Das Letzte Plädoyer: Roman
den Mann von der Theaterkasse, der ihm mit einer Hand zuwinkte, während er mit der anderen die Tür eines Taxis offen hielt. »Wenn Sie auch zur Party unterwegs sind, warum fahren Sie dann nicht mit uns?«
»Danke«, sagte Danny und stieg zu den zwei jungen Frauen ins Taxi.
»Das ist Sir Nicholas Moncrieff«, stellte der Theaterkassenmann ihn vor und setzte sich auf den Klappsitz.
»Nick«, korrigierte Danny und setzte sich auf den anderen Klappsitz.
»Nick, das ist meine Freundin Charlotte. Sie arbeitet in der Requisite. Und das ist Katie, eine Zweitbesetzung. Ich bin Paul.«
»Zweitbesetzung für welche Rolle?«, fragte Nick Katie.
»Ich vertrete Eve Best. Sie spielt die Gwendolyn.«
»Aber nicht heute Abend«, sagte Danny.
»Nein«, gab Katie zu und kreuzte die Beine. »Während der gesamten Zeit bin ich nur ein einziges Mal zum Einsatz gekommen. Bei einer Matinee, als Eve eine anderweitige Verpflichtung gegenüber der BBC wahrnehmen musste.«
»Ist das nicht frustrierend?«, wollte Danny wissen.
»Natürlich, aber immer noch besser, als gar keine Arbeit zu haben.«
»Jede Zweitbesetzung hofft, dass sie entdeckt werden wird, wenn sie einspringen muss«, erklärte Paul. »Albert Finney vertrat Larry Olivier, als der in Stratford den Coriolanus gab. Über Nacht wurde er zum Star.«
»Tja, an dem Nachmittag, als ich auf der Bühne stand, passierte das jedenfalls nicht«, sagte Katie verbittert. »Was ist mit dir, Nick? Was bist du von Beruf?«
Danny antwortete nicht sofort, zum Teil auch deshalb, weil ihm, abgesehen von seiner Bewährungshelferin, noch nie jemand diese Frage gestellt hatte. »Früher war ich Soldat«, sagte er schließlich.
»Mein Bruder ist Soldat«, erzählte Charlotte. »Ich mache mir Sorgen, dass er nach Afghanistan geschickt wird. Hast du schon einmal in Afghanistan gedient?«
Danny versuchte, sich an die betreffenden Einträge in Nicks Tagebüchern zu erinnern. »Zweimal«, erwiderte er. »Aber das ist schon eine Weile her.«
Katie lächelte Danny an, als das Taxi vor dem Dorchester hielt. Er erinnerte sich gut an die letzte Frau, die ihn auf diese Weise angeschaut hatte.
Danny stieg als Letzter aus dem Taxi. Er hörte sich sagen: »Ich zahle« und erwartete, dass Paul rufen würde
»Kommt gar nicht in Frage«.
»Danke, Nick«, sagte Paul, während er und Charlotte ins Hotel schlenderten. Danny zog seine Brieftasche heraus und trennte sich von zehn Pfund, die er eigentlich gar nicht entbehren konnte – eines war sicher, heute Nacht würde er zu Fuß nach Hause marschieren.
Katie blieb zurück und wartete auf Nick. »Paul hat mir erzählt, dass er dich schon zweimal im Publikum gesehen hat«, sagte sie, als sie das Hotel betraten.
»Ich kam in der Hoffnung, dich als Gwendolyn sehen zu können.« Danny grinste.
Sie lächelte und küsste ihn auf die Wange. Das war noch etwas, was Danny lange nicht erlebt hatte. »Du bist süß, Nick«, sagte sie, nahm seine Hand und führte ihn in den Ballsaal.
»Was machst du als Nächstes?«, fragte Danny. Angesichts des Lärms der Menge musste er beinahe brüllen.
»Ich gehe drei Monate auf Tournee mit der English Touring Company.«
»Wieder als Zweitbesetzung?«
»Nein, auf Tour können die sich keine Zweitbesetzungen leisten. Wenn jemand ausfällt, übernimmt der Programmheftverkäufer die Rolle. Das ist meine Chance, endlich auf der Bühne zu stehen und deine Chance, vorbeizukommen und mich zu sehen.«
»Wo wirst du auftreten?«, fragte Danny.
»Du kannst es dir aussuchen – Newcastle, Sheffield, Birmingham, Cambridge oder Bromley.«
»Ich glaube, es wird Bromley«, sagte Danny, als ein Kellner kam und ihnen Champagner anbot.
Danny sah sich in dem übervollen Raum um. Alle schienen gleichzeitig zu reden. Wer nicht redete, trank Champagner. Andere gingen von einem zum anderen, hofften, Regisseure, Produzenten und Agenten zu beeindrucken, auf der rastlosen Suche nach dem nächsten Engagement.
Danny ließ Katies Hand los, weil ihm wieder einfiel, dass es – nicht anders als bei den arbeitslosen Schauspielern – einen Grund gab, warum er hier war. Er suchte den Raum nach Lawrence Davenport ab, aber der war nirgends zu sehen. Danny ging davon aus, dass er später seinen großen Auftritt haben würde.
»Langweilst du dich schon mit mir?«, fragte Katie und nahm einem vorbeieilenden Kellner ein weiteres Glas Champagner ab.
»Nein«, sagte Danny wenig überzeugend, als sich ein junger Mann zu ihnen gesellte.
»Hi,
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