Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das letzte Theorem

Das letzte Theorem

Titel: Das letzte Theorem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pohl Clarke
Vom Netzwerk:
proppenvolle Gepäckstücke herunterwarfen. Als Ranjit sich bückte und nach zwei Taschen griff, um beim Tragen zu helfen, hörte er, wie eine kindliche Stimme seinen Namen rief. Er blickte hoch und sah Dot Kanakaratnam und ihre Kinder die Treppe herunterkommen. Alle, sogar die kleine Betsy, schleppten einen Teil der Beute, und Tiffany, wie immer ein Quell der Information, beeilte sich, ihn ins Bild zu setzen. Vor knapp zwei Stunden hatte einer der Piraten in der Ferne etwas entdeckt, das wie die Lichter eines Schiffs aussah, das ihnen folgte. »Aber auf dem Radarschirm war nichts zu erkennen«, fuhr Tiffany aufgeregt fort. »Weißt du, was das heißt?«
    Ranjit wusste es zwar nicht, aber er konnte es sich zusammenreimen. »Ein Marineschiff mit Stealth-Tarnkappen-Technik?«
    »Genau! Wir werden von einem Zerstörer oder etwas Ähnlichem verfolgt! Das bedeutet, dass wir es nicht mehr bis Somalia
schaffen und dieses Schiff irgendwo hier auf Strand setzen müssen - vermutlich in Indien oder Pakistan, denke ich -, und dann bleibt uns gar keine andere Wahl, als im Dschungel unterzutauchen. Oben auf der Brücke haben sie das Funkgerät in Betrieb genommen und versuchen, eine der örtlichen Banden zu erreichen, damit die uns helfen.«
    »Und warum sollte eine Bande von einheimischen Ganoven uns helfen, wenn diese Typen uns einfach nur die Beute wegzunehmen brauchten?«, hielt Ranjit entgegen.
    Die Kinder versuchten nicht einmal, diese Frage zu beantworten, und Dot scheuchte sie ohne viel Federlesens weiter. »Schluss jetzt! Kommt, Kinder! Wir müssen das Zeug zum Ausgang schaffen!«
     
    Nachdem alles, was zu stehlen sich lohnte, zum Ausgang des B-Decks gebracht worden war, gab es für die Piraten nicht mehr viel zu tun. Die meisten lungerten auf einem der Außendecks herum, und wenn sie nicht mit sorgenvoller Miene den Horizont nach einer Spur ihres radarresistenten Verfolgers absuchten, forschten sie mit noch besorgterem Ausdruck nach einer Stelle, an der sie das Schiff auf Grund setzen konnten.
    Allerdings gab es außer Wasser nicht viel zu sehen. Falls sich irgendwo in ihrer Nähe ein anderes Schiff oder ein Streifen Land befanden, so entzog sich beides Ranjits Blicken. Gegen Mittag verließ ihn die Lust, Ausschau zu halten, und er begab sich nach unten, weil er Hunger bekam. Nach dem Essen zog er sich in seine Kabine zurück und warf sich erschöpft auf die Koje. Minuten später war er fest eingeschlafen …
    Und schreckte abermals aus tiefstem Schlummer hoch, als ein irrsinniges metallisches Quietschen und ein heftiger Ruck, gepaart mit wilden Schaukelbewegungen, die ihn um ein Haar auf den Boden warfen, verrieten, dass sie ihr Ziel erreicht hatten.
    Als das Schiff wieder zur Ruhe kam, hatte es eine Schräglage; es krängte um mindestens sechs Grad. Hastig blickte sich
Ranjit um, auf der Suche nach Sachen, die er mitnehmen konnte - aber er fand nichts -, dann hangelte er sich zur Ausstiegsluke, wobei er sich an die Reling klammern musste, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Fast die gesamte Beute hatte man bereits aus dem Schiff herausgeholt und planlos im seichten Wasser abgeladen, wo das Zeug von den Wellen umspült wurde. Auch die meisten Menschen - Piraten, Passagiere und die gefangen genommenen Besatzungsmitglieder - waren schon draußen; einige der Piraten schnauzten die Matrosen sowie die Passagiere an und befahlen ihnen in ruppigem Ton, die nassen Koffer und Taschen aufs Trockene zu schleppen.
    Ranjit blickte sich um, stellte fest, dass der Strand menschenleer war und ließ sich in das warme Wasser hinunter, das ihm bis zu den Waden reichte.
    Irgendwann einmal hatten Menschen an diesem Strand gewirkt und ihre unübersehbaren Spuren hinterlassen. Dies war einer dieser abgeschiedenen Strände im Indischen Ozean, an dem man früher zu geringen Kosten (und mit geringen Sicherheitsvorkehrungen) Schiffe abgewrackt hatte. Überall stank es nach Öl und Rost. Längs der Wasserlinie häuften sich Bruchstücke alter Schiffsrümpfe oder weggeworfenes Mobiliar - Stühle, Betten, Tische -, das zu alt und zu beschädigt war, um es noch weiterverscherbeln zu können.
    Was man nirgendwo sehen konnte, waren die Spuren der Männer, die so arm waren, dass sie aus lauter Verzweiflung die Jobs angenommen hatten, die sonst keiner haben wollte. Diese sogenannten »Eisenfresser« hatten die Schiffsrümpfe aufgeschnitten und die mechanischen Teile geborgen, die sich noch mit Profit verkaufen ließen. Nicht selten waren die

Weitere Kostenlose Bücher