. Nicht einmal die Spinnweben sind weggefegt worden. Nein, Prospero war niemals hier, um sich ein Werkzeug zu holen, mit dem er das Versteck des Mandylions aufbrechen konnte.
    Wo steckt er bloß?
    Gerade will ich mich abwenden, da fällt mein Blick auf die Schale mit eingetrocknetem braunen Knochenleim für das Binden von Büchern. Und da ist der Reibstein für Farben. In der rauen Oberfläche des Steins schimmern noch feine karmesinrote Pigmente.
    Ich stutze.
    Wieso? Ich weiß es nicht. Es ist nur so ein Gefühl …
    Auf dem Tisch gegenüber der Werkbank stehen etliche Schalen mit gemahlenen Farbpigmenten, die offenbar hier in dieser Werkstatt gerieben wurden. Die Farben schimmern jedoch nicht in Rot, sondern in allen Schattierungen von Blau.
    Mitternachtsblau. Lapislazuli. Indigo. Schwarz.
    Zwischen den Tiegeln glitzert ein winziger Fetzen Blattgold auf der Arbeitsplatte, auf der offenbar vor wenigen Tagen noch gearbeitet wurde. Der Staub ist weggefegt, und die Staubflocken liegen auf dem Boden.
    Das Atmen fällt mir plötzlich schwer, während mein Blick zwischen Arbeitstisch und Werkbank hin und her fliegt.
    Blattgold, Farben und Leim.
    Habe ich hier gearbeitet?
    Einer plötzlichen Eingebung folgend, mache ich mich auf die Suche nach einer zerbrochenen Eierschale. Ich finde sie in dem Korb mit Feuerholz, unter einer Schicht von Kaminanzündern. Das Eiweiß, das beim Trennen vom Eidotter in der Schale zurückblieb, ist längst eingetrocknet.
    Verwirrt lege ich die beiden Hälften der Eierschale neben die Farbtiegel auf den Arbeitstisch.
    Ich habe also mit Farben, Blattgold und Leim gearbeitet.
    Dann stimmt mein Traum? Dass ich die Ikone von der Nacht des Verrats gemalt habe?
    Und zwar Stunden vor Galceráns Verrat.
    Ich atme tief durch. Und was bedeutet das

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