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Das letzte Evangelium: Historischer Roman (German Edition)

Das letzte Evangelium: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das letzte Evangelium: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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Holzplatte gemalt wurde. Vielleicht sind es auch zwei Tafeln, die aufeinandergeleimt wurden – so genau kann ich das nicht sehen. »Die Ikone erinnert mich an die Heiligenbilder in der Kapelle des Großmeisterpalastes auf Rhodos. Oder an die Gemälde in den Kirchen auf Kreta. Derselbe Malstil. Das Blattgold. Die Farben. Das Licht und die Schatten …«
    Lionel sieht ihn von der Seite an. »Bist du sicher?«
    Adrian zögert und legt den Kopf schief. »Nein.«
    »Könnte diese Ikone die Reliquie sein, die wir suchen?«
    Adrian schüttelt den Kopf. »Niemand weiß, wie sie aussieht. Seit dem unseligen Kreuzzug von 1204, als die Venezianer Byzanz plünderten, gilt sie als verschollen, sagt Fra Gil. Die Templer brachten das Grabtuch Christi in den Tempel von Paris. Die allerheiligste Reliquie, was auch immer es ist, verschwand damals spurlos aus der Kapelle des Kaiserpalastes.«
    »Und sie hat sie gefunden.«
    »Es scheint so.«
    Lionel pfeift durch die Zähne.
    Adrian legt die Ikone zurück auf den Müll.
    »Und jetzt?«, fragt Lionel irritiert.
    »Alles muss bleiben, wie es war. Wenn sie sich erinnert, wird sie …«
    Knirschende Schritte auf den Stufen!
    Das ist Gil!
    Ich flüchte durch den Gang zur Treppe. Auch die Stufen hinunter zur Küche und zu den Vorratskellern sind mit Splitt bedeckt. Ich schiebe ihn mit der Stiefelspitze zur Seite, bevor ich die Stufen betrete. Dann haste ich zum Portal, das zu den Ställen hinausführt.
    Es ist verschlossen.
    Kein Riegel, kein Schlüssel. Und keine Chance, die schwere Tür mit Gewalt zu öffnen. Weder von innen noch von außen. Die Abtei ist offenbar im Verteidigungszustand. Fürchtet Gil eine Belagerung durch die Truppen des Papstes? Dann ist auch das Portal des Châtelets verschlossen. Und der Weg hinauf zur Kirche ist mir verwehrt.
    Ratlos sehe ich mich um.
    Einige Schritte den Gang hinunter liegt die Küche. Dahinter ist das Vorratslager.
    Die Abtei ist eine Festung. Jede befestigte Burg hat eine Ausfallpforte, wie die, durch die meine Bravi, Federico und ich Byzanz verlassen konnten, um den Belagerungsturm zu sprengen.
    Also los!
    Ich trete in den Vorratskeller, ein niedriges Gewölbe aus aufge mauerten Bruchsteinen, das in eine Felshöhle übergeht. Wasser tropft von der zerklüfteten Decke. Ich nestele mein Feuerzeug aus der Silberdose und entzünde den Kerzenstummel, um mich umzusehen.
    Keine Kisten und Säcke, also keine Vorräte. Nur ein einsames Weinfass mit einer hölzernen Schöpfkelle entdecke ich zwischen den Säulen. Mit dem Fuß trete ich gegen das Fass. Es ist schätzungsweise halb voll. Ich befestige meine Kerze mit einigen Tropfen Wachs auf einem Sims und hebe den Deckel an. Rotwein. Ich leere eine Schöpfkelle und stille meinen Durst. Dann hänge ich die Kelle wieder ans Fass, schließe den Deckel, löse die Kerze, kratze mit dem Fingernagel das Wachs vom Sims und gehe mit meiner Kerze weiter zu einer Tür am anderen Ende des Kellers.
    Sie ist nicht verschlossen. Ich spähe in den Gang dahinter. Er ist aus dem Fels herausgehauen und führt einige Schritte abwärts, bevor er auf einen anderen Gang stößt. Ich muss die Kerze mit der Hand schützen, damit der eisige Windhauch, der von links heraufweht, die Flamme nicht ausbläst. Nach wenigen Schritten verschwindet der felsige Korridor in der Finsternis außerhalb des flackernden Lichtscheins.
    Der Duft der Freiheit weht mir entgegen, während ich langsam über den glitschigen Fels hinuntersteige. Tatsächlich, nach wenigen Schritten erreiche ich den Ausgang. Als ich nach draußen blicke, erkenne ich schemenhaft ein verschneites Wäldchen unweit der Abtei.
    Endlich! Ein Fluchtweg.
    Ich gehe dorthin zurück, wo der Vorratskeller abzweigt, dann gehe ich weiter hinauf. Der Korridor wird enger, niedriger, steiler. Und glitschiger.
    Ist das Fledermauskot?
    Mein Blick huscht zur Decke.
    O Gott! Es sind Tausende. Dicht an dicht hängen sie mit eingefalteten Flügeln regungslos von der Decke. Und ich muss unter ihnen hindurch.
    Mein Herz rast, als ich die schmerzenden Schultern anspanne und mich darauf vorbereite, mich sofort auf den Boden zu werfen, sobald ich eine Fledermaus angestupst und aufgeweckt habe.
    Doch das Mistvieh reagiert nicht. Kein schrilles Kreischen, kein Flattern, kein Exodus der Massen.
    Totenstille.
    Ein erneuter Stups mit dem Finger, kräftiger dieses Mal.
    Wieder nichts.
    Ich nehme all meinen Mut zusammen, packe eine Fledermaus, ziehe sie herunter und werfe sie hinter mir in den Gang.
    Immer

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