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Das letzte Hemd

Das letzte Hemd

Titel: Das letzte Hemd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Puettjer , Volker Bleeck
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er
Rosenmair wissen. Mehr wollte er aber nicht sagen, noch nicht. Rosenmair nickte
nur. Das kannte er schon, was wäre Larry ohne seine Geheimnistuerei?
    Sie fuhren los. Doch als sie an der B 221 in Richtung Elmpt links
hätten abbiegen müssen, fuhr Larry einfach geradeaus. Rosenmair protestierte,
aber Larry grinste nur beschwichtigend. Auf die Ansage, er, Rosenmair, habe
wichtige Dinge mit J.P. zu besprechen – es gehe
schließlich um Wein –, und nach Möglichkeit heute noch, entgegnete Larry nur,
da werde er auch hinkommen, nur Geduld, es lohne sich. Er steuerte den Wagen
Richtung Venekotensee, von dem Rosenmair zwar schon gehört hatte, wo er aber
noch nie gewesen war. Er hatte sich aber schon oft gefragt, wo dieser komische
Name herkam. Vielleicht war Larry da ja schlauer? Man konnte es ja wenigstens
mal versuchen. »Was heißt denn eigentlich Venekoten? Schön klingt das ja
nicht.«
    Larry nuschelte so etwas wie »von den Holländern, meine ich« und
kramte gleichzeitig sein Smartphone aus der Jackentasche. Rosenmair wollte
nicht allzu ängstlich erscheinen, aber als Larry wie hypnotisiert auf das
Display starrte und nicht mehr auf die Straße vor ihm, wurde es dem Richter zu
bunt. »Sag mal, geht’s noch, guck gefälligst nach vorne! Du darfst nachher noch
raus zum Spielen.«
    Larry steckte beleidigt das Gerät weg. Rosenmair war baff. Diesen
Gehorsam hatte er nicht erwartet, und vor allen Dingen nicht so schnell.
    Dann kam ihm eine Ahnung. Er beobachtete Larry eine Weile von der
Seite und grinste schließlich breit. Larry ließ sich erst nichts anmerken,
blickte ihn nur kurz aus den Augenwinkeln an, drehte sich dann aber doch
genervt zu ihm um. »Was grinst du denn so?«
    »Ach, nichts.« Rosenmair schüttelte leicht den Kopf und sah aus dem
Fenster. Dann blickte er, immer noch grinsend, wieder zu Larry.
    Der atmete geräuschvoll aus. »Ja-ha, dann sag’s doch einfach«,
forderte er resigniert.
    Rosenmair feixte sich eins. »Du hast kein Netz, stimmt’s?«
    »Ja, stimmt«, sagte Larry genervt, »das ist hier in der Ecke aber
immer so, irgendwo ist da ein blind spot … «
    Rosenmair war ganz vergnügt. »Ja, und ich weiß auch, wo der sitzt.«
    »Ha, ha, ha, sehr witzig.«
    »Also gibt’s jetzt keine Erklärung zu den, die oder dem Venekoten.«
Rosenmair stellte das fest und wartete Larrys Antwort gar nicht erst ab. »Dann
muss ich wohl nachher mal in einem meiner Bücher nachschlagen.« Er griff in
gespieltem Erschrecken nach Larrys Arm. »Ein Buch – weißt du, was das ist? Es
funktioniert ohne Strom und total offline. Und man braucht nicht mal eine App!«
    Larry nahm’s locker. Gelassen winkte er ab, folgte weiter der
Straße, die hier den seltsamen Namen »Nasse Straße« trug, und bog schließlich
in die Straße Am Mühlenbach ein. Er würde seine Rache gleich bekommen.
    Genau zwischen zwei seltsam futuristisch aussehenden,
terrassenförmig gebauten Apartmenthäusern aus den siebziger Jahren fuhr er an
den Straßenrand und hielt hinter einigen dort parkenden Autos. »Komm mit«,
sagte er und stieg aus.
    Rosenmair folgte ihm erst mit den Augen und dann auch ganz. Larry
ging zielstrebig auf etwas zu, das man von Nahem und wenn man wohlwollend war,
als Auto bezeichnen konnte. Von Weitem war es einfach nur ein Farbklecks in der
Landschaft. Kein schöner Farbklecks, nebenbei.
    Rosenmair kniff die Augen zusammen. Es war unfassbar. Nach seinem
unfreiwilligen Abenteuer im Zusammenhang mit den Nordic Walker-Morden, dem
türkisfarbenen Golf Bon Jovi und dessen anschließender Zwangsverschrottung
hatte er nicht gedacht, dass er noch einmal eine ähnliche Begegnung haben
würde, doch hier stand er, ein Traum in … ja, was sollte man sagen? Apricot
wäre zu positiv. Aprikotz traf es schon eher.
    Er ging um den Wagen herum. Ja, die Farbe war eine Art
apricotfarbenes Orange, aber mit einem deutlichen Schlag ins
Schmierig-Schleimige, wie ein Softeis, das auf dem besten Wege war, sein
Haltbarkeitsdatum zu überschreiten. Er konnte sich gar nicht entscheiden, von
welcher Seite der Wagen schlimmer aussah. Da sah er ja lieber Larry an. Der
grinste nur und schaute unschuldig gen Himmel.
    Rosenmair brauchte einen Moment, bis er wieder sprechen konnte. »Wo
hast du den denn her?«
    »Ach, der ist von einem, der bei mir einen Proberaum gemietet hat.
Der braucht ihn aber gerade nicht.«
    »Wieso, ist er von dem Anblick blind geworden?«
    Larry feixte. »Quatsch. Lappen weg, und er gleich mit. Und zwar

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