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Das letzte Evangelium: Historischer Roman (German Edition)

Das letzte Evangelium: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das letzte Evangelium: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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aufgestanden, ohne mich zu unterbrechen, und hat Holzscheite nachgelegt, bevor das Feuer im Kamin niederbrennen konnte.
    Seine Zweifel stehen ihm ins Gesicht geschrieben. Ich fürchte, er glaubt mir nicht. Denkt er, dass Jibril mein Gedächtnis verändert hat? Dass ich zu viel Haschisch genommen habe? Dass ich mich, im Rausch der Glückseligkeit, in eine Scheinwelt flüchte, weil ich die Wirklichkeit nicht mehr ertrage? Dass ich unter den Symptomen einer Überdosis leide: Atemnot, Herzrasen, Panikattacken und Horrorvisionen? Oder dass ich wahnsinnig bin?
    Und ich habe nichts, aber auch gar nichts, um ihm zu beweisen, was ich erzählt habe: Jibril ist fort, mit seinem und Galceráns Gepäck. Auch Galceráns Leichnam ist verschwunden, ebenso sein Schwert, der türkische Dolch, den ich Murat aus der Satteltasche gezogen habe, der zerknitterte Zettel mit der griechischen Aufschrift Mandylion und Acheiropoieton , den vermutlich der Papst geschrieben hat, die Schatzkarte aus dem zerbrochenen Schlüssel, die Briefe der beiden Brüder, die ich ihren Eltern übergeben wollte, und die Geleitschreiben in der Ledermappe. Nichts, nichts, nichts ist mir geblieben, um zu beweisen, dass ich nicht verrückt bin.
    Ohne meinen Blick zu erwidern, schenkt Prospero mir Wein ein und schiebt den Zinnbecher über den Tisch.
    »Grazie«, sage ich mit heiserer Stimme und trinke einige Schlucke. Warm rinnt der Wein mir durch die Kehle.
    Er winkt lässig ab.
    Und Jibrils Dolch mit dem weißen Johanniterkreuz am Griff nützt mir auch nichts. Ich kann ihn aus Byzanz mitgebracht haben. Ich kann Diniz damit ermordet haben …
    Aber da ist noch etwas, das mir keine Ruhe lässt. Es hat mit dem verschwundenen Kerzenstummel aus meiner Zunderdose zu tun, aber ich kann es nicht genau benennen. Irgendetwas stimmt nicht.
    »Prospero, darf ich dich etwas fragen?«
    Er nickt.
    »Bin ich tot?«
    Er kippt fast vom Stuhl. »Wie bitte?«
    »Habe ich den Sturz vom Turm nicht überlebt? Bin ich tot?«
    »Santo Cielo! Wie kommst du denn darauf?«, fragt er entsetzt.
    »Es heißt, dass ein Sterbender im Augenblick seines Todes sein ganzes Leben an sich vorüberziehen sieht. Wie ein Rückblick auf das, was man getan hat oder nicht getan hat. Auf die Schuld, die man auf sich geladen hat. Es ist wie ein Jüngstes Gericht.«
    Mein Cousin schüttelt langsam den Kopf. »Sandra, das ist …«
    »Prospero, bist du nur eine Erinnerung?«

Kapitel 63
    In der Zelle des Abtes
22. Dezember 1453
Viertel nach zwei Uhr nachmittags
    Bevor Prospero antworten kann, höre ich draußen ein rumpelndes Geräusch. Dann klopft jemand, und die Tür öffnet sich. Es ist Vittorio. »Euer Eminenz? Euer Gnaden?«
    Prospero winkt ihn herein. »Und?«
    »Die Abtei ist verlassen, Euer Eminenz. Ich habe alles durchsucht. Außer uns ist niemand hier.«
    »Hast du den Türken begraben?«
    »Wie Ihr befohlen habt, Euer Eminenz.« Vittorio nestelt einen Ring aus der Tasche und gibt ihn mir.
    Es ist mein Siegelring mit dem Wappen der Colonna.
    »Grazie, Vittorio.« Ich stecke ihn mir an den Finger.
    »Di niente.«
    »Und Federico?«, fragt Prospero.
    »Keine Spur von ihm.«
    »Kein Grab?«, frage ich beunruhigt nach.
    Vittorio schüttelt traurig den Kopf. »Es tut mir leid.« Er deutet über seine Schulter hinweg zur Tür. »Aber ich habe in einem Geheimgang etwas anderes gefunden.«
    »Was?« Mein Herz schlägt auf einmal schneller.
    »Etwas, das Eure Frage beantworten kann.« Als ich ihn verwirrt anstarre, sagt er: »Die Frage, ob Ihr tot seid. Vergebt mir, aber ich konnte Euer Gespräch mit Seiner Eminenz draußen im Gang hören.«
    »Und?«, frage ich. »Bin ich tot?«
    Er verlässt den Raum und kommt mit einer schweren Marmorplatte zurück. Er wuchtet sie neben der Tür auf den Boden.
    »Meine Grabplatte!«
    Prospero lehnt sich vor, stützt die Ellbogen auf die Knie und liest, weil er kurzsichtig ist, blinzelnd die Inschrift: »Alessandra Colonna Orsini, Tochter von Luca d’Ascoli. Geboren in Rom am 2. April 1415, gestorben in Konstantinopolis am 29. Mai 1453. Contessa, Vikarin des Papstes und Legatin der heiligen römischen Kirche. Und das Requiem aeternam.«
    »Also habe ich sie doch gesehen!«, rufe ich erleichtert aus.
    Ich bin nicht verrückt!
    »Was für eine makabre Inszenierung!« Prospero schüttelt missbilligend den Kopf. »Um deine Frage zu beantworten, Sandra: Du bist nicht tot. Lies die letzte Zeile unter dem Requiem aeternam! ›Per ordine di Papa Niccolo V., Duomo Sant’Emidio,

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