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Das letzte Kind

Das letzte Kind

Titel: Das letzte Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Hart
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sinken und schaute in den Rückspiegel. »Jacks Vater.«
    »Was werden Sie tun?«, fragte Katherine.
    »Meinen Job.«
    Er nahm das Gespräch an und hörte ein paar Sekunden zu. »Nein. Ich kläre gerade noch ein paar offene Fragen. Nichts Wichtiges.« Johnny sah Hunts Augen im Spiegel. Der Polizist schaute auf die Straße. Sein Blick war ruhig. »Nein«, sagte er. »Darüber weiß ich nichts. Nein. Er war beim Haus der Merrimons, als ich ihn zuletzt gesehen habe.« In der Pause hörte Johnny die Stimme von Cross im Handy. Undeutlich. Eigentlich nur ein Knistern. »Ja«, sagte Hunt. »Ich sage Ihnen auf jeden Fall Bescheid.«
    Er klappte das Handy zu. Seine Augen im Spiegel. Das Licht der Armaturen auf seiner Wange. Er sah Johnny an. »Er sucht Jack«, sagte er. »Anscheinend ist dein Freund verschwunden.«
    Johnnys Mom hob den Kopf und legte ihre Hand auf die Rückenlehne des Vordersitzes. »Was hat das zu bedeuten? Ich verstehe das nicht.«
    »Ich weiß es noch nicht. Aber ich werd's bald wissen.«
    Sie lehnte sich zurück, und eine Zeit lang schwiegen sie alle. Johnny versuchte mit dieser neuen Möglichkeit zurechtzukommen, mit der Vorstellung, Jack habe gelogen, er habe etwas gewusst, irgendetwas. Johnny fühlte sich verraten. Doch aus seinem Zorn wurden Zweifel. Nie im Leben, dachte er. Jack war nervös gewesen; Freemantle und Johnnys Verhalten in der letzten Zeit waren ihm unheimlich gewesen, und verdammt, die Krähen hatten ihm Angst gemacht. Aber Jack war Jack. Gegeites Haar und geklaute Zigaretten. Er war Johnnys bester Freund, loyal, verletzt und voll heimlicher Scham, aber ein Freund, der wusste, was Freundschaft bedeutete. Hundertmal hatte er Johnny geholfen, Alyssa zu suchen. Hatte die Schule geschwänzt. Sich spät abends aus dem Haus geschlichen. Das konnte nicht stimmen.
    Aber das Fahrrad.
    Mein Gott, das Fahrrad.
    Johnny betrachtete Hunts Profil. Er war ein guter Kerl, doch er war ein Cop, und auch Johnny wusste, was Freundschaft bedeutete. Also sagte er nichts von der Tabakscheune und dem Truck, der davor stand. Erst musste er mit Jack reden.
    Sie erreichten die Stadt. Lichter säumten den Straßenrand, und die Sterne verschwanden. Der Verkehr wurde dichter. »Zu unserem Haus geht's da lang.« Johnny streckte den Finger aus.
    »Das ist ein Tatort. Es ist abgesperrt.«
    Die Straße wurde breiter. Hunt fuhr auf die vierspurige Schnellstraße, die um den Rand der Stadt herumführte. Er bog auf den Parkplatz eines billigen Kettenmotels ein, und Johnny sah den Kombiwagen seiner Mutter, der davor parkte. »Ich habe ihn freigeben lassen«, erklärte Hunt. »Die Schlüssel sind an der Rezeption. Das Department bezahlt das Zimmer.« Er steuerte auf die Glastür des Eingangs zu. Rote Neonbuchstaben leuchteten: ZIMMER FREI. »In ein paar Tagen könnt ihr wieder in euer Haus.«
    »Ich will da nicht mehr hin. Nicht ein einziges Mal. Nie mehr.«
    »Wir lassen uns etwas einfallen«, sagte Hunt.
    »Was ist mit dem Jugendamt?« Katherines Stimme klang verzweifelt.
    Hunt legte den Schalthebel in Parkstellung und stellte den Motor ab. Das rote Neonlicht schien hell auf die Scheibe, und im Wagen war es still. Hunt drehte sich um und sah Johnnys Mutter an. »Darüber können wir uns morgen den Kopf zerbrechen.«
    Sie nickte.
    »Kommt ihr zurecht?« Hunt schaute von einem Gesicht zum andern, und Johnny empfand plötzlich ein Maß an Zuneigung, das ihn überraschte. Er wollte nicht, dass Hunt wegfuhr. Er wollte nicht in ein beschissenes Motel. Er wollte nach Hause. Nicht in Kens Haus. Nach Hause. Er wollte, dass Hunt noch einmal sagte, es werde alles gut werden.
    »Wie geht's jetzt weiter?«, fragte Johnny.
    »Ich weiß es noch nicht. Ich komme morgen vorbei. Dann weiß ich mehr.«
    »Okay.« Johnny wollte die Tür öffnen. Hunt hielt ihn auf. »Ich brauche die Waffe, Johnny.«
    »Welche Waffe?«, fragte er instinktiv. »Den Revolver deines Onkels«, sagte Hunt leise. »Den du aus seinem Truck genommen hast. Du hast ihn nicht bei dir; sonst hätte ich schon eher danach gefragt. Aber er muss sichergestellt werden.«
    Fast hätte Johnny gelogen, doch dann tat er es nicht. »Jack hat ihn.«
    »Bist du sicher?«
    »Ja.«
    »Das ist schlecht.«
    »Er wird keine Dummheiten machen.«
    Hunt nickte, aber es war kein gutes Nicken. »Gute Nacht, Johnny. Gute Nacht, Katherine.« Sie stiegen aus und standen allein im Neonlicht.

NEUNUNDFÜNFZIG
    D as Polizeirevier war fast leer, als Hunt dort ankam. Die Nachtschicht des

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