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Das Letzte Ritual

Das Letzte Ritual

Titel: Das Letzte Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardottir
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Wimper zu zucken. Dann sah er mit zweideutigem Gesichtsausdruck auf und reichte Dóra das Foto. Dabei lächelte er zum zweiten Mal an diesem Morgen. »Haben Sie Lust auf eine Pizza?«
    Dóra nahm das Foto, das Haralds Mageninhalt zeigte. Es würde wohl eine Weile dauern, bis sie sich zum nächsten Mal eine Pizza bestellte. Sie versuchte, sich nichts anmerken zu lassen.
    »Die Untersuchungsergebnisse bezüglich des Amphetamins stammen von einem pharmakologischen Institut. In Haralds Magen wurde auch Ecstasy gefunden, halb verdaut, aber wir wissen nicht, wann es eingenommen wurde, für die Bestimmung des Todeszeitpunktes ist es also nicht von Nutzen.«
    »Gut«, sagte Matthias kurz angebunden.
    Der Arzt ergriff wieder das Wort. »Man kann davon ausgehen, dass die Leiche ein paar Stunden nach dem Eintritt des Todes transportiert wurde. Das erkennen wir an bestimmten Quetschungen, die sich am tiefsten Punkt des Körpers bilden, sobald der Blutkreislauf unterbrochen wird. Das Blut sammelt sich aufgrund der Schwerkraft. Wir stellten fest, dass sich solche Quetschungen an Stellen befanden, die nicht zueinanderpassten, nämlich am Rücken, an den Pobacken und an der Rückseite der Waden einerseits und an Fußsohlen, Fingern und Kinn andererseits. Die zuerst genannten Stellen waren steifer, was darauf schließen lässt, dass die Leiche zuerst auf dem Rücken lag und dann später in eine aufrechte Stellung gebracht wurde. Des Weiteren zeugen die Schuhe davon, dass die Leiche ein Stück gezogen wurde; vermutlich hat derjenige, der das tat, sie unter den Achselhöhlen gepackt und die Füße hinterherschleifen lassen. Warum, können wir nicht sagen. Die schlüssigste Erklärung ist meiner Meinung nach, dass der Mörder Harald in seiner eigenen Wohnung umbrachte, sich der Leiche aber nicht sofort entledigen konnte, wahrscheinlich wegen Trunkenheit. Warum er sie dann ausgerechnet zum Árnagarður brachte, steht auf einem anderen Blatt. Das ist nicht unbedingt der erste Ort, der einem einfällt, wenn man mit einem derartigen Problem konfrontiert ist.«
    »Und die Augen?«, fragte Matthias.
    Der Arzt räusperte sich. »Die Augen. Das ist ein weiteres Rätsel, zu dem mir nichts einfällt. Wie der Familie bekannt ist, wurden sie erst nach Haralds Tod entfernt, was meiner Meinung nach für die Angehörigen in gewisser Weise tröstlich ist. Warum dies getan wurde, weiß ich allerdings nicht.«
    »Wie entfernt man eigentlich die Augen einer Leiche?«, fragte Dóra und bereute die Frage gleich wieder.
    »Da gibt es zweifellos verschiedene Möglichkeiten«, antwortete der Arzt. »Es scheint jedoch, als habe unser Mörder ein flaches Werkzeug verwendet. Alle Hinweise, oder besser gesagt der Mangel an Hinweisen, deuten darauf hin.« Der Arzt begann, in den Papieren zu blättern.
    Dóra beeilte sich, ihn zu bremsen. »Wir glauben Ihnen vollkommen. Wir brauchen keine weiteren Fotos.«
    Matthias schaute sie an und grinste. Nach ihrem Gespräch im Gang amüsierte er sich offenbar über Dóras Abscheu. Das ärgerte sie und sie beschloss, es ihm heimzuzahlen. »Sie sagten am Anfang, die Obduktion sei ungewöhnlich und merkwürdig gewesen. Was meinten sie damit?«
    Der Arzt beugte sich vor und sein Gesicht erhellte sich. Er hatte sich offensichtlich darauf gefreut, diesen Punkt anzusprechen.
    »Ich weiß nicht, wie nah Sie Harald Guntlieb stehen; vielleicht ist Ihnen das alles schon bekannt.« Er blätterte in der Akte und zog ein paar Fotos hervor. »Ich meine das hier«, sagte er dann und legte die Fotos vor Dóra und Matthias auf den Tisch.
    Es dauerte einen Moment, bis Dóra begriff, was sie vor sich hatte. Sie erschauderte. »Igitt, was ist das eigentlich?«, stieß sie hervor.
    »Kein Wunder, dass Sie fragen«, entgegnete der Arzt. »Harald Guntlieb hat so genannte Körperveränderungen an sich durchgeführt – man nennt das üblicherweise Body Modifications, jedenfalls in den Ländern, wo dieses Hobby seinen Ursprung hat. Zuerst dachten wir, die Sache mit der Zunge wäre Teil der Misshandlungen der Leiche, aber dann sahen wir, dass die Wunde verheilt war. Er muss es schon vor einer Weile haben machen lassen – das ist noch viel, viel verrückter als Zungenpiercings, muss ich gestehen.«
    Dóra betrachtete die Fotos, eins abscheulicher als das andere. Plötzlich überfiel sie ein Brechreiz und sie erhob sich von ihrem Stuhl. »Verzeihung«, stieß sie mit zusammengekniffenen Lippen hervor und hechtete zur Tür. Als sie im Flur war, hörte

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