Das letzte Theorem
müssen Dokumente unterschrieben werden.«
Das bereitete Ranjit Kopfzerbrechen. Er hatte keinen Anwalt. Doch als er mit Mevrouw Vorhulst über dieses Thema sprach, meinte sie, er brauche sich da keine Sorgen zu machen, denn nun würde sich ein Rechtsbeistand um seine Belange kümmern. Nicht irgendein x-beliebiger Anwalt, sondern ein gewisser Nigel De Saram, der in der Firma von Gaminis Vater als Partner fungierte.
Aber damit waren Ranjits Sorgen keineswegs vorbei. Ihn quälten schwere Gewissensbisse, weil er erst so spät vom Tod seines Vaters erfahren hatte. Und der Grund für dieses Versäumnis war, dass er sich nicht die Mühe gemacht hatte, sich nach dem Befinden seines Vaters zu erkundigen.
Er versuchte, sich einzureden, er hätte tausend andere Probleme im Kopf gehabt, so dass er es glatt verschwitzt hatte.
Aber einmal angenommen, es wäre umgekehrt gewesen - hätte sein Vater ihn vergessen?
Die Dienstboten nicht mitgerechnet, war Mevrouw Vorhulst während der ersten Tage die einzige Person, die Ranjit in seinem Zimmer aufsuchte. Schließlich protestierte er gegen diese Isolation. Er erklärte (und in dieser Hinsicht stimmten die Ärzte mit ihm überein), dass kein Besucher ihm auch nur annähernd so viel Stress bereiten würde wie kräftige, sadistische Gefängniswärter, die mit Knüppeln auf ihn eindroschen. Danach schottete man ihn nicht mehr so radikal ab. Am nächsten Morgen, als Ranjit gerade ein paar Trimm-dich-Geräte ausprobierte, betrat der Butler der Vorhulsts den Fitness-Raum, räusperte sich und verkündete: »Sie haben Besuch, Sir.«
Mit seinen Gedanken war Ranjit ganz woanders gewesen. »Sind irgendwelche Briefe für mich eingetroffen?«, fragte er zerstreut.
Der Butler seufzte. »Jedes an Sie gerichtete Schreiben wird Ihnen - wie gewünscht - unverzüglich überbracht. Und jetzt
möchte ein Dr. De Saram Sie sprechen. Darf ich ihn hereinbitten?«
Hastig schlüpfte Ranjit in einen Morgenmantel aus dem unerschöpflichen Vorrat an legerer Freizeitkleidung, den die Vorhulsts für ihre Gäste bereithielten. Rechtsanwalt De Saram machte einen tüchtigen Eindruck. Ranjit schätzte ihn auf Mitte fünfzig bis Anfang sechzig, und ganz offensichtlich verstand er etwas von seinem Fach. Jedenfalls war er bestens vorbereitet. Ranjit brauchte ihm nichts mehr von dem Nachlass seines Vaters zu erzählen. Obwohl er erst seit knapp achtundvierzig Stunden mit dem Fall betraut war, hatte er bereits Ranjits Erbanspruch mit dem zuständigen Gericht in Trincomalee geklärt und sich einen recht genauen Überblick über den Umfang des zu erwartenden Erbes verschafft. »Nicht ganz zwanzig Millionen Rupien, Mr. Subramanian«, eröffnete er ihm, »aber viel geringer ist die Summe auch nicht. Bei dem gegenwärtigen Umtauschkurs beläuft sich der Betrag auf ungefähr zehntausend US-Dollar. Außerdem gehören Ihnen zwei Immobilien - das Haus Ihres Vaters und ein kleineres Haus, das derzeit leersteht.«
»Ich kenne das Haus«, warf Ranjit ein. »Muss ich irgendetwas unternehmen?«
»Im Augenblick noch nicht«, entgegnete De Saram, »obwohl Sie sich über ein ganz bestimmtes Thema schon einmal Gedanken machen sollten. Dr. Bandara hätte sich gern selbst darum gekümmert, aber wie Sie wissen, ist er in ein paar Angelegenheiten der UNO involviert, die der höchsten Geheimhaltungsstufe unterliegen.«
»Das ist mir bekannt, auch wenn ich über die Einzelheiten nicht im Bilde bin«, gab Ranjit zu.
»Ich verstehe. Nun, unter normalen Umständen könnten Sie eine Schadenersatzklage gegen die Leute anstrengen, die … äh … Sie so lange daran gehindert haben, nach Hause zurückzukehren, aber …«
»Ich weiß, was Sie sagen wollen«, fiel Ranjit ihm ins Wort. »Wir dürfen über diese Leute nicht sprechen.«
»Exakt!« De Saram klang erleichtert. »Wie auch immer, da gäbe es einen anderen Weg, den Sie beschreiten könnten. Es steht Ihnen frei, die Schifffahrtslinie zu verklagen, mit der Begründung, die Übernahme des Kreuzfahrtschiffes durch die Piraten hätte verhindert werden müssen. Die zu erwartende Summe fiele allerdings wesentlich geringer aus, als wenn Sie Klage gegen diesen … äh … anderen Personenkreis erhöben. Denn erstens lässt sich schuldhaftes Verhalten viel schwerer nachweisen, und zum anderen ist die Schifffahrtslinie nicht so solvent …«
»Moment mal!«, fiel Ranjit ihm ins Wort. »Das Schiff, auf dem ich mich zufällig befand, weil ich zu blöd war, um bestimmte Dinge zu durchschauen,
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