Das Letzte Plädoyer: Roman
dem Ende des Prozesses wieder Kontakt zu Danny aufnehmen durfte. Es gab jedoch so viel, was sie ihn fragen wollte, so viel, was sie ihm sagen musste.
Das Baby sollte in sechs Wochen auf die Welt kommen, da würde er schon lange wieder auf freiem Fuß sein. Seine furchtbaren Qualen wären dann endlich vorbei. Sobald die Geschworenen zu ihrem Urteil gekommen waren, würde bestimmt auch ihr Vater akzeptieren, dass Danny unschuldig war.
Am Montagmorgen fuhr Mr. Wilson seine Tochter zu Old Bailey und setzte sie vor dem Haupteingang des Gerichtsgebäudes ab. Er äußerte nur drei Worte, als sie ausstieg: »Sag die Wahrheit.«
9
Als sich ihre Blicke trafen, wurde ihm übel. Spencer Craig starrte ihn von der Empore aus der Reihe hinter Beths Eltern an. Danny hielt seinem Blick stand, als ob er sich im Ring befand und darauf wartete, dass die Glocke die erste Runde einläutete.
Als Beth den Gerichtssaal betrat, sah er sie seit zwei Wochen zum ersten Mal. Zu seiner Erleichterung befand sie sich im Zeugenstand mit dem Rücken zu Craig. Beth lächelte Danny herzlich an, bevor sie den Eid ablegte.
»Sie heißen Elizabeth Wilson?«, erkundigte sich Alex Redmayne.
»Ja«, erwiderte sie und legte die Hände auf den Bauch. »Aber man nennt mich Beth.«
»Wohnhaft in der Bacon Road 27 im Stadtviertel Bow, East London?«
»Ja.«
»Und der verstorbene Bernie Wilson war Ihr Bruder?«
»Ja«, bestätigte Beth.
»Sie arbeiten derzeit als persönliche Assistentin des Vorsitzenden der Drake Marine Versicherungsgesellschaft in der City of London?«
»Ja.«
»Wann erwarten Sie Ihr Baby?«, wollte Redmayne wissen.
Pearson runzelte die Stirn, aber er wusste, dass er jetzt nicht eingreifen durfte.
»In sechs Wochen.« Beth senkte den Kopf.
Richter Sackville lehnte sich vor und lächelte zu Beth hinunter. »Bitte sprechen Sie lauter, Miss Wilson. Die Geschworenen müssen jedes Wort verstehen können.«
Beth hob den Kopf und nickte.
»Und vielleicht möchten Sie sich lieber setzen«, fuhr der Richter hilfreich fort. »Es kann bisweilen verwirrend sein, wenn man sich an einem ungewohnten Ort befindet.«
»Dankeschön.« Beth sank auf den Holzstuhl im Zeugenstand und war fast umgehend nicht mehr zu sehen.
»Verdammt«, murmelte Alex Redmayne stimmlos. Die Geschworenen konnten jetzt kaum mehr ihre Schultern ausmachen und würden auch nicht ständig daran erinnert, dass sie im siebten Monat schwanger war, ein Anblick, den er den einzigen zwölf Personen, auf die es ankam, in die Netzhaut brennen wollte. Er hätte die Galanterie von Richter Sackville vorhersehen und Beth raten müssen, das Angebot, sich zu setzen, abzulehnen. Falls sie zusammenbrach, würden das die Geschworenen niemals vergessen.
»Miss Wilson«, fuhr Redmayne fort. »Würden Sie dem Gericht bitte erklären, in welcher Beziehung Sie zum Angeklagten stehen?«
»Danny und ich werden nächste Woche heiraten«, antwortete sie. Man hörte, wie der gesamte Gerichtssaal nach Luft schnappte.
»Nächste Woche?«, wiederholte Redmayne und versuchte, überrascht auszusehen.
»Ja. Das kirchliche Aufgebot wurde gestern von Vater Michael verlesen, unserem Gemeindepfarrer in St. Mary.«
»Sollte Ihr Verlobter verurteilt werden …«
»Man kann nicht für ein Verbrechen verurteilt werden, das man nicht begangen hat«, erklärte Beth mit scharfer Stimme.
Alex Redmayne lächelte. Perfekt bis in die letzte Silbe. Sie hatte sich sogar umgedreht und die Geschworenen angesehen.
»Wie lange kennen Sie den Angeklagten schon?«
»So lange ich mich erinnern kann«, erwiderte Beth. »Seine Eltern wohnten immer schon auf der anderen Straßenseite. Wir sind auf dieselbe Schule gegangen.«
»Die Clement Attlee Gesamtschule?« Redmayne sah in seinen aufgeschlagenen Ordner.
»Richtig«, bestätigte Beth.
»Sie waren also von Kindheit an ein Paar?«
»Falls ja, dann hatte Danny davon keine Ahnung«, meinte Beth. »So lange wir noch auf die Schule gingen, hat er so gut wie nie mit mir geredet.«
Zum ersten Mal an diesem Tag musste Danny lächeln. Er erinnerte sich an das kleine Mädchen mit den Rattenschwänzen, das immer hinter ihrem Bruder herlief.
»Sie haben jedoch mit ihm geredet?«
»Nein, das traute ich mich nicht. Aber ich stand immer an der Seitenlinie und habe zugesehen, wenn er Fußball spielte.«
»Spielten Danny und Ihr Bruder in derselben Mannschaft?«
»Die ganze Schulzeit über«, erwiderte Beth. »Danny als Kapitän und mein Bruder als Torhüter.«
»Danny war
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