Das letzte Hemd
für
länger.«
Rosenmair verstand immer noch nicht. »Und dann hast du gedacht, du
tust ihm was Gutes und befreist ihn von dem furchtbaren Anblick?«
»Nein, ich brauchte einen Wagen für eine Überwachung.« Larry sah ihn
immer noch voller Unschuld an und fügte hinzu: »Was Unauffälliges.«
Hätte Rosenmair eine Flüssigkeit im Mund gehabt, er hätte jetzt eine
kostenlose Nasenspülung bekommen. »Was Unauffälliges? Da könntest du dich auch
mit einem leuchtend roten Fünfzehntonner mit der Aufschrift ›Sie werden alle
überwacht‹ vor das Haus stellen, das wäre weniger auffällig.«
»Es gab da gewisse … Umstände«, wich Larry aus.
Rosenmair ignorierte die Bemerkung und schwieg. Er trat gegen den
Vorderreifen. Der wenigstens sah gut aus. Er war ja auch nicht apricotfarben.
Larry war etwas beleidigt, zugleich aber viel zu begierig, Rosenmair
den Wagen schmackhaft zu machen. »Ich hab ihn auf meine Firma angemeldet. Du
kannst ihn so lange fahren, wie du willst – auf jeden Fall so lange, bis der
Besitzer ihn wiederhaben will.«
»Das halte ich für eher unwahrscheinlich.«
Rosenmair ging noch einmal um den Wagen herum. Er sah aufs Heck,
dann auf den Kühlergrill, konnte aber nichts entdecken. »Was ist denn das
eigentlich für eine Marke?«
Larry rieb sich die Hände wie ein Gebrauchtwagenhändler vor dem
finalen Vertragsabschluss. »Das ist ja das Tolle: Man sieht es nicht.«
»Aha. Und was ist daran toll?«
»Denk doch mal nach. Wenn ein Zeuge befragt wird, ist er meist
unsicher, was die Größe eines Wagens betrifft oder sogar die Farbe. Bei der
Marke hingegen sind sich alle ziemlich sicher, weil sie den Mercedes-Stern, die
Audi-Ringe oder den Opel-Blitz erkannt haben.«
Rosenmair wusste nicht, was er erwidern sollte. Das klang zwar
irgendwie einleuchtend, der praktische Sinn und Zweck des Ganzen war ihm aber
immer noch reichlich schleierhaft. Außerdem würde sich an diese Farbe nun
wirklich jeder erinnern – und in dieser Lackierung gab es bestimmt nicht allzu
viele Modelle. Er riss dem breit grinsenden Larry den Autoschlüssel aus der
Hand und stieg ein. Er hörte noch, wie Larry ihm im Weggehen zurief, die
Papiere lägen im Handschuhfach und er solle demnächst mal tanken. Dann knallte
er die Tür hinter sich zu und sah sich um.
Im Innenraum des Autos erwartete ihn eine Überraschung.
Wer auch immer diesen Wagen konstruiert, designt oder schlicht und
einfach nur gebaut hatte, er war konsequent gewesen: Die Farbgebung der Außenhülle
setzte sich im Fahrzeuginneren fort. Nicht nur die Seitenverkleidungen, auch
die Cockpitumrandung und alle Flächen, die nicht schwarz waren, leuchteten in
diesem Apricot-Ton, wenn auch vielleicht eine Nuance schwächer. Rosenmair hatte
gehofft, im Inneren des Wagens vor der Augenbeleidigung sicher zu sein, ähnlich
wie einst Guy de Maupassant, der auf den Eiffelturm gestiegen war, dem seiner
Aussage nach einzigen Ort, an dem er dieses furchtbare Bauwerk nicht sehen
müsse.
Die eigentliche Überraschung aber erwartete ihn, als er den Wagen
startete. Gewohnheitsgemäß gab er erst mal ein bisschen Gas – und fragte sich
dann, wo dieses satte Röhren herkam. Er blickte auf den Drehzahlmesser, der
sich wild zitternd von links nach rechts bewegte. Rosenmair ließ die Kupplung
kommen, und der Wagen machte quietschend einen Satz nach vorn. Er bremste knapp
neben Larry, der noch einmal aus seinem Wagen ausgestiegen war und nun zu ihm
rüberschlenderte.
Der Richter kurbelte das Fenster herunter und deutete nach vorn auf
die Motorhaube. »Gibt’s da noch was, das du mir sagen wolltest?«
»Ja, stimmt, das mit dem Motor …«, erklärte Larry und grinste
süffisant.
Rosenmair sah ihn an. »Ich warte.«
»Du solltest auf jeden Fall Super Plus tanken, sonst verliert er an
Performance.«
»Aha. Und über welche Art von Performance sprechen wir hier?«
Larry hob seinen rechten Daumen und bewegte ihn aus dem Handgelenk
von rechts nach links und wieder zurück, während er sprach. »Ich schätze mal,
na ja, so hundertachtzig PS werden es schon
sein, denke ich.«
Rosenmair pfiff leise. »Sieht man ihm gar nicht an.«
»Ja, super, ne?« Larry war gleich wieder Feuer und Flamme. »Der hat
Maschine, Chassis, Bremsanlage und so weiter von einem GTI, sieht aber obenrum
halt aus wie ein stinknormaler Polo. Der Besitzer ist nicht ohne Grund seinen
Lappen los. Damit bleibst du an jedem dran, wenn du willst.«
»Und wenn ich nicht will?« Rosenmair konnte Larrys
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