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Das letzte Opfer (German Edition)

Das letzte Opfer (German Edition)

Titel: Das letzte Opfer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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zurück. Seine Frau schlief längst, als er die Wohnung betrat und noch einen Blick ins Kinderzimmer warf. Sein Sohn schlief natürlich auch längst. Und er war sicher, dass Marko Stichler als Fotograf entschieden mehr Zeit für sein Kind hatte und nicht nur nachts ein paar Minuten an einem Kinderbett stand. Kevin! Ein nerviges Kerlchen, hatte Klinkhammer gesagt.
    Es ging auf und ab in seinem Innern, die halbe Nacht. Wenn man nach acht Jahren Erfolglosigkeit, dem Lästern der Kollegen und dem beharrlichen Widerstand einer Koryphäe wie Wagenbach unvermittelt den Zipfel vom Gewand eines bösen Geistes in die Finger gedrückt bekam, griff man reflexartig zu. Aber wenn man dann betrachtete, was man in der Hand hielt: Geister fasste man doch nicht, nur weil sie auf einem Waldweg einer Kneifzange in die Quere kamen.
    Aussage gegen Aussage. Menschenkenntnis, Intuition und fundiertes Wissen über die Verhaltensweisen eines Schuldigen gegen den dringenden Wunsch, das Phantom endlich zur Strecke zu bringen, danach wieder ruhig schlafen zu können und vielleicht auch einmal etwas mehr Zeit zu haben für die Familie.
    Er wusste nicht, wann er zuletzt gesagt hatte: «Ich liebe dich, Claudia.»
    Er legte sich neben sie und stellte sich eine traumatisierte junge Frau vor, die von Julia Roberts sprach, nicht nur das, die wörtlich sagte: «Wenn sie alle tot sind, habe ich sie umgebracht.» Und ihrem Mann anschließend ein Alibi gab.
    Er hatte schon mehr als eine Frau in dieser Situation erlebt. Wenn sie Verdacht schöpften, leugneten sie vor sich selbst, so lange es nur eben ging. Das Grauen vor der Welt, die sie verdammte, wenn bekannt wurde, dass sie das Bett geteilt hatten mit einer Bestie, war entschieden größer als die Furcht vor dem Mann, mit dem sie lebten. Sie fühlten sich sicher an seiner Seite, waren meist abhängig, finanziell und emotional, wollten sich den Ernährer erhalten und ihren Kindern den Vater. Da wurden beide Augen zugedrückt und der Mund gehalten, auch wenn die Seele daran erstickte. Bis plötzlich Polizei vor der Tür stand.

Ein vernünftiger Polizist
    Am Freitag, dem 5. Mai, musste Marko sehr früh aus dem Haus. Margo war immer noch in Berlin, und in Frankfurt stand eine wichtige Verhandlung an. Er fuhr schon um sechs Uhr los, weil er mit dichtem Verkehr auf der Autobahn rechnete. Ehe er ging, bat er: «Versprich mir etwas, Schatz, keine Grübeleien heute und keine Sorgen. Mach dir einen schönen Tag.»
    Das sagte sich leicht. Sie hatte mehr gegrübelt als geschlafen in der Nacht, war entsetzlich müde, im Kopf und in sämtlichen Gliedern. Stunde um Stunde saß sie in der Küche, saß einfach nur da. Sogar die Hände schienen zu schwer, den Kopf damit zu stützen oder eine Kaffeetasse zu heben. Ihre Gedanken drehten sich wie ein Kreisel um verpasste Chancen.
    Wenn sie damals mit einem Polizisten gesprochen hätte. Es wäre fast eine Woche Zeit gewesen nach Lis Ankündigung, Jasmins Vater umzubringen. Sie hätte nicht losfahren, der alte Mann nicht sterben müssen. Und wenn sie am Mittwochabend nicht so durcheinander gewesen wäre, hätte sie Marko darauf hinweisen können, dass Norbert am Ostersamstag in Edenbergen gewesen war. Sie hätten sich absprechen können.
    Kevin saß im Schlafanzug am Tisch, beschmierte den Bauplan für seinen Bagger und unzählige winzige Bausteine mit Nussnougatcreme, hatte um halb elf ein undefinierbares Gebilde errichtet und sein Brot immer noch nicht aufgegessen. Ihr geisterte Norberts Stimme durch den Kopf mit Li, Karotte, Alexa, einem Onkel in der Eifel und dem Hinweis, sie würde alles nur noch schlimmer machen mit einem Anruf bei der Polizei. Aber Marko hatte gesagt, Klinkhammer sei ein vernünftiger Mann.
    Kurz nach zwölf riskierte sie es, verzog sich mit dem Telefon auf die Toilette, die Schnur war lang genug, nur die Tür konnte sie nicht schließen. Doch wenn sie leise sprach, konnte Kevin sie in der Küche kaum hören. Klinkhammer war nicht in seinem Büro, müsse aber im Haus sein, erklärte der Polizist, der ihren Anruf entgegennahm. Er bot an, ihm auszurichten, er solle sie zurückrufen. Das Risiko wollte sie nicht eingehen. Wenn das Telefon klingelte, wurde Kevin aufmerksam und neugierig. Da blieb sie lieber in der Leitung, bis man Klinkhammer aufgetrieben hatte.
    Sie fanden ihn schnell. Nur zwei Minuten musste sie warten. Ob er über ihren Anruf erstaunt war, ließ er nicht erkennen. «Was kann ich für Sie tun, Frau Stichler?», fragte er.
    «Für mich

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