Das letzte Treffen
Genuss meines göttlichen Feuerwassers aus Tennessee zu warten, bis
mein Baby zur Welt gekommen ist.
Nach der Geburt kann ich dann
wieder ein ausgelassenes Date mit meinem alten, liebsten Freund
verabreden.
Oder der liebsten Freundin.
Ich schließe die Augen.
Denke zurück an das letzte Silvester. Als Ludmilla und ich das neue
Jahr überschwänglich empfangen haben. Wie liebeshungrige
Jugendliche.
Seitdem haben wir uns mit
Mitteilungen begnügt. SMS. Und E-Mails.
Bevor Ludmilla im Januar nach
Hause nach Riga fuhr, hat sie versprochen, gegen Mitte Mai
wieder nach Island zu kommen. Um bei der Geburt dabei zu sein.
Ich möchte niemand
anderen zu meiner Unterstützung dabei haben. Wenn die Zeit gekommen
ist.
Meine junge Samenspritze hat
immer noch keine Ahnung von seinem Erfolg, den er in der kleinen Kirche im
Osten erzielt hat. So soll es auch weiterhin bleiben. Das ist mein Kind.
So gut wie eingeboren. Es braucht keinen verdammten Vater.
3. KAPITEL
Na endlich!
Baldvin geht gegen neun Uhr
zu guter Letzt an sein Handy. Nach endlosem Klingelnlassen.
»Wo ist Sigurjóna?«,
fragt er frech, als ich ihm erklärt habe, worum es geht.
»Bist du zu Hause?«
»Was geht dich das an?«
»Sigurjóna
braucht ihre Handtasche und saubere Kleidung für sich und die Kinder.
Sie hat mich gebeten, die Sachen zu holen.«
»Wo ist sie?«
»Ich beantworte solche
Fragen nicht. Bist du zu Hause, wenn ich jetzt losfahre?«
»Ja, ja, komm halt«,
antwortet er mürrisch.
Ich muss mich auf dem Weg ins
Erdgeschoss am Geländer festhalten. Wie eine abgewrackte Omi. Grrr!
Als ich auf der Kringlumýrarbraut
in südlicher Richtung fahre, gehe ich innerlich noch einmal durch,
was Sigurjóna mir über ihre Ehe berichtet hat, die Baldvin am
Wochenende im wahrsten Sinn des Wortes zerschlagen hat.
Sie sind sich vor acht Jahren
beim Ausgehen in der Innenstadt begegnet. Damit war ihr Schicksal
besiegelt. Liebe auf den ersten Blick und so.
Drei Monate später
heirateten sie. Zogen nach Gardabaer. In ein Reihenhaus, das seine
steinreichen Eltern ihnen zur Hochzeit geschenkt haben.
Baldvin ist sechs Jahre
älter als Sigurjöna. Neununddreißig. Hat im öffentlichen
Dienst gearbeitet, seit er sein Wirtschaftsstudium an der Háskóli
Islands beendet hat. In den letzten Jahren hat er die Gewerbeaufsicht
geleitet.
Wenn ich mich richtig
erinnere, gab es einen riesigen Aufschrei, als er die Stelle bekam. Es
handelte sich eindeutig um eine politische Rekrutierung, keine fachliche.
Könnte gut sein, dass ein anderer Bewerber Schadensersatz vom Staat
bekommen hat, nachdem der Ombudsmann den Minister, der Baldvin die Stelle
zugeschanzt hatte, vor dem ganzen Parlament scharf kritisiert hatte.
Er öffnet mir die Tür.
Sigurjónas Mann sieht
sehr nordisch aus. Hat blonde Haare und blaue Augen. War vor einigen
Jahren mit Sicherheit ein sexy Kerl. Bevor er fleißig zugenommen
hat.
Ein genießerischer,
Anzug tragender, großer Junge, der mit einem Silberlöffel im
Mund geboren wurde und Speis und Trank zu schätzen weiß. Und
gerne mal seine Frau schlägt.
»Wo ist Sigurjöna?«,
fragt er umgehend.
»Möchtest du mich
nicht hereinbitten?«, frage ich zurück.
Er schließt die Tür
hinter uns. Geht vor mir her ins Wohnzimmer, wo ein anderer Glücksritter
in einem tiefen Sessel sitzt.
Ich gucke mich schnell mal
um.
Das Wohnzimmer sieht nach
reichen Leuten aus. Dunkelbraunes Ledersofa. Chesterfield. Ein großer,
massiver Esszimmertisch. Acht Stühle stehen darum. Alle mit
lederbezogenen Polstern.
An der Wand befinden sich
Schränke und Regale im gleichen, schwerfälligen Stil. Und
Schmierereien von bekannten isländischen Malern. Toten Typen.
Echt oder gefälscht?
Wer weiß.
Hier riecht jedenfalls alles
nach Geld.
Ich setze mich auf das harte
Ledersofa. Konzentriere mich auf den zweiten Knaben mir gegenüber,
der auch aussieht, als würde er im öffentlichen Dienst arbeiten.
Baldvin und er scheinen ungefähr
gleichaltrig zu sein. Aber er ist ein völlig anderer Typ.
Dunkelhaarig. Klein. Und mit einem ziemlich hässlichen Gesicht.
Seine Mundpartie sieht fast
rattenähnlich aus.
»Wer bist du?«,
frage ich.
»Páll ist ein
alter Freund und Mitarbeiter«, antwortet Baldvin und setzt sich an
das andere Ende des Sofas.
Das Rattengesicht beugt sich
vor. Spießt mich fast mit seinem Blick auf.
»Wo hast du
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