Das letzte Riff
und gefragt: »Commander, Sir? So jung schon?«
»Vollkapitän«, hatte Adam kurz geantwortet. Er wollte weder unhöflich sein, noch jemanden beleidigen, aber diese Leute machten ihn krank. Für sie war der Krieg nichts als ein Geschäft, mit Gewinnen und Verlusten. Sie hatten kein Mitgefühl mit den Männern, deren Knochen im brüllenden Kanonenfeuer zerschossen wurden.
Doch der Fragende blieb beharrlich: »Wann ist der Krieg endlich vorbei? Kann denn niemand diesen Bonaparte schlagen?«
»Wir tun unser Bestes, Sir«, antwortete Adam. »Aber ich empfehle, mehr gutes Geld in den Schiffbau zu investieren und weniger in die Bäuche der Kaufleute. Dann wäre der Krieg viel schneller vorbei.« Danach hatte man ihn mit Fragen nicht mehr belästigt.
Ein Schankmädchen knickste vor ihm. »Etwas Besonderes für den Kapitän?« Sie war jung und wußte offenbar, wie man den Wartenden auch anders die Zeitvertreiben konnte als nur mit Essen und Trinken.
»Habt ihr Brandy?«
Sie kicherte. »Für Sie schon, Sir!« Sie eilte davon und kam mit einem großen Glas Brandy und frischem Käse zurück.
»Sind Sie Kommandant eines Schiffes, Sir?«
Der Brandy wärmte seinen Mund. »Ja. Der
Anemone,
einer Fregatte.« Freundlich sah er sie an. »Ein hervorragender Brandy. Sicher haben ihn ein paar erfahrene Schmuggler an der Küstenwache vorbei ins Land gebracht.«
Das Mädchen lächelte. »Es ist mir eine Ehre, Ihnen zu dienen, Sir.«
Adam nickte. Warum auch nicht? So früh mußte er nicht in Plymouth sein. Sein Erster Offizier genoß sicher die Befehlsgewalt in seiner Abwesenheit. Mit der nächsten Kutsche kam er immer noch früh genug an.
Das Schankmädchen spürte sein Nachdenken. »Wenn Sie wieder mal vorbeikommen …« Sie nahm sein Glas, um es aufzufüllen. »Ich heiße Sarah.«
Sie eilte davon, als der rotgesichtige Gastwirt nach ihr schrie, weil andere Gäste bedient sein wollten. Der Pferdewechsel dauerte nicht lange. Kutscher und Begleiter hatten für Bier oder Apfelwein nicht viel Zeit, sie war auch hier schon Geld.
Adam sank in seinen Stuhl zurück und erinnerte sich. Das große Dinner, Lady Catherines Wortwechsel mit Tante Felicity, sein Onkel … Hier hielt er inne. Ihm war, als habe er in Bolitho einen Bruder wiedergefunden, nachdem er schon seinen Tod befürchtet hatte.
Es war gut, zu neuem Einsatz nach Plymouth zurückzukehren. Vielleicht warteten Depeschen auf ihn, die er der Blockadeflotte im Kanal bringen sollte, vielleicht gab es Patrouillendienst in der Biskaya oder vor Brest, um Stärke und Absichten des Feindes zu erkunden. Alles, was ihn beschäftigen würde, war willkommen, damit er nicht mehr an Zenoria denken mußte. Aber im selben Augenblick wußte er, daß er sie nie würde vergessen können, wie er auch ihre Liebesnächte nicht vergessen konnte: den schlanken Leib, nackt in seinen Armen, die brennenden Lippen auf seinen. Er hatte schon einige Frauen gekannt, aber keine glich Zenoria. All ihre Furcht war verschwunden, sie erwiderte seine Leidenschaft, als sei sie ganz neu und unbefleckt – trotz allem, was sie früher erduldet hatte.
Er sah auf das Glas. Schon wieder leer. Das war ihm gar nicht aufgefallen. Als er zum zweiten Mal hinschaute, war es nachgefüllt. Vielleicht würde er im Rausch den Rest der Reise verschlafen können und alle Qualen der Erinnerung vergessen.
Jetzt war Zenoria bei ihrem Mann Valentine Keen, gab sich ihm hin aus Pflichtbewußtsein, aus Schuldgefühl, doch ganz bestimmt nicht aus Liebe. Der Gedanke an ihr Zusammensein machte Adam krank vor Eifersucht. Es war Keen, der sie jetzt berührte, sie streichelte, ihre Scheu überwand und sie nahm, wie es sein Recht war.
Trotzdem konnte er Valentine Keen nicht hassen. Eigentlich hatte er ihn immer gemocht, denn er wußte, daß Keen Bolitho genauso verehrte wie er selbst. Ein tapferer, guter Mann, den zu lieben jede Frau stolz sein konnte.
Aber nicht Zenoria!
Mann trank seinen Brandy langsamer. Ab jetzt mußte er doppelt vorsichtig sein in allem, was er sagte und tat. Denn sonst wurde Valentine Keen zu einem Rivalen, ja sogar zu einem Feind.
Pferdehufe klapperten im Hof, neue Stimmen signalisierten neue Reisende aus einer anderen Postkutsche. Gewiß war es die, die morgens auch in Falmouth abgefahren war, aber den Weg über Truro und abgelegenere Dörfer genommen hatte. Der Wirt begrüßte die neuen Gäste mit dem üblichen Berufsgrinsen, auch Sarah war wieder da und musterte die Gesichter der ankommenden Männer.
Adam
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