Das Letzte Plädoyer: Roman
Cartwright-Fall begeben sich bitte in Gerichtssaal vier. Die Geschworenen kehren zurück.«
Alex schloss sich einem Strom interessierter Zuschauer an. Alle eilten in den Saal. Kaum hatten sie sich gesetzt, erschien der Richter und wies den Gerichtsdiener an, die Geschworenen hereinzubitten.
Der Richter beugte sich vor und fragte den Sprecher: »Sind Sie zu einem einstimmigen Urteil gelangt?«
»Nein, Euer Lordschaft«, erwiderte er sofort.
»Glauben Sie, dass Sie zu einem einstimmigen Urteil gelangen werden, wenn Sie noch mehr Zeit bekommen?«
»Nein, Euer Lordschaft.«
»Würde es helfen, wenn ich ein Mehrheitsurteil zulasse? Damit meine ich ein Urteil, auf das sich mindestens zehn der Geschworenen einigen können?«
»Das würde das Problem beheben, Euer Lordschaft«, erwiderte der Sprecher.
»Dann möchte ich Sie bitten, sich erneut zu beraten und zu versuchen, zu einem Urteil zu kommen.« Der Richter nickte dem Gerichtsdiener zu, der die Geschworenen wieder aus dem Saal führte.
Alex wollte seine Wanderungen wieder aufnehmen, doch Pearson beugte sich zu ihm und meinte: »Bleiben Sie hier, lieber Junge. Ich habe das Gefühl, die sind bald zurück.«
Alex setzte sich auf seinen Platz an der Bank.
Wie Pearson es vorhergesagt hatte, kamen die Geschworenen wenige Minuten später wieder zurück. Alex drehte sich zu Pearson, aber bevor er etwas sagen konnte, meinte der alte Staatsanwalt: »Fragen Sie mich nicht, lieber Junge. Trotz dreißig Jahren als Anwalt habe ich nie verstanden, wie die Geschworenen ticken.« Alex zitterte, als der Gerichtsdiener aufstand und rief: »Würde sich der Sprecher bitte erheben.«
»Sind Sie zu einem Urteil gekommen?«, fragte der Richter.
»Ja, Euer Lordschaft«, erwiderte der Sprecher.
»War es ein Mehrheitsurteil?«
»Ja, Euer Lordschaft. Eine Mehrheit von zehn zu zwei.«
Der Richter nickte dem Gerichtsdiener zu, der sich verbeugte. »Meine Damen und Herren Geschworenen«, sagte er, »haben Sie den Gefangenen Daniel Arthur Cartwright des Mordes für schuldig oder nicht schuldig befunden?«
Es kam Alex wie eine Ewigkeit vor, bevor der Sprecher antwortete, obwohl es in Wirklichkeit nur wenige Sekunden dauerte.
»Schuldig«, verkündete der Sprecher.
Der Gerichtssaal schnappte nach Luft. Die erste Reaktion von Alex bestand darin, sich umzudrehen und Danny anzuschauen. Er zeigte keinerlei Regung. Über ihm auf der Empore schrie jemand »Nein!« und man hörte ein Schluchzen.
Sobald wieder Ruhe in den Gerichtssaal eingekehrt war, hielt der Richter eine lange Rede, bevor er die Strafe verhängte. Die einzigen Worte, die für immer unauslöschlich in Alex eingebrannt blieben, lauteten
zweiundzwanzig Jahre
.
Sein Vater hatte ihm eingeschärft, er dürfe sich von einem Urteil niemals bedrücken lassen. Schließlich wurde nur einer von hundert Angeklagten fälschlicherweise verurteilt.
Alex zweifelte nicht daran, dass Danny Cartwright dieser eine von hundert war.
Das Gefängnis
17
»Willkommen zurück, Cartwright.« Danny sah den Beamten an, der hinter der Theke im Empfangsbereich saß, antwortete jedoch nicht. Der Mann sah auf den Einlieferungsbescheid hinunter. »Zweiundzwanzig Jahre«, seufzte Mr. Jenkins. Er schwieg kurz. »Ich weiß, wie Sie sich fühlen müssen, denn ungefähr so lange bin ich hier schon im Dienst.« Mr. Jenkins war Danny immer sehr alt vorgekommen. Werde ich in 22 Jahren so aussehen?, fragte er sich. »Tut mir leid, mein Junge«, sagte der Beamte – kein Gefühl, das er oft zum Ausdruck brachte.
»Danke, Mr. Jenkins«, meinte Danny leise.
»Da Sie jetzt nicht mehr in Untersuchungshaft sitzen, haben Sie auch keinen Anspruch auf eine Einzelzelle.« Er schlug einen Ordner auf, den er eine Zeitlang studierte. Im Gefängnis ging nichts schnell. Jenkins fuhr mit den Fingern eine lange Spalte von Namen entlang, hielt an einer leeren Zeile inne. »Ich werde Sie in Block vier legen, Zelle eins-zwo-neun.« Er ging die Namen der derzeitigen Zelleninsassen durch. »Das sollte interessant werden«, fügte er ohne weitere Erklärung hinzu, dann nickte er dem jungen Beamten zu, der hinter ihm stand.
»Augen auf, Cartwright. Folgen Sie mir«, sagte der Beamte, den Danny noch nie gesehen hatte.
Danny folgte dem Mann einen langen Steinkorridor entlang, der in einem Braunton gestrichen war, den keine andere öffentliche Einrichtung in diesen Mengen erstanden hätte. Sie kamen vor einem verriegelten Doppeltor zum Stehen. Der Beamte nahm einen großen Schlüssel
Weitere Kostenlose Bücher