Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das letzte Evangelium: Historischer Roman (German Edition)

Das letzte Evangelium: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das letzte Evangelium: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
Vom Netzwerk:
Kopfkissen.
    Er sucht den gefalteten Zettel mit der griechischen Schrift, den ich vorhin unter das Kopfkissen gestopft habe!
    Er schnauft unwillig, als er ihn nicht finden kann.
    »Was ist denn …?, stöhne ich.
    Sanft zieht er mir die Bettdecke über die nackte Schulter. »Schlaf gut und träum was Schönes, mein Liebes.« Gil küsst mich zärtlich.
    Wie ich ihn hasse!
    Träge räkele ich mich ins Kissen und nuschele ein arabisches »Ich liebe dich auch.«
    Meine Hochachtung, Gil! Die Rolle des liebenden und sorgenden Ehemanns spielst du sehr überzeugend. Wie kannst du das mit deinen Gelübden vereinbaren? Gehorsam, Armut, Keuschheit.
    Ehrlich, Gil: Hätte ich nicht erlebt, dass du mich lebendig begraben wolltest, hätte ich dir jedes Wort geglaubt.
    Die Matratze schwankt, als Gil sich aufrichtet, und die Dielen knarren, als er einen Schritt zurücktritt und auf die Knie geht. Ob er unter das Bett spähen will?
    Er sucht den Zettel, den ich mittlerweile in meiner Hand halte, die ich unter das Kopfkissen geschoben habe.
    Kein Zettel – aber das Notizbuch!
    Ich könnte schreien vor Wut!
    Gil hat es gefunden. Ich kann hören, wie er mit den Fingern über den Ledereinband streicht. Dann knistert das Pergament. Gil blättert durch die Seiten.
    Plötzlich ein helles Klimpern.
    Irgendetwas scheint aus dem Büchlein auf den Boden gefallen zu sein. Eine Münze? Ein Ring? Es rollt unter das Bett und bleibt dort liegen.
    Der Stoff von Gils Hemd raschelt, als er sich noch einmal unter das Bett schiebt. Doch offenbar kann er den Gegenstand nicht finden, denn er kommt wieder hoch und flucht leise auf Arabisch.
    Der Gegenstand bleibt unter dem Bett.
    Gut!, denke ich erleichtert. Sollte es ein Ring sein, könnte er mir verraten, wer ich bin …
    Ein leises Rascheln. Blättert Gil in meinem Notizbuch? Dann ächzen die Dielen – Gil steht wieder auf und geht hinüber zu den Reisetruhen.
    Ein leises Quietschen. Öffnet er den Deckel einer Truhe? Will er sehen, ob ich darin gewühlt habe?
    Eiskristalle rieseln über meinen Rücken.
    Er selbst muss das Büchlein in die Truhe mit meiner Kleidung gelegt haben!
    Angespannt lausche ich.
    Ein scharfes Ratschen lässt mich zusammenzucken. Reißt er eine Seite aus dem Notizbüchlein heraus? Wozu? Ein Knistern. Als ob er sie zusammenfaltet.
    Und jetzt?
    Er holt etwas aus der Truhe. Ein Rascheln, wie von Samt. Ein Knistern, wie von Papier. Was tut er denn? Ein feines Quietschen. Er zieht einen kleinen Korken heraus. Aber …
    Das Fläschchen mit dem Haschisch!, durchzuckt es mich vor Schreck. Was hat er vor?
    Ein Zischen, dann wieder ein Knistern. Er lässt ein wenig Haschisch in das gefaltete Pergamentbriefchen rieseln.
    Will er mich vergiften?
    Der Korken wird zurückgestopft, die Pergamentseite zusammengefaltet, das Notizbüchlein zugeklappt.
    Dann rumpelt der Deckel der Reisetruhe.
    Das ist mein Todesurteil.
    Gil kommt zu mir zurück. Den Schlüssel auf dem Tisch hat er nicht angerührt.
    Was jetzt?
    Ein metallisches Schaben. Der Löffel auf dem Zinnteller? Wahrscheinlich öffnet Gil das Briefchen und lässt etwas von dem bräunlichen Pulver in den Löffel rinnen, dann steckt er es wieder ins Notizbuch. Ein Klappern verrät mir, dass er den Löffel in die Hand nimmt. Dann ist es eine Weile still, bis plötzlich ein leises Fauchen ertönt, ein Zischen, ein Brodeln. Gil erhitzt das Haschisch in der Flamme der Kerze auf meinem Nachttisch. Er kennt sich also aus damit.
    Ein Rumpeln. Der Duft wird intensiver, berauschender. Gil nimmt die Kerze vom Tisch und hält mir den Löffel mit dem siedenden Haschisch vors Gesicht.
    Ich atme ganz flach, doch ich muss den berauschenden Duft einatmen.
    Das Klappern, das kurz darauf folgt, ist eindeutig: Gil mischt das zubereitete Haschisch in mein Essen. Wie hoch ist die Dosis? Reicht sie für einen langen Rausch? Für Atemnot und Herzrasen? Oder für schreckliche Visionen?
    Gil, wenn du weißt, wie Haschisch wirkt, musst du doch auch wissen, dass du mich damit nicht umbringen kannst!
    Es sei denn … Konstantins Nachricht! Es sei denn, es enthält ein tödliches Gift.
    Gil, weißt du, was du da tust? Willst du mich töten, bevor ich dich zum Versteck des Mandylions geführt habe?
    Benommen umklammere ich den Zettel in meiner Hand und warte ab.
    Ich darf jetzt nicht einschlafen!
    Ich spüre seinen warmen Atem auf meinem Gesicht. Er küsst mich sanft auf die Wange.
    »Schlaf gut!«, flüstert er auf Arabisch. »Und träum was Schönes. In ein paar Stunden

Weitere Kostenlose Bücher