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Das letzte Opfer (German Edition)

Das letzte Opfer (German Edition)

Titel: Das letzte Opfer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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hätte Thomas Scheib geschworen. Und nicht nur ihres, immerhin war er zwei Wochen unterwegs gewesen. Wahrscheinlich hatte er sich auch alle Tatorte noch einmal angeschaut und ein paar Fotos geschossen – für einen Bildband mit Naturaufnahmen, besinnliche Eindrücke! Bäume und Bäche! Vielleicht auch einige Pfützen?
    In diesen Minuten glaubte Scheib zu wissen, wie die Antwort des Phantoms auf den Bericht im Wochenmagazin aussehen sollte. Kein weiteres Opfer, auf gar keinen Fall Barbara Lohmann. Ein Buch, zugänglich für jeden, auch für Polizisten. Eine Dokumentation, deren Bedeutung außer dem Mörder niemand begreifen konnte. «Würden Sie uns ein paar Aufnahmen zur Verfügung stellen?», fragte er. «Etwas Markantes, das Einheimische auf einer Fotografie wieder erkennen. Es könnte nützlich sein.»
    «Ich kann am Montag Abzüge machen und nach München schicken», erklärte Stichler bereitwillig.
    Klinkhammer wunderte sich sehr und ärgerte sich auch, als es danach nur noch um die Schönheiten der Natur, den Unterschied zwischen Beruf und Hobby ging und Scheib und Stichler ihre Seelenverwandtschaft bekundeten. Diese ruhigen Eindrücke hatten etwas Unvergängliches, einen Hauch von ewigem Leben. Für einen Polizisten, der sich zwangsläufig viel mit dem Tod beschäftigen müsse, sei das Entspannung pur, behauptete Scheib, zückte seine Brieftasche, nahm einige Fotos heraus, breitete sie vor Stichler aus und erklärte mit verschämtem Unterton, dass er nur eine billige Kamera aus dem Kaufhaus benutze.
    Es waren Aufnahmen aus dem Spessart. Nicht unmittelbar die Fundstelle Bergholt, nur die Umgebung, trotzdem ein gewagtes Spiel. Wenn Stichler sich häufig in diesem Waldstück aufgehalten hatte, mochte ihm das eine oder andere Detail vertraut vorkommen. Dann musste er auch eine Reaktion zeigen, ein leichtes Aufblitzen in den Augen, einen Moment der Irritation oder die Andeutung eines überheblichen Lächelns. Aber es kam nichts. Er erkundigte sich nur, wo die Fotos entstanden seien, nahm die Lüge Bayrischer Wald hin, ohne mit der Wimper zu zucken, und riet ihm, eine bessere Kamera zu kaufen.
    «Hat meine Frau auch schon gesagt», erklärte Scheib und war in dem Moment zufrieden, meinte, es sei ihm gelungen, das Phantom zu überzeugen, dass ihm von Seiten der Polizei keine Gefahr mehr drohe, weil sie alle viel zu dämlich seien. Er faltete die Karte zusammen und sagte noch: «Dann hoffen wir jetzt, dass wir ein paar Zeugen auftreiben, die Sie unterwegs gesehen haben – und zwar alleine.»
    «Ihre Hoffnung in allen Ehren, Herr Scheib», erwiderte Marko Stichler. «Ich sehe nur nicht, wie sie mir helfen soll, solange zwei Leute behaupten, mich mit Frau Lohmann gesehen zu haben. Rein theoretisch könnte ich mich ihrer zwischen siebzehn und neunzehn Uhr entledigt haben. Sie könnte auch tatsächlich noch in meinem Wagen gewesen sein, wie Ihre Zeugin behauptet. Nehmen wir an, ich hätte sie betäubt, deshalb die geschlossenen Augen. Nach dem unliebsamen Zwischenfall hätte ich eine Decke über sie gelegt. Dann hätte ich noch eine ganze Weile mit ihr herumfahren können, ohne dass jemand etwas von ihr gesehen hätte. Und nach Einbruch der Dunkelheit hätte ich mir eine wirklich einsame Stelle gesucht, sie getötet und ihre Leiche verschwinden lassen.»
    Sekundenlang fühlte Scheib sich durchschaut. Kirbys Stimme klang ihm im Kopf. «Dieser Kerl spielt nicht.» Und wie er spielte! Mit einem Polizisten aus München! Natürlich hatte er sich vorher überlegt, ob es nicht ratsamer wäre, als Beamter der Kölner Kripo aufzutreten. Aber das hätte die Sache unnötig aufgebauscht. Und es gab schließlich mehr als einen Polizisten in München. Doch nun hätte er geschworen, dass Stichler im Zusammenhang mit dieser Stadt nur einen sah, seinen Jäger.
    Als er nicht reagierte, sagte Stichler auch noch: «Ich habe das Hotel in Weilheim übrigens um fünf Uhr morgens ohne Frühstück verlassen, falls Ihnen das noch nicht bekannt sein sollte. Das könnte theoretisch bedeuten, dass ich noch etwas wegräumen musste, ehe die ersten Osterspaziergänger darüber stolperten.»
    «Theoretisch», bestätigte Scheib. «Aber praktisch braucht man für einen Mord auch ein Motiv. Und ich schätze, Frau Lohmanns Freund hatte ein besseres als Sie.»
    «Es freut mich, dass Sie das so sehen», sagte Stichler. «Wenn Sie es auch beweisen könnten, wäre ich Ihnen sehr verbunden.»
    Das konnte Scheib sich lebhaft vorstellen. Welch ein Triumph, seine

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