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Das Letzte Ritual

Das Letzte Ritual

Titel: Das Letzte Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardottir
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Großinquisitor in den Gebieten, die heute größtenteils zu Deutschland gehören – ohne Frage eine absolut widerwärtige Person; er hatte es besonders auf Frauen abgesehen. Er jagte angebliche Hexen und war außerdem an der Verfolgung von Juden, Gotteslästerern und anderen Minderheiten, die sich als Opfer anbieten, beteiligt.«
    Dóra erinnerte sich an die Zusammenfassung aus dem Internet. »Ach ja, genau.« Dann fügte sie überrascht hinzu: »Geht es in diesen Briefen um ihn?«
    »Ja«, antwortete Matthias. »Er kam nach Innsbruck. Sah. Aber siegte nicht. Am Anfang lief alles gut für ihn – er rief einen Hexenprozess ins Leben, bei dem unermessliche Gewalt und Folter angewendet wurden. Die Angeklagten, siebenundfünfzig Frauen, bekamen keinen Rechtsbeistand. Als es zum Prozess kam, wurde dies missbilligt, sowohl von den anwesenden Kirchenoberhäuptern als auch von den weltlichen Herrschern. Kramer ging in seiner Beschreibung der sexuellen Handlungen dieser so genannten Hexen viel zu weit, sodass es dem Bischof zu viel wurde und er Kramer am Ende aus der Stadt verwies. Die Frauen, die er gefangen genommen hatte, wurden im Zuge dessen freigelassen, aber sie waren nach der andauernden Folter in erbärmlichem Zustand. Der Verfasser der Briefe beschreibt, wie mit seiner Frau umgegangen wurde. Wie man sich denken kann, ist das keine vergnügliche Lektüre.«
    »An wen ging der Brief?«, fragte Dóra.
    »Alle Briefe sind an den Bischof von Brixen, Georg II. Gosier gerichtet. Das war der Bischof, der Kramer am Ende aus der Stadt vertreiben ließ. Ich könnte mir vorstellen, dass die Briefe einen gewissen Einfluss darauf hatten.«
    »Wie kam Haralds Großvater an die Briefe?«
    Matthias zuckte die Achseln. »In den Nachkriegsjahren wurde in Deutschland einiges versteckt. Die Guntliebs hatten ihr Vermögen so angelegt, dass die Bank durch die Inflation der Reichsmark keinen Schaden erlitt, im Gegensatz zu vielen anderen, die nach dem Krieg ruiniert waren. Es ist keine gewöhnliche Bank – normale Leute legen dort kein Geld an und haben es auch nie getan. In vielerlei Hinsicht ist es Haralds Großvater zu verdanken, dass seine wichtigsten Geschäftspartner zu jener Zeit nicht Pleite gingen. Er merkte schnell, was passieren würde, und konnte daher viele Besitztümer in Sicherheit bringen, ohne dass jemand darauf aufmerksam wurde. Er war in einer recht guten Position und konnte sich in wirtschaftlich schwierigen Zeiten allerlei Dinge anschaffen.«
    »Aber wer kann ihm diese Briefe verkauft haben? Briefe aus dem 15. Jahrhundert bewahrt man doch nicht für magere Jahre auf, um sie dann zu verscherbeln, wenn alles um einen herum zusammenbricht.«
    Matthias machte ein nachdenkliches Gesicht. »Ich habe keine Ahnung. Diese Briefe sind nirgendwo verzeichnet und werden in keinen Quellen genannt – daher könnten sie auch gefälscht sein. Allerdings sehr gut gefälscht, wenn das stimmt. Haralds Großvater erzählte nicht viel von seinen Erwerbungen. Die Initialen auf dem Futteral sind seine – Niklas Harald Guntlieb – sie verweisen also nicht auf einen vorherigen Eigentümer. Ich vermute, die Briefe wurden der Kirche irgendwann gestohlen.« Matthias fuhr die Snorrabraut entlang und setzte den Blinker, um die Spur zu wechseln. Sie wollten zur Bergstaðastræti, denn sie waren sich einig, dass der Computer dort am besten aufgehoben sein würde. Sie mussten also gleich rechts abbiegen, befanden sich aber auf der linken Spur. Matthias bekam keine Chance – die anderen Autofahrer schienen sich in den Kopf gesetzt zu haben, Dóras und Matthias’ Routenplan um jeden Preis zu durchkreuzen und sie über die Brücke nach Fossvogur zu zwingen. »Was habt ihr denn alle?«, brummelte Matthias in Richtung der anderen Autofahrer.
    »Wechseln Sie einfach die Spur«, sagte Dóra, die dieses Fahrverhalten kannte. »Denen ist ihr Auto wichtiger als unsere Fahrtrichtung.«
    Matthias gab Gas und entkam nur knapp einem wild hupenden Auto, vor dem er eingeschert hatte. »Ich werde mich nie daran gewöhnen, hier Auto zu fahren«, sagte er bestürzt.
    Dóra grinste nur. »Und was steht in den Briefen? Was ist mit der Frau passiert?«
    »Sie wurde gefoltert«, antwortete Matthias. »Auf grausame Weise.«
    »Ich nehme an, man kann nur auf grausame Weise gefoltert werden«, bemerkte Dóra, die eine genauere Beschreibung erwartet hatte. »Was hat man denn mit ihr gemacht?«
    »Der Verfasser des Briefes beschreibt verstümmelte Hände und einen Fuß,

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