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Das letzte Kind

Das letzte Kind

Titel: Das letzte Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Hart
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Tiffany Shore war in der siebten Klasse. Genau wie Alyssa, als sie verschwunden war. Johnny schüttelte den Kopf. Er dachte an die Worte des toten Mannes. Ich hab sie gefunden. Er hatte von Johnnys Schwester gesprochen, von Alyssa. Nicht von irgendeinem anderen Mädchen. »Das kann nicht stimmen«, sagte Johnny, aber seine Mutter nickte nur unter Tränen, und Johnnys Hoffnung wurde kalt und zerbröckelte zu Staub. »Das kann nicht stimmen«, wiederholte er.
    Sie wiegte sich auf den Fersen zurück und suchte nach den richtigen Worten, doch bevor sie sie fand, kam einer der Cops heran. »Junge.«, sagte er, und Johnny blickte auf. »Ist das Blut da an deinem Hemd?«

SIEBEN
    L evi wartete bei dem zerschmetterten Toten, während die Sonne unterging. Die Fliegen störten ihn, und sein Finger tat so weh, dass er sich fragte, ob Gott ihn auf die Probe stellte. Aus der Kirche wusste er, dass Gott so etwas tat. Aber Levi war nichts Besonderes. Er verdiente sein Geld damit, dass er den Boden fegte, und die Welt brachte ihn durcheinander. Doch Gottes Stimme war jetzt sieben Tage bei ihm gewesen. Sie kam zu ihm wie ein Flüstern und tröstete ihn, wenn die Welt dunkel war und nach links kippen wollte. Eine Woche von diesem Flüstern hinterließ ein großes Loch im Kopf eines Mannes, wenn es aufhörte, und Levi musste sich fragen, warum Gott jetzt schwieg. Er war ein entlaufener Sträfling, der drei Meter neben einem Toten auf dem Boden saß, und sieben Tage lang war er frei umhergewandert.
    Ich habe die Welt in sieben Tagen erschaffen.
    Die Stimme strömte in seinen Kopf wie eine Flutwelle, nur klang sie verändert, flackerte auf, verklang wieder, und der Gedanke war irgendwie unvollendet. Levi hielt den Atem an und drehte den Kopf hin und her, doch die Stimme kam nicht noch einmal. Levi wusste, dass er nicht sehr gescheit war — das hatte seine Frau ihm gesagt —, aber dumm war er auch nicht. Strafgefangene und Tote sahen nicht gut aus nebeneinander. Die Straße war gleich über ihm. Also entschied Levi, dass Gott ein Weilchen warten musste.
    Nur dieses eine Mal.
    Er kniete bei dem Toten nieder und durchsuchte seine Taschen. Er fand eine Brieftasche und nahm das Geld heraus, denn er hatte Hunger. Er bat Gott um Verzeihung, warf die Brieftasche weg und rückte die Leiche zurecht; er zog den gebrochenen Arm unter dem Rücken hervor und legte die Hände kreuzweise auf die Brust. Er tauchte einen Finger in das klebrige Blut und malte ein Kreuz auf die bleiche, glatte Stirn, dann drückte er dem Toten die Augen zu und betete zu Gott, er möge die Seele des Mannes bei sich aufnehmen.
    Nimm sie zu dir.
    Kümmere dich um sie.
    Das Weiße sah er, als er wieder aufstand.
    Es war in der Hand des Toten — ein Fetzen Stoff zwischen zwei Fingern. Er löste sich sofort, als Levi daran zog. Hell und ausgefranst wie ein Stück von einem zerrissenen Hemd. So lang wie ein Babyschuh, verschossen und schmutzig, und ein Namensschild war daran festgenäht. Levi konnte nicht lesen, deshalb sagten ihm die Buchstaben nichts, aber der Stoff war einigermaßen weiß und genau richtig: Er wickelte ihn stramm um seinen blutenden Finger und verknotete ihn mit Hilfe seiner Zähne.
    Im Schatten der Weide blieb er neben dem schweren, in Plastik gewickelten Paket stehen. Er strich mit seiner Pranke darüber und wuchtete es wieder auf die Schulter. Für jeden anderen Mann wäre es schwer gewesen, und der Gedanke daran hätte ihn bedrückt. Aber für Levi war es anders. Er war stark, er hatte ein Ziel, und als das Plastik an seinem Ohr raschelte, hörte er die Stimme Gottes. Sie sagte ihm, er habe seine Sache gut gemacht, und sie sagte ihm, er solle weitergehen.
    Er war seit fünfzig Minuten weg, als die Polizei kam.
    Detective Hunts Wagen rollte auf der Brücke aus. So weit draußen gab es keine Straßenlaternen und keine Häuser. Der Himmel war schwarz, über den westlichen Horizont zog sich ein dunkelvioletter Streifen. Über ihnen lasteten tiefhängende Gewitterwolken, und ein harter, trockener Blitz flackerte zweimal auf, bevor es donnerte. Eine Kolonne von Streifenwagen mit eingeschaltetem Blaulicht hielt hinter Detective Hunts Wagen an. Scheinwerfer strahlten auf und beleuchteten die Brücke. Hunt drehte sich zu Johnny um, der mit seiner Mutter auf dem Rücksitz saß. Ihre Gesichter lagen im Schatten, aber ihre Haare leuchteten im Scheinwerferlicht der Wagen hinter ihnen. »Alles okay?«, fragte er, doch die beiden antworteten nicht. Johnnys Mutter

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