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Das letzte Evangelium: Historischer Roman (German Edition)

Das letzte Evangelium: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das letzte Evangelium: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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Dolch hoch. Er ist so überrascht, dass er beinahe in meine Klinge hineingerannt wäre.
    Ich halte mich an der Wand fest, hebe mein rechtes Knie und trete zu. Mit voller Wucht stoße ich ihm meinen Stiefel ins Gesicht. Es knackt. Seine Nase bricht. Durch den Aufprall verliere ich das Gleichgewicht und falle auf die Stufen. Schmerzhaft bohren sie sich in meinen Rücken.
    Der Yeniçeri, dem das Blut aus der Nase schießt, stürzt rückwärts, reißt die Arme hoch und sucht Halt. Doch er rutscht ab. Er poltert mit dem schweren Kettenhemd rückwärts auf die Stufen, prallt hart mit dem Kopf auf und rutscht zwei oder drei Stufen nach unten. Scheppernd bleibt sein Kilij neben ihm liegen. Benommen versucht er sich aufzurichten.
    Als ich mich aufrappele, um die Treppe weiter hinaufzuflüchten, frage ich mich, wo der andere Yeniçeri geblieben ist.
    Weiter!
    Da ist die Tür zum linken Seitenschiff. Im Vorbeihuschen sehe ich, dass sie weder Schloss noch Riegel hat. Ich kann mich in der Kirche also nicht verbarrikadieren. Trotzdem haste ich hinein und blicke mich um.
    Schlitternd bleibe ich stehen. Während der Yeniçeri hinter mir schnaufend die Treppe heraufpoltert, sehe ich mich in der Kirche um. Im Altarraum habe ich gegen Galcerán gekämpft. Aber jetzt warten zwei Krieger auf mich.
    In die Krypta!
    Ich hetze die lange Treppe hinunter zu den Kapellen unterhalb der Kirche.
    Da ist die Apsis mit dem Altar! Ich wende mich nach rechts und renne den schmalen Gang entlang, der zu der erleuchteten Kapelle führt, wo Galcerán aufgebahrt ist.
    Da ist der Gang, der aus dem Felsen herausgehauen wurde. Er führt unter dem Hauptschiff der Kirche hindurch in die Finsternis.
    Während der Yeniçeri hinter mir die Stufen heruntertrampelt, verschwinde ich lautlos in den Schatten des Ganges …
    … und erstarre vor Entsetzen.

Kapitel 37
    In den Krypten der Abteikirche
21. Dezember 1453
Gegen elf Uhr nachts
    Ich stehe vor einer offenen Grabnische. Ist es die, in der ich heute Morgen lebendig begraben wurde?
    Ich spähe hinein. Tatsächlich, eine stark verweste Mumie. Lederne Haut, die sich über stark hervortretenden Wangenknochen spannt. Vertrocknete Augenlider. Schütteres, durch die Verwesung rötlich verfärbtes Haar. Neben diesem Leichnam habe ich gelegen.
    Mein bestürzter Blick fällt auf die Inschrift auf der Steinplatte, die unterhalb der Gruft an der Wand lehnt.
    Alessandra Colonna Orsini Filia Lucae D’Ascoli
    Nata Romae 2 Aprilis 1415
Mortua Constantinopoli 29 Maii 1453
Comitessa & Vicaria Papae & Legata Pontificis Sanctae Romanae Ecclesiae
    Requiem aeternam dona ei, Domine.
Et lux perpetua luceat ei.
Requiescat in pace. Amen.
    Per ordine di Papa Niccolo V. ♦ Duomo Sant’ Emidio, Ascoli Piceno ♦ 9 Settembre 1453
    Alessandra Colonna Orsini?
    Ich war mit Cesare verheiratet? Meinen besten Freund habe ich nach all den Jahren in der Nacht vor der Eroberung geheiratet? Ich kann es nicht fassen! Cesare?
    Sein Gesicht taucht plötzlich schemenhaft vor mir auf. So wie er aussah, als wir uns in der Hagia Sophia schworen, uns zu lieben, bis der Tod uns scheidet.
    Und jetzt bin ich tot! Gestorben am 29. Mai 1453 bei der Verteidigung von Konstantinopolis.
    Nur ein paar Stunden kann ich mit Cesare verheiratet gewesen sein, bevor er in jener blutüberströmten Kapelle von Galcerán enthauptet wurde … in unserer Hochzeitsnacht!
    Erschüttert lese ich meinen Namen auf dem Epitaph: Alessandra Colonna Orsini. Tochter von Luca d’Ascoli …
    Dann bricht die kalte Wut aus mir hervor.
    Gil, du perfider Mistkerl!
    Die Schritte des Yeniçeri kommen immer näher. Gleich wird er um die Ecke kommen.
    Ich tauche ein in die tiefen Schatten des Ganges hinter mir, in den links und rechts Grabnischen geschlagen sind. Durch die nachtschwarze Finsternis bewege ich mich lautlos vorwärts. Plötzlich greife ich mit der Hand ins Leere. Mit ausgestrecktem Arm taste ich mich vorwärts.
    Da, eine Ecke! Ein Gang, der den meinen kreuzt?
    Ich folge ihm. Und stoße nach wenigen Schritten wieder auf eine Kreuzung.
    Ich befinde mich in einem Labyrinth, das unterhalb der Kirche in den Felsen geschlagen wurde! Wenn ich doch nur sehen könnte, wo ich bin!
    Schwer atmend lausche ich den Schritten des Yeniçeri.
    Und wo ist der andere? Schon auf der Wendeltreppe des Glockenturms habe ich ihn nicht mehr gehört. Ich spüre ein Prickeln im Nacken, als ob er mich aus der undurchdringlichen Finsternis heraus beobachtet.
    Ist er vor mir? Oder hinter mir?

Kapitel 38
    In

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