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Das letzte Koenigreich

Das letzte Koenigreich

Titel: Das letzte Koenigreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Doch das würde Ivar und Ubba nicht gefallen, und die beiden zu beleidigen wäre gewiss nicht klug.»
    Ich schwieg, lauschte auf den knirschenden Schnee unter den Pferdehufen und dachte über Ragnars Traum nach, den Traum vom Ende Englands. «Und was wird dann aus mir?», platzte ich schließlich heraus.
    «Aus dir?» Meine Frage erstaunte ihn. «Aus dir wird das, wozu du dich machst, Uhtred. Du wirst erwachsen werden und lernen, wie man mit dem Schwert umgeht, wie man im Schildwall kämpft, wie man ein Schiff steuert und wie man die Götter verehrt. Und dann wirst du das Gelernte nutzen, zum Guten oder Schlechten.» «Ich will Bebbanburg», sagte ich.
    «Dann wirst du sie dir nehmen müssen. Vielleicht helfe ich dir sogar dabei. Aber vorher ziehen wir nach Süden, und bevor wir nach Süden ziehen, müssen wir Odin davon überzeugen, uns wohlgesinnt zu sein.»
    Die Religion der Dänen war mir noch immer fremd. Sie nahmen ihren Glauben offenbar sehr viel weniger ernst als wir Engländer. Zwar beteten die Frauen häufig, und manchmal wurde den Göttern ein gutes Tier geopfert, dessen blutiger Kopf dann über die Tür gehängt wurde, um anzuzeigen, dass in diesem Haus ein Fest zu Ehren Thors oder Odins gefeiert wurde; aber dieses Fest, das eine Art Gottesdienst darstellte, war so gut wie jedes andere Besäufnis.
    Besonders gut erinnere ich mich an das Julfest jenes Jahres, weil in dieser Woche Weland kam. Er tauchte am kältesten Tag des Winters auf, als der Schnee zu hohen Wechten verweht wurde, und er kam zu Fuß, war in Lumpen gehüllt, trug ein Schwert an der Seite und einen Bogen um die Schulter. Respektvoll beugte er vor Ragnars Haus das Knie. Sigrid ließ ihn eintreten und gab ihm Speise und Trank. Als er gegessen hatte, bestand er darauf, nach draußen in die Kälte zurückzugehen, um dort auf Ragnar zu warten, der in den Bergen jagte.
    Weland war schlangenhaft - das war mein erster Eindruck von ihm. Schlank, schlau und heimlichtuerisch, wie er war, erinnerte er mich an meinen Onkel A lfric. Ich konnte ihn auf Anhieb nicht leiden und spürte eine leise Angst, als ich ihn dabei beobachtete, wie er sich in den Schnee warf, als Ragnar zurückkehrte. «Mein Name ist Weland», sagte er, «und ich bin auf der Suche nach einem Herrn.»
    «Du bist kein Jüngling mehr», erwiderte Ragnar. «Warum also hast du keinen Herrn?»
    «Er ist gestorben, als sein Schiff sank.»
    «Wer war er?»
    «Snorri, Herr.»
    «Welcher Snorri?»
    «Der Sohn Erics, der Grimms Sohn war. Aus Birka.»
    «Und du bist nicht mit untergegangen?», fragte Ragnar, als er aus dem Sattel gestiegen war und mir die Zügel des Pferdes gereicht hatte.
    «Ich war an Land, Herr. Ich war krank.»
    «Deine Familie? Woher kommst du?»
    «Ich bin der Sohn Godfreds aus Haithabu.»
    «Haithabu!», wiederholte Ragnar mürrisch. «Du bist Händler?»
    «Ich bin Krieger, Herr.»
    «Und warum kommst du zu mir?»
    Weland zuckte mit den Achseln. «Es heißt, Ihr seid ein guter Herr, einer, der großzügig mit Armreifen ist. Aber wenn Ihr mich abweist, Herr, muss ich woanders mein Glück versuchen.»
    «Kannst du ein Schwert führen, Weland Godfredson?»
    «Wie eine Frau ihre Zunge, Herr.»
    «So gut, he?», scherzte Ragnar. Er erlaubte Weland zu bleiben und schickte ihn nach Synningthwait, wo er sich eine Unterkunft suchen sollte. Als ich ihm später sagte, dass mir dieser Weland nicht gefalle, zuckte er nur mit der Schulter und meinte, dass der Fremde auf Freundlichkeit angewiesen sei. Wir saßen im Haus und erstickten fast an dem Rauch, der sich im ganzen Raum ausgebreitet hatte.
    «Es gibt für einen Mann nichts Schlimmeres, als ohne Herr zu sein», sagte Ragnar, «und keine Aussicht auf Armreife zu haben», fügte er hinzu und deutete auf seine Reife.
    «Ich traue ihm nicht», warf Sigrid ein, die Brotfladen auf einem Stein am Feuer backte . Rorik, der wieder genesen war, half ihr, während Thyra wie immer Wolle spann. «Ich würde mich nicht wundern, wenn er ein Geächteter ist.»
    «Mag sein», entgegnete Ragnar, «aber meinem Schiff ist es egal, ob ein Geächteter auf seiner Ruderbank sitzt oder nicht.» Er griff nach einem der Fladenbrote und musste sich gefallen lassen, dass ihm Sigrid auf die Finger schlug. Die Brote seien fürs Julfest, sagte sie.
    Jul war das größte Fest des Jahres. Eine Woche lang gab es in Hülle und Fülle zu essen und zu trinken. Es wurde viel gelacht und gerauft, und nicht selten erbrachen sich betrunkene Männer in den Schnee. Ragnars

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