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Das letzte Hemd

Das letzte Hemd

Titel: Das letzte Hemd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Puettjer , Volker Bleeck
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Schlabbersweatshirt.
»Max! Du hast doch nicht etwa Sport getrieben?«
    ***
    Mitten auf dem Grünstreifen stand ein Paar roter Damenschuhe mit
nicht allzu hohen Absätzen, ordentlich nebeneinandergestellt, als habe die
Besitzerin sie gerade erst ausgezogen, weil sich’s barfuß eben besser lief.
Larry sah die Schuhe eine Weile an und ging dann zurück zu seinem Wagen. Er
bezweifelte, dass er hier irgendwas Interessantes entdecken würde. Während er
abschließend noch einmal seinen Blick durch die Nachbarschaft schweifen ließ,
überlegte er, ob er hier vielleicht neue Kundschaft für seine Securitydienste
akquirieren könnte. Als er eigentlich schon einsteigen wollte, fiel ihm eine
junge Frau in typischer Putzfrauenmontur auf, in einer Kittelschürze, die
eigentlich in die Generation ihrer Großmutter gehört hätte, und mit einer
Batterie von Putzeimern und einem ganzen Arsenal von Wischmopps bewaffnet. Sie
sah sehr jung aus, deshalb war sie ihm wohl aufgefallen, außerdem hatte ihr
Kopftuch fast dasselbe Rot wie die verwaisten Schuhe. Aber was ihm noch viel
mehr ins Auge gestochen war: Als sie ihn bemerkt hatte, war sie sehr bemüht
gewesen, schnell in den kleinen Anbau neben dem Haus zu gelangen. Den hätte
Larry fast übersehen, doch ihre komische Eile machte ihn nun erst recht
neugierig. Der Müll konnte warten. Er sah sich noch einmal nach allen Seiten
um, dann schlich er sich auf das Grundstück.
    Mit Platzproblemen hatten die Besitzer wohl nicht zu kämpfen,
denn der Garten hinter dem Haus hatte schon fast parkähnliche Ausmaße. Larry
schlenderte so selbstverständlich über das Grundstück, als sei er ein Paketbote
mit einem genau umrissenen Auftrag, der nur rein zufällig das Objekt dieses
Auftrags – das Paket nämlich – vergessen hatte. Er hatte sich noch nicht
wirklich Gedanken gemacht, wie er reagieren würde, wenn ihn jemand erwischte.
Die Entscheidung, sich hier ein wenig umzusehen, war ganz spontan gekommen, das
passierte ihm häufiger in letzter Zeit. Vielleicht kam das mit dem Alter. War
man vielleicht mutiger, spontaner mit fortschreitendem Alter? Oder war einem
einfach mehr egal? Larry grinste in sich hinein. Wahrscheinlich war man einfach
nur zu bequem und verließ sich darauf, dass einem im richtigen Moment schon
etwas einfallen würde. Schließlich musste ja auch nichts passieren.
    Larry bog um die Ecke – und trat gleich wieder zwei Schritte zurück.
Die junge Frau mit dem roten Kopftuch war auf die Terrasse hinausgetreten und
machte sich jetzt daran, die Fenster zu putzen – an sich weder eine merkwürdige
noch eine kriminelle Handlung. Aber Larry hatte ein komisches Gefühl. Die Art
und Weise, wie sie sich immer umdrehte und den Eindruck erweckte, als sei sie
ständig auf der Hut und wolle eigentlich nicht gesehen werden, irritierte ihn.
Am besten sprach er sie einfach ganz direkt an, dann konnte er sie auch gleich
nach dem Sperrmüll fragen. Dieser Teil der Straße war nämlich auf seiner Liste
als besonders auffällig vermerkt. Vielleicht wusste sie ja etwas über die
Nachbarn oder ihre Chefs zu erzählen, denn ganz offensichtlich war sie ja die
Putzfrau.
    Larry klopfte etwas Staub von seiner Hose und überlegte noch, wie er
sie am geschicktesten ansprechen sollte, da spürte er eine Hand auf seiner
Schulter. »Hab ich dich, Freundchen, jetzt bist du dran!« Larry drehte sich
vorsichtig um und erstarrte. Mit allem hatte er gerechnet, aber nicht damit.
    ***
    Rosenmair ertrug die Witze über sein Outfit mit stoischer
Gelassenheit. Eigentlich galten sie auch nicht den Klamotten, die er jetzt
trug, sondern seiner Erregung darüber, dass er zurzeit keine anderen mehr im
Schrank hatte. Besonders J.P. ließ kein gutes
Haar an ihm und stichelte über den »hemdenlosen Richter« und eine
Spendenaktion, die man für ihn ins Leben rufen müsse, weil er bald »nicht mal
mehr das Hemd am Leib« habe. Catherine erklärte sich indes solidarisch mit
Rosenmair und applaudierte seinem Sinn für Stil und Korrektheit. An ihm könnten
sich so einige seiner Geschlechtsgenossen ein Beispiel nehmen, meinte sie mit
einem mehr als deutlichen Blick auf ihren Mann, der nicht reagierte.
    Rosenmair sah J.P. ein paar Minuten
bei seinen Essensvorbereitungen zu, dann deutete er auf die Kochjacke, die J.P. trug. »Warum hast du die eigentlich jetzt schon
an? Ist das nicht nur Show für die Gäste? Hier in der Küche könntest du doch
auch ein Sweatshirt tragen.«
    J.P. ließ beinahe die Zwiebeln fallen,
die er aus

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