Das Letzte Ritual
kleinen Kegel oder Zacken auf seinen Schultern. Der Arzt hat insgesamt 32 Objekte entfernt, alles Mögliche bis hin zu den kleinen Kugeln, die Sie an seinen Geschlechtsorganen gesehen haben.« Matthias warf Dóra einen verlegenen Blick zu. Sie nippte an ihrem Kaffee und lächelte, um ihm zu signalisieren, dass ihr das nicht peinlich war. Er redete weiter.
»Dann sind da noch die Symbole; sie haben alle mit schwarzer Magie und Okkultismus zu tun. Harald hat immer weitergemacht; es gab nur wenige Körperstellen, die nicht auf irgendeine Weise verziert waren.« Matthias unterbrach sich für einen Moment, um einen Happen zu essen. »Gewöhnliche Tätowierungen scheinen ihm nicht gereicht zu haben, seine Tätowierungen waren Narben.«
»Narben?«, warf Dóra ein. »Hat er Tattoos entfernen lassen?«
»Nein, nein. Es handelt sich um Tätowierungen, die dadurch entstehen, dass die Haut eingeschnitten oder entfernt wird, damit sich Muster oder Symbole aus Narben bilden. Damit trifft man eine ziemlich endgültige Entscheidung. Wenn ich den Arzt richtig verstanden habe, kann man so eine Tätowierung nur durch Hautverpflanzungen rückgängig machen, was wiederum eine noch größere Narbe hinterlässt.«
Dóra war einfach nur verblüfft. Nichts war unmöglich. Als sie jung war, galt es als abgefahren, drei Ohrringe zu tragen.
»Harald wurde übrigens nach seinem Tod noch eine Schnittwunde zugefügt. Zuerst dachte man, es wäre eines der neueren Tattoos, aber dann stellte sich heraus, dass ein Symbol, das einer magischen Rune ähnelt, in seine Brust geritzt wurde.« Matthias zog einen Stift aus der Tasche seines Jacketts und griff nach einer hellen Serviette. Er zeichnete das Symbol und zeigte Dóra dann die Serviette. »Dieses Symbol ist unbekannt. Zumindest ist es der Polizei nicht geglückt, etwas darüber herauszufinden, deswegen hat der Mörder es sich vielleicht einfach an Ort und Stelle ausgedacht. Möglicherweise wurde er gestört und hat das Symbol nicht richtig hingekriegt. Es ist nicht leicht, in Haut zu ritzen.«
Dóra nahm die Serviette und betrachtete das Symbol. Es bestand aus vier Linien, die einen Kasten bildeten, eine Art Mühle. Die Enden der Linien, die über den Kasten hinausragten, wurden jeweils von einer kurzen Linie gekreuzt. Im Inneren des Kastens befand sich ein Kreis, von dem wiederum eine Linie ausging, an deren Ende ein Halbkreis gezeichnet war.
Dóra gab Matthias die Serviette zurück. »Mit magischen Runen kenne mich leider nicht aus. Ich hatte mal eine Rune als Kettenanhänger, aber ich kann mich nicht erinnern, was sie bedeuten sollte.«
»Wir müssen mit jemanden sprechen, der sich damit auskennt. Wer weiß, ob die Polizei nicht einfach zu schnell aufgegeben hat.«
Matthias riss die Serviette in kleine Stückchen. »Irgendwas muss sich der Mörder jedenfalls dabei gedacht haben. Die meisten wollen nur so schnell und so weit wie möglich wegkommen, wenn sie einen Mord begangen haben.«
»Vielleicht ist der Mörder geisteskrank«, schlug Dóra vor. »Es zeugt ja wohl nicht gerade von seelischem Gleichgewicht, Runen in eine Leiche zu ritzen und ihre Augen herauszuschneiden.« Sie schüttelte sich. »Oder er stand unter Drogen. Was allerdings auf den armen Jungen hindeuten könnte, der im Knast sitzt.«
Matthias zuckte mit den Schultern. »Vielleicht.« Er trank einen Schluck Kaffee. »Aber vielleicht auch nicht. Wir müssen ihn jedenfalls so bald wie möglich im Gefängnis besuchen.«
»Ich setze mich mit seinem Anwalt in Verbindung«, entgegnete Dóra. »Er wird einem Gespräch bestimmt zustimmen und sollte außerdem froh sein, uns helfen zu können. Wenn es uns gelingen sollte, den wirklichen Mörder zu finden, entlasten wir schließlich seinen Mandanten. Ich habe der Polizei bereits einen Antrag auf Herausgabe der Ermittlungsunterlagen zukommen lassen.«
Matthias nahm sich noch einen Happen und schaute auf die Uhr. »Was halten Sie davon, in Haralds Wohnung vorbeizufahren? Ich habe die Schlüssel, und die Polizei hat schon einen Teil der Sachen, die sie bei der Durchsuchung mitgenommen hatte, wieder zurückgebracht. Wir könnten einen Blick darauf werfen; vielleicht bringt uns das weiter.«
Dóra fand die Idee gut. Sie schickte ihrem Sohn eine SMS und bat ihn, seine Schwester direkt nach Schulschluss im Hort abzuholen. Dóra hatte ein besseres Gefühl, wenn sie wusste, dass ihre Tochter zu Hause war. Daher beauftragte sie manchmal ihren Sohn. Als Dóra gerade erst die
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