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Das letzte Geleit: Kriminalroman (German Edition)

Das letzte Geleit: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Das letzte Geleit: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Fux
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müssen Ihre Personalien feststellen. Reine Formalität.«
    »Das geht auch ganz schnell«, tröstete Hülsenitz.
    Schicksalsergeben sperrte Fatih den Wagen ab und stieg in den Streifenwagen.
    Die Möwe auf dem Geländer lachte schadenfroh. Dann flog sie davon.
    Gegen halb zehn hörte Fatih endlich Stimmen aus dem Treppenhaus. Er öffnete die Tür einen Spaltbreit und lauschte. »Gute Nacht, Professor«, hörte er Fitzgerald sagen. Beim Fensterputzen hatte Fatih herausgefunden, dass der Sekretär eine Wohnung in einem Nebengebäude bewohnte – offenbar ein ehemaliges Chauffeurshäuschen. Er hörte eine gemurmelte Antwort. Dann fiel die Tür ins Schloss.
    Eine gute halbe Stunde später stieg jemand die Stufen in den ersten Stock hinauf. Wasser plätscherte, eine elektrische Zahnbürste sirrte. Offenbar machte der alte Mann sich bettfertig. Dann war alles still. Irgendwo im Haus schlug eine Uhr. Halb elf. Fatih hockte sich vor den Türspalt, den Rücken an die Wand gelehnt. Er wollte noch mindestens eine Stunde warten, bis er zu seiner Expedition aufbrach.

Kapitel 18
     
    Gespenster
     
    Freitag, 16. Januar 2009
    Selçuk saß wie auf Kohlen.
    »Dieser verflixte Server …« Der korpulente Polizist zog eine Grimasse und hob bedauernd die Schultern. Jetzt hockten sie schon über eine halbe Stunde auf dem Revier, und sie hatten seine Personalien noch immer nicht überprüfen können.
    »Auch eines?« Der Dicke reichte Selçuk eine Tüte Lakritzheringe herüber.
    Selçuk schüttelte den Kopf.
    »Und Sie wollen uns nicht doch noch erzählen, was Sie mit der Puppe im Kofferraum im Zypressenweg wollten?«
    »Nichts Bestimmtes. Ich wollte einfach in Ruhe nachdenken.«
    »Und das können Sie bei sich zu Hause in Wilhelmsburg nicht?«
    Alles klar, dachte Selçuk. Ein Türke aus Wilhelmsburg. Die Heimat der Kampfhunde und Drogendealer. So einer kann ja nur Schlimmes im Sinn haben.
    »Ich jobbe als Fensterputzer. Auf dieser Seite der Elbe haben die Leute eben mehr Geld für so was.«
    »Und die Puppe?«
    Selçuk zuckte mit den Schultern. »Bloß ein Gag. Ich müsste jetzt mal telefonieren.«
    »Natürlich. Sie haben ein Handy?«
    Er nickte. »Klar, ich weiß bloß die Nummer nicht. Haben Sie hier noch so was wie ein Telefonbuch?«
    »Sicher.« Der Dicke stand auf und kramte in den Büroschränken. »Die brauchen wir nur noch selten«, sagte er entschuldigend über die Schulter.
    Schnaufend erhob er sich. »A bis M oder N bis Z?«
    »Am besten das Branchenbuch.«
    Stöhnend richtete sich der Beamte auf und reichte dem blonden Türken die Hamburger Gelben Seiten. Selçuk blätterte zu »B« wie »Bestatter«. Dummerweise hatte er keine Ahnung, wie dieser Theo mit Nachnamen hieß. Waren Bestatter eigentlich rund um die Uhr einsatzbereit? Er hoffte es inständig. Verflixt. Die Liste der Beerdigungsinstitute war schier endlos. Und was die für Namen hatten! Trauerhilfe? Als ob einem dabei jemand helfen könnte. Er fuhr mit dem Finger die Kolonnen hinab auf der Suche nach einer Wilhelmsburger Telefonnummer. »Da haben wir es doch: 7544 …«, murmelte er.
    Der dünne Polizist, der bislang schweigend aus dem Fenster gestarrt und Kaffee geschlürft hatte, war zu ihm herangetreten und spähte über seine Schulter. »Bestattungsinstitute? Ich weiß ja nicht, was Sie ausgefressen haben, aber ganz so schlimm, dass wir einen Bestatter brauchen, wird’s doch hoffentlich nicht sein.«
    Theo war an diesem Abend als Babysitter engagiert. May hatte eines ihrer geheimnisvollen Dates, zu denen sie regelmäßig freitags verschwand. Wohin oder mit wem sie sich traf, darüber verlor sie nie ein Wort.
    Auf dem Boden vor dem Kamin lag Lilly und blätterte lustlos in einem »Prinzessin Lillifee«–Buch, das ihr Fräulein Huber geschenkt hatte. »Schau mal, die schöne Prinzessin. Die heißt fast so wie du«, hatte sie begeistert gesagt. Fräulein Huber ignorierte standhaft, dass Lilly nicht mehr fünf Jahre alt war. Ihre Lektüre war sogar für eine Neunjährige ausgesprochen anspruchsvoll. Und vor allem blutrünstiger.
    »Theeeeo«, sagte sie und dehnte seinen Namen wie zähen Karamell. »Kann ich nicht lieber einen von deinen Krimis haben. Einen von denen mit diesem forensischen Anthropologen.« Sie ließ die Fremdwörter auf der Zunge zergehen.
    »Nix für kleine Mädchen.« Der Krimi spielte unter anderem auf einer amerikanischen Body Farm, auf der Leichen zu wissenschaftlichen Zwecken in der freien Natur verwesten. Zweifellos ein wichtiges

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