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Das letzte Kind

Das letzte Kind

Titel: Das letzte Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Hart
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Streifendienstes hatte begonnen, und nur das nötigste Büropersonal war noch anwesend. Der diensthabende Sergeant war ein älterer, ausgebrannter Mann namens Shields. Er stand kurz vor der Pensionierung, stellte Hunt nicht die Fragen, die ein anderer Sergeant vielleicht gestellt hätte, und interessierte sich nicht für das, was im Laufe des Tages passiert war. Hunt verlangte die Liste der Telefonate, und Shields reichte sie ihm herüber.
    Hunt verbrachte eine halbe Stunde mit der Liste, fand jedoch nicht, was er suchte. Er saß an seinem Schreibtisch und wollte eben gehen, als Yoakum hereinkam. Er trug immer noch dieselben Sachen und sah müde aus. »Was kommt denn da für eine Vogelscheuche?«
    Yoakum setzte sich auf den Stuhl gegenüber und riss eine Dose Pepsi auf. »Sie haben das Verfahren wegen Tätlichkeit eingestellt.«
    »Das ist gut.«
    »War sowieso Bullshit.«
    »Sie haben Ihr Haus durchsucht«, sagte Hunt. »Sind mit einem kompletten Team angerollt. Sechs Mann, vielleicht mehr.«
    »Haben sie hinterher auch wieder aufgeräumt?«
    »Das kann man nur hoffen.« Yoakum zuckte die Achseln. »Gibt nicht viel zu sehen bei mir zu Hause.«
    Hunt dachte an das, was Yoakum an diesem Tag durchgemacht harte. Sie hatten ihn in Handschellen abgeführt und verhört. Seinen Freund. Einen Cop. »Wie war der Rest?«Yoakum trank und ließ sich Zeit. »Raleigh ist eine entzückende Stadt.«
    »Ich sollte öfter mal hinfahren.«
    »Hübsche Mädels.«
    »Bestimmt.«
    »Und?« Yoakum sah sich um. »Was hab ich verpasst?«
    »Nicht viel.«
    Yoakum durchschaute die Lüge. »Wirklich?«
    »Ich glaube, ich weiß, wie Ihr Fingerabdruck auf die Hülse in David Wilsons Auto gekommen ist.«
    »Sie glauben?«
    »Nennen wir's eine Theorie.«
    »Eine Theorie käme zur rechten Zeit.«
    »Ja.«
    »Wollen Sie mich verarschen?« Hunt stand auf. »Fahren wir ein Stück.« Yoakum erhob sich. »Ich kriege Gänsehaut, wenn Sie so was sagen.«
    Alles in dem Motelzimmer war schlaff: die Bettlaken, die Vorhänge, die Luft aus der Klimaanlage unter dem Fenster. Der Teppich war dunkel gemustert und roch nach fremden Leuten. Sie hatten eingecheckt und dann nicht mehr miteinander gesprochen. Es war zu viel und gleichzeitig nicht genug. Sie hatte ihn einmal auf die Stirn geküsst und sich dann im Bad eingeschlossen.
    Die Dusche rauschte.
    Ihr Autoschlüssel lag auf dem Tisch.
    Johnny stand in dem Streifen aus rotem Licht, das zwischen den Vorhängen hereinfiel. Er starrte den Schlüssel an und dachte an Jack. Er dachte an alles, was sie miteinander erlebt hatten, und er dachte an Jacks Fahrrad. Kaltes Metall und Rost. Morsche Reifen.
    Johnny schaute hinaus. Der Halbmond hing am klaren Nachthimmel. Das rote Licht flackerte. Was würde sein Vater an seiner Stelle tun? Und Hunt?
    Wenn sie wüssten, wo Jack zu finden war?
    Ein Freund.
    Ein Lügner.
    Johnny lauschte dem Rauschen des Wassers. Er schrieb eine Nachricht für seine Mutter auf einen Zettel, dann schlich er hinaus und schloss die Tür ab.
    Der Autoschlüssel lag schwer in seiner Hand.
    Hunt erzählte, während er fuhr. Die Stadt versank hinter ihnen, Dunkelheit breitete sich aus, als er Kurs auf die Minen nahm. Er berichtete Yoakum alles, und Yoakum hörte zu. Was in Johnnys Haus passiert war. Die Leiche im Schacht. Jacks Fahrrad. Alles. Und dann legte er seine Theorie dar. Als er fertig war, sagte Yoakum: »In dem, was Sie da sagen, sind Löcher.«
    »Nicht viele, und nicht mehr lange.«
    »Es ist reine Spekulation.«
    »Aber leicht zu überprüfen.« Sie überquerten denselben Fluss, dieselbe Brücke. »Ich hab die Nase voll davon.« Yoakum runzelte die Stirn. »Cross ist ein Cop. Ich kann's nicht glauben.«
    Hunt schwieg. Schließlich sagte er: »Als David Wilsons Leiche gefunden wurde, war Cross derjenige, der mich auf Levi Freemantles Spur gesetzt hat. Er stand mit einer Landkarte unter dieser Brücke und zeigte mir genau das, was ich sehen musste. Ich bin blindlings auf die Jagd nach einem entlaufenen Häftling gegangen, der nichts mit all dem zu tun hatte.«
    »Sind Sie sicher, dass Freemantle nichts damit zu tun hatte? Er war es, der dem Jungen von Cross gesagt hat, wo die Leiche liegt. Er hat Jack von dem Minenschacht erzählt.«
    Hunt warf ihm einen Seitenblick zu. »Hat er das wirklich? Wir wissen nicht, was zwischen den beiden vorgegangen ist.«
    »Dann wusste Jack es einfach?«
    Die Reifen hämmerten über eine holprige Stelle im Asphalt. »Sein Fahrrad«, sagte Hunt. »Ich vermute,

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