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Das letzte Kind

Das letzte Kind

Titel: Das letzte Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Hart
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gesprochen, und trotzdem explodierten seine Worte wie eine Handgranate. Sie hatten Macht, diese vier Worte: die Macht, Leben zu zerstören und Kollateralschäden vom Himmel regnen zu lassen. Niemand regte sich. Der Augenblick dehnte sich, bis Yoakum das Schweigen brach. »Wie bitte?«
    »Ich brauche Ihre Dienstwaffen.« Der Chief legte einen Finger auf den Schreibtisch. »Und zwar sofort.«
    »Das ist doch Blödsinn.« Yoakum konnte sein Desinteresse nicht länger vorspielen.
    »Tun Sie's einfach«, sagte Hunt. Er ließ den Chief nicht aus den Augen, zog aber seine Dienstwaffe aus dem Halfter und legte sie auf den Tisch. Widerstrebend tat Yoakum es auch. Hunt sah die State Cops an. Sie standen mit ausdruckslosem, stoischem Blick da. »Und jetzt?«
    Der Chief nahm die Pistolen und legte sie hinter sich auf die Kredenz. Es war ein vielsagender Moment. Die Waffen waren außer Reichweite. Als er sich wieder umdrehte, sah er unglücklich aus. »Wir haben Ihre Berichte gelesen«, sagte er. »Alles sehr korrekt. Alles sehr blutleer. Aber ich muss wissen, ob es ein klarer Rettungsschuss war.« Er schaute Hunt geradewegs in die Augen. »Und das müssen Sie mir sagen.«
    Hunt spürte, dass Yoakum ihn sehr aufmerksam beobachtete. Es war still im Zimmer. »Das alles ist höchst ungewöhnlich.« Hunts Blick ging vom Chief zu den State Cops. »So wird üblicherweise nicht verfahren.«
    »Bitte.« Der Chief klang überraschend sanft.
    Hunt bemühte sich, klar zu denken und sich an jede Einzelheit des Vorfalls zu erinnern: wie es passiert war, warum es passiert war. Aber was ihm in den Sinn kam, waren seine Gefühle für John Yoakum. Mehr als dreißig Jahre im Dienst. Vier Jahre gemeinsame Arbeit. Sie waren Kollegen, Partner und Freunde.
    Und Meechum hatte es verdient zu sterben.
    Der Chief wartete mit trüber, unglücklicher Miene. Yoakum starrte auf einen Punkt an der Wand. »Der Schuss war sauber«, sagte Hunt.
    Yoakums Starre wich, und die Andeutung eines Lächelns trat auf seine Lippen.
    »Sie sind sicher?«, fragte der Chief. »Sie haben keine Fragen?«
    »Da, wo Yoakum stand, sah es aus, als ginge Meechum mit der Axt auf mich los. Er traf seine Entscheidung im Bruchteil einer Sekunde. Sie war richtig.« Special Agent Barfield schaltete sich ein. »Wir müssen es trotzdem tun.«
    »Wovon redet er?«, fragte Hunt.
    Der Chief schüttelte den Kopf und schloss kurz die Augen. Was immer der Agent gemeint hatte, es war klar, dass der Chief ihm zustimmte. »Detective Yoakum, ich muss Sie bitten, die Agents zu begleiten.«
    »Was?« Yoakum platzte der Kragen. »Nach Raleigh. Sie haben ein paar Fragen. Es ist besser, wenn sie nicht hier gestellt werden.« Yoakum wich einen Schritt zurück. »Ich fahre nicht nach Raleigh.« Barfield hob die Hand und spreizte die Finger. »Es gibt keinen Grund, weshalb wir das nicht in Ruhe erledigen können. Diskret.«
    »Warum lecken Sie mich nicht diskret am Arsch?«, fragte Yoakum. »Ich fahre nirgendwohin, solange mir keiner sagt, worum es geht.«
    »Diese Fragen müssen von jemandem gestellt werden, der mit diesem Department nichts zu tun hat«, sagte der Chief. »Ich habe das SBI um Amtshilfe gebeten.«
    »Wegen der Außendarstellung«, sagte Hunt angewidert.
    Der Chief schüttelte den Kopf. Barfield legte Yoakum die Hand auf die Schulter, nicht drohend, nicht aggressiv, aber Yoakum schüttelte ihn ab. »Fassen Sie mich nicht an.«
    »Niemand will Sie festnehmen.«
    »Mich festnehmen! Was zum —«
    »Beruhigen Sie sich, John.«
    »Fuck you, Clyde. Was sind das für Fragen?«
    Barfield streckte die Hand noch einmal aus, aber ohne jemanden zu berühren; er lehnte sich zur Seite und deutete zur Tür. Yoakum schlug seine Hand weg. »Erst, wenn ich weiß, was für Fragen das sind.«
    Barfield ließ den Arm sinken. »Ihre private Waffe ist eine 45er Colt.« Das war keine Frage.
    »Na und?«
    »Wo befindet sich diese Waffe jetzt?«
    »Das geht Sie nichts an.«
    »Detective Hunt hat in David Wilsons Wagen eine .45er Patronenhülse gefunden.«
    »Und?« Hunt warf einen kurzen Blick zum Chief hinüber. Als er dessen Gesicht sah, tat sich ein Loch in seinem Magen auf.
    Barfield ließ keine Regung erkennen. »Auf der Hülse ist Ihr Fingerabdruck. Darüber möchten wir mit Ihnen sprechen.« Wieder hob er den Arm, um Yoakum zu signalisieren, er solle ihm vorausgehen. »Wir können das in aller Stille erledigen.« Aber Yoakum schlug seine Hand herunter. Es war ein lauter, schmerzhafter Schlag, und plötzlich

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