Das Letzte Plädoyer: Roman
hatte ganz vergessen, dass Nick nach Schottland zurückkehren und als Lehrer hatte arbeiten wollen, sobald er aus dem Gefängnis kam.
»Nein«, erwiderte Danny. »Die Lösung meiner familiären Probleme dauert doch etwas länger, als ich ursprünglich angenommen hatte.«
»Familiäre Probleme?«, wiederholte Ms. Bennett. Das war nicht die Antwort, die sie erwartet hatte. Familiäre Probleme – das bedeutete Ärger. »Möchten Sie über diese Probleme sprechen?«
»Nein, danke, Ms. Bennett«, sagte Danny. »Ich muss nur ein paar Dinge bezüglich des Testaments meines Großvaters klären. Sie müssen sich keine Sorgen machen.«
»Diese Einschätzung überlassen Sie bitte mir«, erwiderte Ms. Bennett. »Soll das bedeuten, dass Sie finanzielle Probleme haben?«
»Nein, Ms. Bennett.«
»Haben Sie schon einen Arbeitsplatz gefunden?«, fragte sie und kehrte damit zu ihrer Liste zurück.
»Nein, aber ich werde in naher Zukunft nach einer Stelle suchen.«
»Vermutlich als Lehrer.«
»Ich hoffe es sehr«, sagte Danny.
»Nun, falls sich das als schwierig erweisen sollte, könnten Sie sich nach einer anderen Beschäftigung umsehen.«
»Was denn zum Beispiel?«
»Tja, ich sehe, dass Sie im Gefängnis als Bibliothekar gearbeitet haben.«
»Das würde ich in der Tat gern in Betracht ziehen«, sagte Danny und war sicher, diese Antwort würde ein weiteres Häkchen ergeben.
»Haben Sie momentan eine Unterkunft oder wohnen Sie in einem Obdachlosenheim?«
»Ich habe eine Unterkunft.«
»Bei Ihrer Familie?«
»Nein, ich habe keine Familie.«
Ein Häkchen, ein Kreuz und ein Fragezeichen. Sie machte weiter. »Wohnen Sie zur Miete oder sind Sie bei Freunden untergekommen?«
»Ich wohne in meinem eigenen Haus.«
Ms. Bennett schaute verwirrt. Offenbar hatte sie diese Antwort noch nie zuvor bekommen. Sie entschied sich für ein Häkchen. »Nur noch eine Frage: Haben Sie im vergangenen Monat irgendwann das Bedürfnis verspürt, dasselbe Verbrechen, für das Sie im Gefängnis waren, noch einmal zu begehen?«
Ja, ich hatte das Bedürfnis, Lawrence Davenport zu töten, hätte Danny ihr am liebsten geantwortet, aber Nick sagte nur: »Nein, Ms. Bennett.«
»Das wäre alles, Moncrieff. Wir sehen uns dann heute in einem Monat wieder.« Sie warf einen Blick in ihren Terminkalender. »Am 2. September. Sie können sich jederzeit mit mir in Verbindung setzen, wenn Sie bis dahin Hilfe benötigen.«
»Danke«, sagte Danny. »Aber in Ihrem Brief erwähnten Sie, dass es etwas Wichtiges gebe …«
»Ach ja?« Ms. Bennett schloss die Akte. Darunter kam ein Umschlag zum Vorschein. »Aber natürlich, Sie haben ganz recht.« Sie reichte ihm den Brief, der an
N A Moncrieff, Bibliothek, Justizvollzugsanstalt Belmarsh
adressiert war. Danny las den Brief des britischen Kultusministeriums an Nick und fand heraus, was Ms. Bennett als so wichtig erachtet hatte:
Die Ergebnisse Ihrer A-Level-Prüfungen lauten wie folgt:
Wirtschaftswissenschaften A*
Mathematik A
Danny sprang auf und seine Faust schoss in die Höhe, als ob er im Upton Park wäre und West Ham den Siegtreffer gegen Arsenal geschossen hätte. Ms. Bennett war sich nicht sicher, ob sie Moncrieff gratulieren oder den Knopf unter ihrem Schreibtisch drücken sollte, um die Sicherheitskräfte zu rufen. Als seine Füße wieder auf dem Boden auftrafen, sagte sie: »Falls Sie immer noch studieren wollen, Moncrieff, würde ich Ihnen gern bei Ihrem Antrag auf ein Stipendium behilflich sein.«
Hugo Moncrieff studierte den Sotheby’s Katalog geraume Zeit. Er musste Margaret recht geben, es konnte sich nur um Posten 37 handeln:
Ein seltener Umschlag mit einer Erstausgabenmarke zur Erinnerung an die Eröffnung der modernen Olympischen Spiele, adressiert an den Begründer der Spiele, Baron Pierre de Coubertin. Schätzwert 2200–2500 Pfund
.
»Vielleicht sollte ich hinfahren und mir den Umschlag an einem der Besichtigungstage näher anschauen?«, schlug er vor.
»Das wirst du gefälligst nicht tun«, erklärte Margaret. »Dann wird Nick nur misstrauisch und womöglich errät er sogar, warum wir an dem Umschlag so interessiert sind.«
»Aber wenn ich am Tag vor der Auktion nach London fahre und mir die Adresse auf dem Umschlag ansehe, dann wissen wir, wo sich die Sammlung befindet, ohne dass wir für den Kauf Geld verschwenden müssen.«
»Dann haben wir aber keine Visitenkarte.«
»Ich bin nicht sicher, ob ich dir folgen kann, altes Mädchen.«
»Wir mögen den Schlüssel nicht in
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