Das Leuchten der Insel
Jim und Mel. Sie hatte seit über zehn Jahren nicht mehr in einem Büro gearbeitet, aber sie erledigte zu Hause sämtliche neben dem Haushalt anfallenden Arbeiten, von der Geldverwaltung über die Reparatur der Pumpe bis hin zur Impfung der Ziegen.
»Um mich muss sich niemand kümmern«, entgegnete sie. »Vielmehr kümmere ich mich um alle anderen. So ist es nämlich.«
»Nun, ich will nicht, dass man sich um mich kümmert«, meinte Barfuß. »Vielleicht bist nun mal du an der Reihe.«
Und in diesem Moment gab etwas in ihr nach, all die Nüchternheit und Selbstkontrolle, die es ihr ermöglicht hatten, ihre Ehe mit Bill fortzuführen, Jim großzuziehen und die Farm allein zu betreiben. Sie stellte ihre Teetasse auf den Tisch neben dem Bett und sah Barfuß an.
»Schon seit langer Zeit hat sich niemand mehr um mich gekümmert«, sagte Betty.
Er zuckte mit den Schultern.
Ohne weiter nachzudenken, glitt sie zur Bettkante, beugte sich vor, legte ihren Kopf an seinen und schloss die Augen. »Danke«, sagte sie. Und diesmal war sie es, die ihn mit den Lippen berührte, zunächst sanft, dann drängender, bis er sich zu ihr auf das Bett schob. Zunächst fühlten sich seine Lippen und Hände, sein ganzer Körper fremd an – Bill war der einzige Mann, den sie bisher je geküsst hatte –, aber Barfuß berührte sie so sanft, und sein Interesse an ihr war so klar und direkt, dass sie sich entspannte und ihren Körper reagieren ließ, wie schon seit Jahren nicht mehr. Er sprach zu ihr, während er sich in ihr bewegte, und sah ihr unverwandt in die Augen und sagte ihr, wie schön sie sei, bis seine Worte und der gemeinsame Rhythmus ihrer Körper in ihr explodierten.
So wurde Betty, die keine Betrügerin war, zu einer. Und Barfuß, der kein Monogamist war, wurde zu einem.
18. Kapitel
Susannah 2011
S usannah war betrunken. Zumindest fühlte sie sich so, obwohl sie nicht mehr als ein oder zwei Gläser des von Barfuß hergestellten Brombeerweins getrunken hatte. Der selbst gemachte Wein war offenbar stärker, als sie gedacht hatte. Sie musste etwas essen. Seit dem Mittagessen hatte sie außer einem Törtchen nichts mehr zu sich genommen, und jetzt hatte sie einen Mordshunger . Und genau in dem Augenblick, in dem sie überlegte, ob sie aufstehen und nach einem Stück Brot suchen sollte, trug Jim eine riesige Platte herein und stellte sie, nachdem er ein dickes Geschirrtuch untergelegt hatte, auf den Tisch. Dann trat er zurück.
»Voilà«, sagte er. »Meine Paella.«
»Ja!«, rief Baker und machte mit der Faust eine Pumpbewegung in die Luft.
Die alten Kiefernholzwände des Waschsalons leuchteten im sanften Licht des Kamins und des Holzofens. Jim hatte angeboten, ein Essen für die Delaneys zu kochen, um Susannah auf diese Weise für die Plakate zu danken. Betty hatte den Waschsalon mit seinem großen Versammlungsraum und dem langen Tisch als perfekten Ort dafür vorgeschlagen.
»Was ist da drin?«, fragte Quinn und beäugte das Essen auf der Platte misstrauisch.
»Huhn«, erklärte Jim, »Shrimps, Tintenfisch, Venusmuscheln, Miesmuscheln, Schinken. Und dank Barfuß viele Kräuter.«
Barfuß war ebenfalls anwesend. Er hatte Jim und den Kindern im Herbst geholfen, beim Schulgebäude einen Garten anzulegen.
»Riecht mal«, sagte Betty, schloss die Augen und sog den von der Platte ausströmenden Dampf ein. »Unglaublich.«
Susannah wurde bei dem Gedanken, Tintenfisch zu essen, ein wenig übel. Das Problem beim Tintenfisch war das Kauen, weil man dabei so viel Zeit hatte, daran zu denken, auf was man da herumkaute. Irgendetwas an der Vorstellung, Tintenfisch zu kauen, kam ihr komisch vor, und sie kicherte.
»Ist irgendetwas an der Paella lustig?«, fragte Jim lächelnd.
Susannah schüttelte den Kopf: »Nein, nein. Sie sieht toll aus.« Sie sah zur Paella hin und dachte an all die Miesmuscheln und Venusmuscheln und Shrimps, von den Tintenfischen gar nicht zu reden. »Ist da auch SpongeBob SquarePants drin?«, fragte sie und fand das so witzig, dass nicht aufhören konnte zu lachen. Sie lachte so heftig, dass ihr die Augen tränten und sie gegen Betty kippte, die neben ihr saß. »Entschuldigung«, sagte Susannah und wischte sich die Augen trocken. »Ich weiß nicht, was mit mir los ist. Ich habe wohl zu viel Wein getrunken.«
»O mein Gott«, stöhnte Katie.
Susannah richtete sich auf und trank einen Schluck Wasser. »Ich kann es nicht erwarten, davon zu kosten«, sagte sie und füllte sich eine große Portion auf ihren
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