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Das letzte Hemd

Das letzte Hemd

Titel: Das letzte Hemd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Puettjer , Volker Bleeck
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Eintrag gefunden. »Hier, siebzehn Uhr dreißig, Professor Solbach.«
Sie nannte ihm die Telefonnummer der Praxis und eine Adresse in Düsseldorf.
    Becker hielt inne. »Ihr Gynäkologe ist in Düsseldorf? Ist das nicht
sehr unpraktisch?«
    Jetzt sah Cordula Strüssendorf ihn tatsächlich mitleidig an. »Seit
es die freie Arztwahl gibt, ist das doch alles kein Problem mehr. Und solange
ich immer noch selbst Auto fahren kann – Professor Solbach hat eine
Tiefgarage.«
    Becker ohrfeigte sich innerlich selbst für seine Frage. Menschen wie
Cordula Strüssendorf würden sicher auch ganz selbstverständlich zu einem Arzt
nach Koblenz fahren, wenn das angesagt war, ob mit oder ohne Tiefgarage. Sein
Arzt hatte nicht mal einen Fahrradständer vor der Tür.
    Cordula Strüssendorf sah sich offenbar trotzdem bemüht, eine
Erklärung hinterherzuschicken. »Außerdem arbeitet mein Mann ja in Düsseldorf.«
Sie stutzte. »Arbeitete.«
    Becker nickte und stand auf, obwohl für ihn nicht ganz klar war, was
es für ein Vorteil sein sollte, wenn der Mann einer Schwangeren in derselben
Stadt arbeitete wie ihr Gynäkologe. Wahrscheinlich war Strüssendorf einfach nur
im selben Golfklub wie Solbach. Becker meinte, eine Tasche mit Golfschlägern im
Eingangsbereich gesehen zu haben.
    Die Tasche stand tatsächlich dort, an die Wand gelehnt. Frau
Strüssendorf bemerkte Beckers Blick. »Die gehörten meinem Mann, falls Sie das
wissen wollen. Die braucht jetzt auch keiner mehr …« Sie sah Becker an.
»Spielen Sie Golf? Sie können Sie haben, wenn Sie wollen.«
    Becker hob abwehrend die Hände. »Sport findet in meinem Leben nur
passiv statt, und dann auch nur mit größeren Bällen.« Er merkte, dass man das
auch falsch verstehen konnte, und fügte schnell hinzu: »Äh, Fußbällen,
Borussia, Mönchengladbach.«
    Ihre bemüht freundliche Reaktion konnte ihre Langeweile nicht
kaschieren. »Ja, schön. Na ja, ich werde schon jemanden finden.«
    Becker öffnete die Tür und sah zu den Bäumen im Schmölderpark
hinüber. »Schön ist das hier, so ruhig.« Er verabschiedete sich von Cordula
Strüssendorf, die schon die Tür schließen wollte, als er sich noch einmal zu
ihr umdrehte. »Was ich ja schon immer wissen wollte …« Sie sah ihn
erwartungsvoll an. »Woher kommt eigentlich der Name Schmölderpark?«
    Ihr Blick signalisierte pures Desinteresse. »Ich glaube, das war
irgendein Industrieller.«
    Becker nickte und hob die Hand. »Ah ja. Wiedersehen.«
    Als er auf den Bürgersteig trat, wäre er fast mit einer jungen
Frau zusammengestoßen, die vor der Pforte stand. Beide entschuldigten sich
gleichzeitig, und die Frau setzte die Reisetasche kurz ab, die sie in der Hand
gehabt hatte. Becker ging zu seinem Wagen. Irgendwie kam die Frau ihm komisch
vor, sehr nervös und verloren. Sie schien nach etwas zu suchen. Doch als er
sich in seinen Wagen gesetzt hatte und noch einmal zum Haus hinüberblickte, war
sie bereits verschwunden. Becker dachte noch einen Moment über Cordula
Strüssendorf nach. So cool musste man erst mal sein. Dann startete er den Wagen
und fuhr los.
    Als er um die Ecke gebogen war, kam die junge Frau aus ihrem
Versteck im Park und klingelte bei Cordula Strüssendorf.

NEUN
    Wahrscheinlich war es Max Rosenmairs innere
Verweigerungshaltung, die dazu führte, dass er dreimal an dem Ort zwischen
Grefrath und Neuss vorbeifuhr, an dem er sich am frühen Abend mit Karl-Heinz
Lindner verabredet hatte, bevor er ihn als das erkannte, was er war: Lindners
Stammkneipe.
    Rosenmair hatte eine Art rheinländisches Disneyland erwartet, an
allen Ecken und Enden mit unechten Brauereiutensilien ausstaffiert und mit
einem riesigen Lindenbaum in dem dorfplatzähnlich gestalteten Saal, samt
rustikaler Bank, auf der eine lebensgroße Schaufensterpuppe in dörflicher
Tracht drapiert war. So etwas hatte er zumindest schon gesehen. Denkbar fand er
auch, dass der Name der Kneipe – »Klingelpütz«, der kölsche Ausdruck für Knast – als Anlass für allerlei lustig gemeinte, geschmacklose Dekoration herhalten
musste, von Gitterstäben an den Fenstern bis zum Blechnapf für die angebotene
Erbsensuppe.
    Umso überraschter war der Richter, dass das »Klingelpütz« in einem
völlig unscheinbaren Wohnhaus untergebracht war, einem von denen mit diesen
furchtbaren grauen Teerpappeverkleidungen, die aussehen sollten, als handle es
sich hier um echtes Mauerwerk aus Stein, was aber nie funktionierte. Allein an
den dicken getönten Butzenscheiben und dem fast

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