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Das letzte Revier

Das letzte Revier

Titel: Das letzte Revier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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ist eine unbeschreibliche Ironie des Schicksals. Ein paar Polizisten in Ausgehuniform unterhalten sich, und neben der Tür zum Hauptraum steht Chief Rodney Harris mit Father O'Connor. Es sind auch ein paar Zivilisten da, gut gekleidete Leute, die mir nicht bekannt sind, und ich schließe aus der verlorenen, hilflosen Art, wie sie sich umsehen, dass sie nicht von hier sind. Ich nehme ein Mitteilungsblatt der Kirche in die Hand und warte, bis ich mit Chief Harris und meinem Pfarrer sprechen kann. »Ja, ja, ich verstehe«, sagt O'Connor. Er wirkt heiter in seiner langen cremefarbenen Robe, die Hände auf Taillenhöhe gefaltet. Mir wird bewusst, dass ich seit Ostern nicht mehr hier war, und ich habe ein schlechtes Gewissen.
    »Ich kann einfach nicht, Father. Das ist der Teil, den ich nicht akzeptieren kann«, sagt Harris, dessen dünn werdendes rotes Haar mit Pomade aus seinem feisten, unattraktiven Gesicht zurückgekämmt ist. Er ist ein kleiner Mann mit einem schlaffen Körper, der genetisch darauf programmiert ist, dick zu sein, ein blau uniformiertes Teigmännchen. Harris ist kein sympathischer Mann und mag mächtige Frauen nicht. Ich habe nie verstanden, warum er Diane Bray eingestellt hat, und kann nur annehmen, dass es aus den falschen Gründen war.
    »Wir können Gottes Willen nicht immer verstehen«, sagt Father O'Connor, und dann sieht er mich. »Dr. Scarpetta.« Er lächelt und nimmt mit beiden Händen meine Hand. »Es freut mich, dass Sie gekommen sind. Ich habe viel an Sie gedacht und für Sie gebetet.« Der Druck seiner Finger und das Licht in seinen Augen sagen mir, dass er versteht, was mir zugestoße n ist, und wirklich besorgt ist. »Wie geht es Ihrem Arm? Ich wünschte, Sie würden mich mal besuchen.«
    »Danke, Father.« Ich reiche Chief Harris die Hand. »Ich weiß, es ist eine schwere Zeit für Ihre Abteilung«, sage ich zu ihm. »Und auch für Sie persönlich.«
    »Es ist alles sehr, sehr betrüblich«, erwidert er und blickt mich nicht an, als er mir kurz und schroff die Hand schüttelt. Das letzte Mal sah ich Harris in Brays Haus, als er reinkam und mit dem grauenhaften Anblick ihrer Leiche konfrontiert war. Dieser Augenblick wird für immer zwischen ihm und mir stehen. Er hätte den Tatort nicht besichtigen sollen. Es gab keinen Grund, warum er seine Stellvertreterin derartig erniedrigt hätte sehen sollen, und ich werde es ihm immer übel nehmen. Ich mag Leute nicht, die den Schauplatz eines Verbrechens gefühl- und respektlos behandeln, und dass Harris bei Bray auftauchte, war ein Machtspiel und ein Ausleben voyeuristischer Neigungen, und er weiß, dass ich es weiß. Ich gehe weiter in das Kirchenschiff und spüre seinen Blick in meinem Rücken. Der Organist spielt »Amazing Grace«, und die Leute nehmen auf halber Höhe des Gangs in den Kirchenbänken Platz. In den Fenstern aus buntem Glas leuchten Heilige und Kreuzigungsszenen, und Marmor und Kreuze aus Messing schimmern. Ich setze mich, und kurz darauf beginnt der Einzug der Trauernden. Die gut gekleideten Fremden, die mir draußen schon aufgefallen waren, kommen mit dem Pfarrer herein. Ein junger Mann trägt das Kreuz, ein Mann in Schwarz die golden und rot emaillierte Urne mit den verbrannten Überresten von Diane Bray. Ein ältliches Paar hält sich bei den Händen und tupft sich Tränen ab.
    Father O'Connor begrüßt uns, und ich erfahre, dass Brays Eltern und ihre zwei Brüder anwesend sind. Sie kommen aus dem Staat New York, Delaware und Washington D.C. und liebten Diane sehr. Der Gottesdienst ist schlicht und kurz. Father O'Connor spritzt ein bisschen Wasser aus dem Taufbecken au f die Urne. Niemand außer Chief Harris erbietet sich, etwas zu sagen, und was er zu sagen hat, sind gestelzte Plattitüden. »Sie hat sich mit ganzem Herzen für einen Beruf entschieden, bei dem es in erster Linie darum geht, anderen zu helfen.« Er steht steif auf der Kanzel und liest aus seinen Notizen ab. »Sie wusste, dass sie jeden Tag ihr Leben riskierte, denn darin besteht das Leben der Polizisten. Wir lernen, dem Tod ins Gesicht zu schauen, und fürchten uns nicht. Wir wissen, was es heißt, allein zu sein und gehasst zu werden, und doch fürchten wir uns nicht. Wir wissen, was es heißt, ein Blitzableiter für das Böse zu sein, für diejenigen, die auf der Erde sind, um anderen etwas wegzunehmen.«
    Holz knarzt, während die Leute auf den Bänken hin und her rutschen. Father O'Connor lächelt freundlich, den Kopf zur Seite geneigt, während er

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