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Das letzte Opfer (German Edition)

Das letzte Opfer (German Edition)

Titel: Das letzte Opfer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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zweifeln, was unweigerlich zu einem Depressionsschub geführt hätte. Deshalb habe er das Sweatshirt weggeworfen, sonst hätte er es für eine Untersuchung zur Verfügung gestellt.
    Klinkhammer war nicht bekannt, dass das Sweatshirt längst im Münchner LKA-Labor lag. Bis dahin hatte er wie befohlen den Mund gehalten, ihn nur geöffnet, um sich eine Zigarette zwischen die Lippen zu schieben. Nun konnte er sich die Frage nicht verkneifen: «Und was ist mit der Hose? Sie haben den Reifen doch bestimmt nicht mit nacktem Hintern gewechselt.»
    Stichler lächelte entschuldigend. «Leider schon gewaschen. Wenn ich geahnt hätte, dass es wichtig werden könnte, hätte ich meine Wäsche liegen lassen. Aber wer rechnet denn damit, plötzlich in solch einen Verdacht zu geraten?»
    «Eine Wäsche macht nichts», sagte Thomas Scheib und erinnerte Klinkhammer mit einem kurzen Blick an seine Statistenrolle. «Unsere Labors haben Möglichkeiten, die man nicht unterschätzen sollte. Würden Sie uns die Hose für eine Untersuchung zur Verfügung stellen – auf freiwilliger Basis?»
    «Ich war schon am Donnerstag bereit, Ihnen auf freiwilliger Basis meinen Wagen zur Verfügung zu stellen», erinnerte Stichler. «Selbstverständlich gilt das auch für meine Hosen. Es sind sieben Stück. Ich war zwei Wochen unterwegs und weiß nicht mehr, welche ich am Ostersamstag getragen habe. Wollen Sie alle?»
    «Wir haben aber keine Ersatzhosen», ließ Klinkhammer sich vernehmen. Das konnte er sich nicht verkneifen.
    «Das wäre zu viel Aufwand», sagte Scheib. «Im Grunde geht es ja nur um den Beweis, dass Sie alleine unterwegs waren. Den können wir wahrscheinlich anders erbringen.»
    Er hatte eine Karte von Süddeutschland mitgebracht, entfaltete sie und bat ihn zu zeigen, wo der Reifenwechsel stattgefunden habe. Nach einigem Überlegen umkreiste Stichler einen grünen Fleck mit einer Fingerspitze. «Es könnte hier gewesen sein. Genauer kann ich das nicht sagen.» Musste er auch nicht. Scheib wusste ja, wo das Sweatshirt gelegen hatte, nicht an dem Fleck, auf den Stichler zeigte. Aber sich auf einer Karte um zwei Kilometer zu verschätzen, das konnte passieren.
    Da sie einmal dabei waren, forderte Scheib ihn auf, die gesamte am Ostersamstag gefahrene Strecke zu zeigen und jeden Haltepunkt so exakt wie möglich zu markieren. Zuerst protestierte Stichler. Für die Polizei seien doch nur die fünf Stunden zwischen seinem letzten Tankstopp und dem Einchecken im Hotel relevant, meinte er. Und auf der Karte seien Straßen verzeichnet, keine Feld- oder Waldwege, auf denen er sich in der fraglichen Zeit überwiegend aufgehalten habe. Abgesehen davon habe er schöne Motive gesucht, nicht die Nähe anderer Menschen. Außer dem alten Paar habe er niemanden bemerkt, und die Kneifzange hätte er liebend gerne auch noch übersehen.
    Das konnte Scheib nachempfinden. Er gab zu bedenken, dass ihn aber trotzdem jemand gesehen haben könnte. Schönes Wetter, Osterwochenende, er und das alte Ehepaar waren gewiss nicht die Einzigen gewesen, die es an so einem Tag in die Natur zog.
    Stichler nickte, als überzeuge ihn dieses Argument. Er schaute wieder auf seine Uhr und bat: «Darf ich kurz meine Frau verständigen? Sie wartet bestimmt schon und macht sich Sorgen.»
    Gegen einen Anruf daheim waren keine Einwände zu erheben. Inzwischen war es zehn Uhr. Er zog sein Handy aus der Hosentasche. Es war nicht in Betrieb, er musste es einschalten, seinen Pincode eingeben und ein paar Sekunden warten, ehe sich ein ausreichender Empfang aufgebaut hatte. Dann wählte er eine Nummer, bekam jedoch keine Verbindung. Aber das beunruhigte ihn nicht, im Gegenteil. Er schaltete das Handy wieder aus, entspannte sich und meinte, seine Frau sei wohl mit ihrer Familie zum Ausflug aufgebrochen. Irgendeiner habe sie bestimmt überredet, mitzukommen, damit sie nicht alleine da saß und grübelte.
    Danach war er sehr umgänglich, gab sich dem Anschein nach große Mühe mit der Rekonstruktion seiner Fahrtroute, dachte angestrengt nach, zog mit einem Stift Kreise um zwei weitere Punkte im Grünen.
    Scheib stellte sich vor, dass Suchtrupps mit Hunden und Methansonden auch diese Waldstücke durchkämmten und die sterblichen Überreste von Julia Roberts fänden. Es war nur ein kühner Traum. So dumm wäre das Phantom nicht, ein Grab zu bezeichnen. Und nach sechs Jahren im Waldboden noch etwas aufzuspüren, da bräuchte man schon genaue Anhaltspunkte. Er hatte Julias Grab besucht, darauf

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