Das letzte Opfer (German Edition)
ja gut», sagte Marko. «Jetzt wird geschlafen. Du willst doch morgen nicht müde sein, oder?»
Kevin schüttelte eifrig den Kopf und schloss gehorsam die Augen. Marko legte Karen den Arm um die Schultern und führte sie aus dem Kinderzimmer. «Mach kein Drama daraus, Schatz. Das sind die Vorboten der Pubertät. Morgen hast du sie den ganzen Tag.»
Mit Norbert war vereinbart, dass sie um zehn Uhr bei ihnen vorbeikommen sollten, um gemeinsam nach Brühl zu fahren. Vorher wollte Marko rasch noch einmal zur Agentur, wegen seiner Verhandlungen in Frankfurt, erklärte er, und auf dem Weg noch ein paar Einkäufe für Margo erledigen, damit sie nicht vor einem leeren Kühlschrank stünde, wenn sie aus Berlin zurückkam.
«Das wird aber ziemlich knapp», meinte Karen.
«Ach was», beruhigte er. «Ich fahre früh. Samstags ist auf der Autobahn nicht viel los. Kevin nehme ich mit, dann kannst du dich in Ruhe zurechtmachen. Um zehn Uhr bin ich bestimmt zurück, und wenn nicht, es wird auf eine Viertelstunde nicht ankommen.»
Er führte sie ins Schlafzimmer. Statt einer halben Stunde Kuscheln mit Jasmin gab es eine ganze mit seinen Zärtlichkeiten. «Wie habe ich das vermisst, Schatz», murmelte er.
Es war das erste Mal seit seiner Rückkehr, dass er mit ihr schlief, am Mittwoch und am Donnerstag waren sie dazu beide kaum in der richtigen Stimmung gewesen. Und es war das erste Mal überhaupt, dass sie ihm nichts vorspielte, sich wirklich hingeben konnte und es genoss. Er spürte das wohl, war so zärtlich, war ganz anders als sonst, viel intensiver und leidenschaftlicher.
Es ging auf halb zwei zu, als er das Licht löschte. Vorher stellte er noch seinen Wecker auf sieben Uhr. Doch das wäre gar nicht nötig gewesen. Kevin weckte ihn schon um Viertel vor sieben mit dem Poltern seiner Bausteine.
Sie wachte auf, als er aus dem Bett stieg und ins Nebenzimmer ging. «Hallo, Frühaufsteher», hörte sie ihn sagen. «Wozu brauche ich einen Wecker, solange ich dich habe. Nun räum die Steine wieder ein. Heute ist kein Tag zum Spielen.»
Es war auch kein Tag zum Sterben, aber das sah ein Mann anders.
Dritter Teil
Der Geisterjäger
Die erste Begegnung
Thomas Scheib brach an diesem Samstagmorgen um fünf Uhr auf und traf kurz nach sieben in Bergheim ein. Körperlich fühlte er sich zerschlagen und verkrampft nach kurzem unruhigem Schlaf und der langen Fahrt in angespannter Haltung. Der Kopf dagegen war hellwach, jede Hirnzelle im Alarmzustand. Dass er einen großen Fehler machte, wie Lukas Wagenbach meinte, glaubte er nicht. Aber ihm konnten tausend kleine unterlaufen. Ruhe bewahren, mit keiner Silbe an die toten und vermissten Frauen rühren. Nur nicht die Nerven verlieren und nicht die Geduld. Dabei wurde seine Geduld schon in der ersten halben Stunde auf eine harte Probe gestellt.
Arno Klinkhammer erschien erst um halb acht mit einer Miene, die nicht vom Wunsch nach guter Zusammenarbeit sprach. Verständlicherweise fühlte er sich zum Laufburschen und Chauffeur degradiert, aber nicht für würdig befunden, von dem Mann, der sämtliche Fakten kennen musste, in die Dimensionen dieses Falles eingeweiht zu werden. Ein Serienmörder! Acht, neun oder zehn Opfer!
Klinkhammer hatte eine schlaflose Nacht hinter sich, immer wieder waren ihm Karens Worte durch den Kopf gegangen. «Er wollte mich auf der Stelle ersäufen.» Er hätte wirklich noch einmal unter vier Augen mit ihr reden müssen. Dass er noch ein Wort aus ihr heraus bekäme, nachdem Scheib sich mit ihrem Mann beschäftigt hatte, bezweifelte er stark.
Ohne zu grüßen fragte er Scheib, ob die Sache nicht Zeit gehabt hätte bis Montag oder Dienstag. «Wenn wir am Samstagmorgen in aller Herrgottsfrühe zu zweit bei ihm anrücken, macht das genau den richtigen Eindruck. Oder ist das der Sinn der Sache? Soll er wissen, dass seine Stunde geschlagen hat? Klären Sie mich auf. Wenn ich Ihre Strategie kenne, mache ich bestimmt nichts falsch.»
«Halten Sie einfach den Mund», sagte Scheib. «Dann machen Sie alles richtig.»
Klinkhammer verzog keine Miene, erkundigte sich nur: «Als was durfte ich mich denn am Donnerstag mit ihm auseinander setzen, als Ihr Versuchskaninchen? Sollte ich nur mal testen, wie er auf Polizei reagiert, damit Sie sich richtig vorbereiten können?»
«Als Sie sich mit ihm auseinander setzten, war ich noch nicht über Ihren Einsatz informiert», erklärte Scheib. «In meinem Sinne war das nicht, das dürfen Sie mir glauben.»
Klinkhammer lachte.
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