Das letzte Vermächtnis der Templer (German Edition)
sinken. War ihre Hoffnung vergebens gewesen?
„Es sind bestimmt unsichtbare Zeichen“, sagte Anna.
„Meinst du wirklich?“, fragte ihre Schwester.
„Es gab mal einen Film im Kino“, erwiderte sie, „mit der Unabhängigkeitserklärung. Die Schatzkarte auf der Rückseite war auch unsichtbar.“
Sophia hatte von Geheimtinte gehört. Um sie lesen zu können, benötigte man ein Reagenz. Bei dem Gedanken daran lachte sie kurz auf, denn es erschien ihr albern. Aber es war einen Versuch wert. „Okay, was brauchen wir?“
„Zitronensaft und einen Fön“, antwortete Anna eifrig.
Zehn Minuten später hatten sie alles beisammen. Vorsichtig strich Sophia mit einem Wattestäbchen, das sie mit Zitronensaft getränkt hatte, über die Rückseite des Briefes. Anna lieferte mit dem Fön die nötige Wärme.
„Das ist wirklich unglaublich“, jubelte Sophia. „Es funktioniert.“
Mehr und mehr offenbarten sich Linien und Symbole, der Grundrissplan eines Gebäudes.
„Nicht schlecht“, bemerkte Lisa anerkennend.
Sophia hatte einen Hinweis ihres Vaters erhalten. Sie war auf der richtigen Spur! Dann betrachtete sie die Skizze. Aufmerksam drehte sie das Blatt in verschiedene Richtungen. Ohne Zweifel - es war der Plan ihres Grundstückes: das Haus, die Garage, der Garten. Das Templerkreuz markierte das Versteck. „Die Laube“, stieß Sophia mit klopfendem Herzen aus.
Ihr Vater war seinem Schatz immer nah geblieben. Sie hätte eher auf ein Bankschließfach getippt.
„Jetzt brauchen wir Hacke und Spaten.“
Sie steckte den Brief ein und lief mit den Mädchen in den Garten. Im Geräteschuppen fanden sie die Werkzeuge. Zitternd vor Aufregung öffnete Sophia das kleine Vorhängeschloss und zog die Tür der Laube auf. Kalte, muffige Luft strömte ihnen entgegen. Der Teppichboden war feucht, genau wie die Holzvertäfelung. Ein schwerer Eichentisch mit vier Stühlen stand in der Mitte, dazu zwei Kommoden und eine Vitrine an den Wänden.
„Und wo fangen wir an?“, fragte Lisa unschlüssig.
Sophia schaltete die Deckenlampe ein und schaute noch einmal auf die Karte. „Schwer zu sagen. Irgendwo hier drin.“
„Das ist ja eine tolle Schatzkarte“, stichelte Anna. „Müssen wir jetzt den ganzen Boden umgraben?“
„Das war doch deine Idee“, tadelte ihre Schwester.
„Die Idee war gut. Aber …“
„Streitet euch nicht“, besänftigte Sophia die beiden und deutete nach rechts. „Wir fangen in dieser Ecke an.“
„Warum nicht in der hintersten Ecke?“, widersprach Anna.
„Ich kenne meinen Vater … er würde es nicht so offensichtlich machen.“
„Na, wer’s glaubt.“
Sophia schaltete ihre Taschenlampe ein und musterte die gewählte Ecke. Der Teppichrand war mit Leisten abgeschlossen. Alles wirkte schon sehr alt.
„Und?“, fragte Anna gespannt. „Ich will mir nicht umsonst meine Fingernägel ruinieren.“
Sophia gab ihr keine Antwort. Mit einem Brecheisen löste sie die Teppichleisten. Das Holz splitterte. „Kommt, packt mit an.“
Gemeinsam zogen sie den Teppich zurück, der zum Glück nicht festgeklebt war. Darunter zeigten sich Holzbohlen in zwei verschiedenen Farbtönen.
„Ich hatte Recht“, frohlockte Sophia. „Diese Stelle ist eindeutig ausgebessert worden.“
„Dann los“, forderte Anna.
Sophia nahm die Spitzhacke und versuchte, die Holzbretter zu lösen. Mehrmals rutschte sie ab, bevor sie den richtigen Ansatz fand. Die Zwillinge unterstützten sie nach Kräften. Gemeinsam brachen sie den Boden auf, das Holz krachte und knackste. Dann zeigte sich Sand. Sofort setzte Anna den Spaten an und begann zu graben. Sophia nahm die zweite Schaufel und schippte Sand und Erdreich beiseite.
Der Haufen wurde immer größer. Die Frauen gerieten ins Schwitzen.
Bis Anna mit ihrem Spaten auf einen Widerstand stieß. Sie holte noch einmal aus. Es klang hohl. Atemlos sah sie auf. Sophia bückte sich, grub mit den Händen weiter. Ihr Herz raste vor Erwartung. Hektisch fegten ihre Finger die Erde weg, strichen über Holzleisten. Es war tatsächlich eine Kiste. Sophia konnte es kaum glauben.
„Packt mit an“, rief sie ungeduldig.
Mit vereinten Kräften schafften sie es schließlich, die Kiste herauszuziehen. Aufgewühlt knieten die drei Frauen davor und hätten vor Freude beinahe losgelacht. Vorsichtig öffnete Sophia den Deckel. Ihr Herz klopfte bis zum Hals. Die Gewissheit, das Ende der Suche erreicht zu haben, nahm ihr fast den Atem. Es waren tatsächlich die Grabbeigaben des Tempelritters.
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