Das letzte Vermächtnis der Templer (German Edition)
dickköpfiger als ihr Vater. Dessen war sich Tobias Wulff sicher.
Mitternacht. Dicke Wolken zogen über das Rheintal bei Braubach hinweg. Kalt fegte der Wind über die Höhen.
Sophia und Hauser hatten am Ortsausgang geparkt und dann den Hang im Südosten der Burg erklommen. In diesem Bereich waren die Mauern nicht besonders hoch. Zudem schützte sie der Wald vor Entdeckung. Es war ein schwieriger Aufstieg. Beide trugen Rucksäcke, Sophia keuchte unter der Last. Genauso anstrengend war es, die Mauern zu überwinden. Hauser hatte Strickleitern, Haken und Seile besorgt. Eine solche Kletterpartie gehörte nicht gerade zu Sophias alltäglichen Einsätzen. Hauser wirkte dagegen sehr routiniert. Er half Sophia, wo er konnte.
Schließlich hatten sie die Ringmauer am Fuß des Kapellenturms erreicht.
Mittlerweile klebte Sophias Kleidung an ihrem Körper. Schweiß lief über ihr Gesicht. Sie hatte Mühe, ihn abzuwischen, denn sie trug – wie Hauser – eine schwarze Sturmhaube und dazu eine Spezialbrille mit Restlichtverstärker. Taschenlampen benutzten sie nicht.
Sie standen nun in dem äußersten Bereich, den die Touristen tagsüber von den Batteriestellungen ausgehend am Kräutergarten entlang zum Burghof nahmen.
Sophia schaute auf die Mauern hinunter. Major Steiner hatte noch einmal angerufen. Seine Vorgesetzten schien Lisas Theorie nicht überzeugt zu haben, denn er hatte keine Freigabe für die GSG 9 bekommen. Die Spezialeinheit blieb im Kloster Eberbach. So war Sophia auf sich allein gestellt und konnte nur hoffen, dass weder Tyr noch Wodan von ihrem Vorhaben erfuhren.
„Die Strickleitern lassen wir hier“, hörte sie Hauser sagen. „Wir nehmen nur die Rucksäcke und Seile mit.“ Rasch schulterte er den Sack mit dem Grabungswerkzeug und sah Sophia an. „Alles in Ordnung?“
„Ja, alles okay.“ Sie war ziemlich außer Atem, als sie die Seile aufnahm. Hauser wusste nichts von ihrem Kontakt zu Steiner. Auch wollte sie sich keine Blöße geben. Sie war zwar durchtrainiert, dennoch hatte die Kletterei sie über die Maßen beansprucht.
„Dann weiter“, forderte Hauser.
Geduckt schlichen sie den sandigen Pfad an der Mauer entlang, vorbei am Romanischen Palas, bis sie durch das Eiserne Tor in die Kernburg gelangten. Auch hier war es stockfinster. Aufmerksam sah sich Sophia um, ob sie nicht doch irgendwo ein Licht erkennen konnte – eine Taschenlampe oder Leuchte. Es war unwahrscheinlich, aber nicht auszuschließen, dass die Archäologen noch bei der Arbeit waren. Stimmen oder verdächtige Geräusche hörte sie nicht.
Sie gab Hauser einen Stups und betrat den Gotischen Saalbau. In der Dunkelheit wirkte die Hallenküche gespenstig, mit ihrem erloschenen Kamin, den Tischen und dem Essgeschirr. Ein Ort aus einer anderen Zeit. Welches Leben mochte diesen Raum erfüllt haben, damals, als die Grafen von Katzenelnbogen hier residiert hatten? Sie hatten die Burg 1283 von den Herren von Eppstein übernommen und die gesamte Anlage erweitert. Ob sie etwas von dem Geheimnis des Erzbischofs gewusst hatten? Es war nicht auszuschließen, dass die Kammer, Krypta oder was immer unter ihren Füßen lag, von den Grafen entdeckt und geplündert worden war. Dann hätte Lisa mit ihrer Theorie zwar Recht gehabt, aber die Suche nach dem Artefakt würde aufs Neue beginnen. An solch einen Fehlschlag mochte Sophia gar nicht denken. Entschlossen fegte sie die negativen Gedanken beiseite und durchquerte den Raum. Ihren Blick richtete sie auf die hintere Stiege. Hauser folgte dicht auf.
„Wirkt verlassen“, flüsterte sie, als sie schließlich am oberen Absatz der Treppe stand.
„Da ist niemand mehr“, bestätigte er.
Sophia blieb wachsam und stieg die Stufen hinunter. Die Anspannung war fast unerträglich. Vor neun Stunden war sie mit den Zwillingen hier gewesen. Am Fuß der Stiege angekommen, öffnete sie vorsichtig die unverschlossene Holztür. Der Raum dahinter war dunkel. Für einen Augenblick fühlte Sophia Erleichterung, doch der anstrengendste Teil stand ihnen noch bevor – die Erforschung des Felskorridors. Bis Sonnenaufgang mussten sie die Nachforschungen beendet haben, um wieder unbemerkt verschwinden zu können.
Sophia setzte ihre Brille ab und schaltete eine Taschenlampe ein. Hauser ging zu dem Stativscheinwerfer, betätigte einen Schalter. Gleißendes Licht füllte die Kammer.
„So ist es besser“, kommentierte er zufrieden.
Sophia ließ sich nicht aufhalten. Hastig kletterte sie in die mannshohe Grube
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