Das letzte Vermächtnis der Templer (German Edition)
Behutsam nahm sie den ersten Gegenstand heraus: das Schwert. Begeistert strich sie über die Scheide, die reich mit Ornamenten verziert war. Der Griff war mit Edelsteinen besetzt; welch filigrane Arbeit. Die Waffe war über 800 Jahre alt. Die Zwillinge untersuchten währenddessen die goldenen Medaillons, die Wappen und Symbole aufzeigten. Niemand sprach ein Wort.
Zu ihrer Überraschung entdeckte Sophia mehrere Tagebücher in der Kiste. Mit zitternden Fingern nahm sie ein Buch heraus und schlug die ersten Seiten auf. Die Einträge waren mit Tinte geschrieben, die an manchen Stellen bereits verblasste. Der Text ließ sich nur schwer lesen. Der älteste Eintrag stammte aus dem Jahr 1947 und beschrieb, wie ihr Ur-Großvater in Rennes-le-Château von dem Rittergrab erfahren hatte. Augenblicklich verstand Sophia, was für eine Entdeckung sie gemacht hatte. Bislang hatte niemand diese Tagebücher erwähnt – weder Tassone noch Steiner. Hatte ihre Familie zumindest dieses Geheimnis hüten können? Fanden sich in den Büchern Antworten auf all die offenen Fragen? Dazu gab es noch mehrere Fotos. Bewegt betrachtete Sophia sie, während die Zwillinge ihr über die Schulter schauten. Die Aufnahmen zeigten das Rittergrab mit dem Sarkophag und den Schatztruhen. Die Fotos mussten vom Beginn des 20. Jahrhunderts stammen.
Sie schaute die Mädchen an. „Meine Vorfahren waren dem Artefakt auf der Spur. Und in diesen Büchern steht, wie wir es finden.“
„Dann sollten wir direkt anfangen zu lesen“, entgegnete Anna.
„Das ist der Grund, warum ich euch mitgenommen habe … trotz aller Gefahr. Ihr seid nun einmal die Besten in Geschichte … jetzt könnt ihr euch beweisen.“
„Wir nehmen die ganze Kiste mit ins Haus“, erwiderte Lisa ungerührt.
„Machen wir uns gleich an die Arbeit“, ergänzte Anna. „Wir teilen die Bücher auf, viel Zeit haben wir nicht.“
Der Meinung war auch Sophia. Während die Zwillinge die Kiste hochhoben, griff sie sich das dritte Tagebuch – das ihres Vaters. Sie musste wissen, was wirklich geschehen war.
Kloster Eberbach.
Missmutig stapfte Tyr den aufgeweichten Pfad entlang, der sich an der Basilika entlang zum Kassengebäude schlängelte. Seine Männer hatten sich als unfähig erwiesen, seine Aufträge auszuführen. Noch immer lebten Viktoria Wulff und Bianca Mertens. Die Spuren der Frauen hatten sich irgendwo im Rheingau verloren. Diese Inkompetenz erhöhte das Risiko seiner Unternehmungen.
Tyr war auf den Erfolg angewiesen. Er brauchte das Artefakt, um der Loge die unumschränkte Macht zu geben, die er ihr versprochen hatte. Sein Leben hing davon ab – ein Versagen würde Wodan niemals tolerieren. Noch war die Situation beherrschbar, aber sie erforderte sein persönliches Eingreifen. Tyr nahm die Angelegenheit jetzt selbst in die Hand, erhöhte damit auch den Druck auf den Historiker, der ihm noch für heute den entscheidenden Durchbruch versichert hatte.
Mit zwei Bodyguards schloss er sich unauffällig den Touristen an und erreichte schließlich den Kreuzgarten. Seit jeher faszinierte ihn die Historie, vor allem die Kunstgegenstände. Auf dem Schwarzmarkt ließen sich immense Summen mit Antiquitäten aus der Antike erzielen. Vermögende Sammler gierten danach. Dass diese Schmuckstücke dann in privaten Tresoren verschwanden, statt in Museen der Öffentlichkeit präsentiert zu werden, störte Tyr nicht – es ging ihm nur ums Geschäft.
Nachdem er sich ein wenig im Kreuzgang umgesehen hatte, schlenderte er betont lässig an den aufgestellten Grabplatten vorbei zur Klostergasse, um zum westlichen Zugang der Basilika zu gelangen.
Seit Tagen konzentrierte der Historiker seine Untersuchungen auf die Kirche. Sie gehörte mit zu den ältesten Bestandteilen des Klosters und war der Ort, der direkt mit dem heiligen Bernhard in Verbindung stand. In den Schriften, die in Clairvaux gefunden worden waren und die Tyrs Männer vor vier Jahren aus dem Louvre geraubt hatten, war von einer Treppe die Rede, die zu einer Gruft oder Krypta hinunterführte und den Zugang zum Versteck des Artefakts darstellte. Die Interpretation der verschlüsselten Texte wies auf den Ostchor. Bislang hatte der Historiker dort keine baulichen Auffälligkeiten entdecken können. Daher wandte er seit heute Morgen seismische und gravimetrische Messungen an, die den Untergrund analysieren helfen sollten.
Tyr betrat die Basilika mit ihren drei Schiffen, ein romanischer Bau mit massiven Säulen. Der Fußboden war mit
Weitere Kostenlose Bücher