Das letzte Treffen
Friend.«
»Unser gemeinsamer
Freund. Natürlich. Aber dieser Satz, dieses Gerücht, dass du das
Gerede beendet hast: Ist damit gemeint, du hättest Donald ermordet?«
»Was sonst?«
»Wer da drüben
meint das?«
»Wer in Amerika was
meint, ist momentan nicht so wichtig, aber du musst trotzdem aufpassen, ob
Ken mir weitere E-Mails schickt.«
»In Ordnung.«
Andri Olafur starrt mich an.
»Ich habe seit unserem
letzten Treffen viel gegrübelt«, sagt er nach einigem
Schweigen.
»Gut.«
»Du hast die Möglichkeit
erwähnt, die Misshandlung der Leiche und damit der Mord selbst könnten
mit Ereignissen zu tun haben, die in der Zeit geschehen sind, als Donald
seinen Wehrdienst auf Island absolviert hat. Das hat mich dazu gebracht,
an längst vergangene Zeiten zurückzudenken.«
»Als der kleine Kalli
verschwand?«
»Ich erinnere mich
nicht an den Jungen selbst, aber an den Aufruhr, als er ins Meer fiel«,
antwortet Andri Ólafur. »Ich habe selbst an der Suche
teilgenommen, der ganze Ort war an dem Tag unterwegs.«
»Hältst du es für
wahrscheinlich, dass Donald Kalli missbraucht hat?«
»Ich hatte immer den
Verdacht, Donald könnte kleine Jungs begehren, aber zu der Zeit habe
ich darüber leider nicht weiter nachgedacht, ich selber habe nie
gesehen, dass er Kinder missbraucht hat.«
»Aber es wäre möglich
gewesen?«
»Da sich solche Vorfälle
hauptsächlich hinter verschlossenen Türen abspielen, kann ich
natürlich nichts ausschließen.«
Andri Ólafur steht
auf.
»Ist das Leben
ansonsten nicht wirklich unglaublich?«, fragt er breit grinsend.
»Inwiefern?«
»Ich werde gezwungen,
Tag für Tag auf der faulen Haut zu liegen, Shakespeare zu lesen und
an alte Zeiten zu denken, an die ich mich gar nicht erinnern will.«
»Warum nicht?«
»Weil mich das Erinnern
an die Vergangenheit schonungslos darauf hinweist, wie lange es schon her
ist, dass ich jung war.«
»Aha.«
»Stattdessen sollte ich
in die Welt hinausgehen und etwas Sinnvolles unternehmen.«
»Etwas Sinnvolles?«,
wiederhole ich. »Ist Waffenschieberei etwas Sinnvolles?«
»Worum geht es in der
Menschheitsgeschichte?«, fragt er zurück.
»Dich juckt es ja förmlich,
es mir zu sagen.«
»W hoch vier.«
»Was meinst du damit?«
»Weltruhm, Waffen, Weib
und Wein.«
Dritte Woche
_______________
22. KAPITEL
Montag
Die Goldjungs schaffen es
nicht, die Dateien meines Klienten zu öffnen. Auf ihrer Suche nach
einem möglichen finanziellen Motiv des Mordes an Donald Garber.
Alle Files im Laptop, den sie
bei der Hausdurchsuchung bei Andri Ólafur Sveinsson einkassiert
haben, sind anständig codiert. Den Computerspezialisten bei der Kripo
gelingt es nicht, das Passwort zu finden. Sie glauben allerdings auch,
dass es hoffnungslos ist. Es sei denn, sie bekommen Hilfe von ihren
Kollegen in den USA.
Sie haben es ebenfalls nicht
geschafft, Informationen über die Buchhaltung von Andri Ólafurs
Firmen in Luxemburg zu erhalten. Zumal es ihnen unmöglich war, den
dortigen Behörden glaubhaft zu machen, Andri Ólafurs Firmenführung
habe etwas mit dem Mord auf der Midnesheidi zu tun.
Daher sind die Goldjungs erst
einmal schachmatt. Die Lieben. Und versuchen in ihrer Verzweiflung die
sanfte Tour. Das ist noch nie passiert.
Raggi kam heute Morgen in
mein Büro. Mit einem Bettelstab in der Hand.
»Wann soll das Baby
kommen?«, fragte er. Und setzte sich in einen der neuen Lederstühle.
»Ende Mai.«
Aber höflicher Smalltalk
gehört nicht zu den starken Seiten des fetten Goldjungen.
Deshalb kam er auch direkt zur Sache. Er wollte, dass ich Druck auf Andri
Ólafur ausübe. Meinen Klienten dazu bewege, den Goldjungs
Zugang zu den Dateien zu gestatten.
»Was bekommt er im
Gegenzug?«
»Verdächtige, die
sich bei einer Ermittlung von schwerwiegenden Verbrechen kooperativ
zeigen, werden oft mit geringerer Strafe belohnt«, antwortete Raggi.
»Das ist aber nicht
immer so.«
»Das ist aber die
Regel.«
»Andri Ólafur hält
an seiner Unschuld fest. Er erwartet, von jeglichem Verdacht befreit zu
werden. Er sieht sich also nicht in einer Lage, in der er mit euch über
etwas verhandeln müsste.«
»Du weißt es doch
besser.«
»Ich kann nur gute
Ratschläge geben. Die Entscheidung liegt beim Klienten.«
»Unschuldige
verheimlichen keine Informationen, die für eine Ermittlung wichtig
sein können.«
»Apropos
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