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Das letzte Mahl: Roman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Das letzte Mahl: Roman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Titel: Das letzte Mahl: Roman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt , Berit Reiss-Andersen
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wohnen. Niemand sollte erfahren, daß ihr Schlafzimmer ungefähr doppelt so groß war wie die Wohnungen der meisten anderen. Und sie hatte fünf Zimmer von dieser Sorte.
    Zum Glück hieß sie Sørensen. Daß ihrem Vater die Soerensen Cruise Line gehörte, war diesem Namen nicht sofort anzusehen. Es wäre viel schlimmer gewesen, Kloster oder Reksten zu heißen. Oder auch Wilhelmsen. Silje wischte sich die Tränen ab, dachte an Hanne und wollte sich anziehen, um zur Arbeit zu gehen.
    Sie hatte bei der Hochzeit ihren Namen nicht aufgegeben. Tom hieß vollständig Thomas Fredrik Preben Løvenskiold. Sein Vater war zwar dänischer Herkunft und hatte nichts mit der Osloer Großgrundbesitzerfamilie zu tun, doch dieser Name hatte ein Image, mit dem Silje nichts zu tun haben wollte.
    »Wie wär’s mit Catharina Løvenskiold?« fragte Tom, der frisch aufgegossenen Tee brachte und sich zwei Zeitungen unter den Arm geklemmt hatte; nur Aftenposten war im Müll gelandet, da sie den Hauptteil des Erbrochenen abbekommen hatte. »Setz dich ins Bett, Herzchen. Meine Oma hieß Catharina. Oder Flemming, wie gefällt dir das? Flemming Løvenskiold. Der Name hat doch Schwung, Liebes. Oder was? Jetzt setz dich endlich.«
    »Ich könnte mir ja eher etwas in der Richtung von Ola Sørensen denken«, sagte Silje müde.
    Zunächst erstarrte er, dann öffnete sein Gesicht sich zu einem strahlenden Lächeln, und seine Augen verschwanden über den ungewöhnlich hohen Wangenknochen.
    »Das entscheiden wir später, Herzchen. Hier! Zeitungen und Tee. Die Zeitungen riechen vielleicht noch ein bißchen nach Erbrochenem, aber der Tee ist frisch und fein.«
    Silje legte sich widerwillig aufs Bett und griff zu VG .Tom konnte die Rose gerade noch retten. Er schloß die Fenstertüren und ging zur Täfelung an der Wand zum Badezimmer. Der Gasofen aus Speckstein und Messing flammte auf, und Tom dimmte die Deckenlampe herunter, ehe er Siljes Nachttischlampe einschaltete.
    »Die pure Weihnachtsstimmung«, sagte er freundlich, legte sich neben sie und öffnete Dagbladet.
    Siljes Übelkeit war verflogen. Eigentlich war sie auch nicht so schlimm. Sie stellte sich nur morgens ein – und manchmal abends, wenn sie in der Nacht zuvor nicht gut geschlafen hatte. Vielleicht hatte sie sich geirrt. Toms Fürsorge war schrecklich anstrengend, aber es würde eine Erleichterung sein, sich nicht mehr verstellen zu müssen. Außerdem war er einfach niedlich. Seine Begeisterung für das Kind war noch größer als die, mit der er ihr zwei Jahre zuvor einen Heiratsantrag gemacht hatte; mit einem Diamantring und fünfzig Rosen und zwei Flugtickets nach Rom in der Jackentasche.
    »Hör dir das an«, kicherte sie. »Ich liebe Leserbriefe!«
    »Die liebst du? Du spinnst doch total. Wie wäre es mit Johannes?« Er biß sich in den Zeigefinger und schloß die Augen. »Oder Christopher! Als Kind habe ich Pu so geliebt!«
    »Hör doch nur!« Sie setzte sich auf und las vor: »Die Überschrift lautet ›Mor Monsen und die Mormonen.‹ Phantastisch! Hör dir das an: ›Unser Land wird von fremden Sitten überschwemmt. In ein oder zwei Generationen wird niemand mehr wissen, was überhaupt norwegisch ist. Wir müssen den Kampf aufnehmen und das verteidigen, was unsere Ahnen in Jahrtausenden aufgebaut haben.‹«
    »Nein«, wimmerte Tom. »Keinen von dieser Sorte. Bitte.«
    Er versuchte, den Arm um ihren Bauch zu legen, aber sie schob ihn weg und las weiter: »›Während des Krieges haben wir uns Büroklammern angesteckt, um unseren Widerstand zu markieren. Heute sollten wir eine weiße Feder am Revers tragen. Eine Feder, die das Reine, das Norwegische, das Unbesudelte symbolisiert.‹«
    »Das ist doch der pure Rassismus, Silje. Und überhaupt nicht komisch.«
    »Das Komische kommt noch, warte nur.›Nehmen wir zum Beispiel unsere Eßgewohnheiten. Das Essen ist ein wichtiger Teil einer Kultur und eines Lebensstils. Heutzutage liegen an jeder Straßenecke Kebabs und Hamburger auf der Lauer. Der Feind belagert uns! In dieser süßen Weihnachtszeit sollte es in Heim und Küche nach Kümmelkohl und Weihnachtsplätzchen duften. Ich selbst wohne in Majorstuen, und als ich eines Vormittags hier stand und meine Mor-Monsen-Kuchen buk, klingelte es an der Tür. Zwei Mormonen wollten mich bekehren. Sie konnten nicht einmal Norwegisch! Wie jeder höfliche Mensch lud ich die ungebetenen Gäste zu einer Kostprobe meines Gebäcks ein. Als sie fragten, ob darin Alkohol enthalten sei, ging mir auf, daß

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