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Das Leuchten der Insel

Das Leuchten der Insel

Titel: Das Leuchten der Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen McCleary
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warmen Feuer sitzen und Toby streicheln konnte. »Sie haben ja keine Ahnung. Sie macht sich über alles Sorgen. Wenn ich Fieber habe, denkt sie, ich hätte Leukämie. Wenn ich eine halbe Stunde zu spät komme, denkt sie, ich wäre von einem Auto überfahren worden.«
    »Sie hat eine sehr lebhafte Fantasie«, meinte Betty.
    Katie verdrehte die Augen. »Genau. Aber es gibt mir das Gefühl …« – sie suchte nach dem richtigen Wort – »… Ich weiß auch nicht, es verunsichert mich nur noch mehr. Als wenn alles gefährlich wäre oder gefährlich sein könnte. Ich hasse das.«
    Betty nickte: »Das verstehe ich.«
    Katie schwieg ein paar Minuten, während sie gedankenverloren mit einer Hand Tobys Ohr streichelte. »Bei Zach, diesem Jungen, mit dem ich ausgegangen bin und den meine Mom hasst, war das umgekehrt: Er hatte vor gar nichts Angst und machte sich nie um etwas Sorgen. Darum habe ich mir auch keine Sorgen gemacht, wenn ich mit ihm herumgehangen hab’.«
    »Du magst es bloß nicht, dass du dir im Grunde genau wie deine Mutter Sorgen machst«, sagte Barfuß. Er kam mit einem dampfenden Becher in der einen und einem Teller voll Kekse in der anderen Hand aus der Küche und brachte Katie den Becher. Den Teller stellte er auf den Medizinkoffer neben Bettys Weinglas. »Schokoladenchips aus Hafermehl«, sagte er. »Nichts sonst, kein Marihuana.« Er sah Katie finster an, aber sein Ärger hatte die Schärfe verloren.
    »Ich bin nicht wie meine Mom!«, widersprach Katie.
    »Doch, das bist du«, insistierte Barfuß und setzte sich in seinen Sessel. »Ob du dir das nun eingestehen willst oder nicht. Glaub mir, erst als ich zu akzeptieren lernte, wie ähnlich ich meiner Mutter war, begann ich, mich wohler zu fühlen. Vermutlich wirst auch du dies eines Tages feststellen. Unsere Mütter haben den größten Einfluss darauf, dass wir werden, wer wir sind. Solange du deine Mutter mit Widerwillen betrachtest, wirst du nicht in der Lage sein, dich selbst mit Wohlwollen und mit jener Freundlichkeit und Selbstannahme zu betrachten, die für dein Glück wesentlich sind. Versetz dich doch mal in die Lage deiner Mom und sieh die Welt, dich eingeschlossen, aus ihrer Perspektive. Wenn du das tust, wirst du möglicherweise anfangen, glücklicher zu werden und die Qualen und das Unbehagen, die uns alle in der Pubertät plagen, hinter dir lassen.«
    Barfuß hatte seine Rede beendet. Katie sah ihn weiter an. Betty musste lächeln. Alles, was er sagte, war so ganz und gar Barfuß. Sie war sich jetzt dessen bewusst, dass sie beide über achtzig waren und dass ihre gemeinsame Zeit nicht so endlos war, wie sie es einst zu sein schien. Er war etwas sehr Kostbares für sie.
    »Ehrlich gesagt«, meinte Katie schließlich, »ohne jemanden beleidigen zu wollen, aber wenn ich wirklich denken würde, dass ich gerade so bin wie meine Mutter, wäre ich nicht imstande, mich selbst zu ertragen.«
    Barfuß zuckte mit den Schultern: »Nun gut, dann wählst du dir einen steinigen Weg durchs Leben. Es liegt an dir.«
    Es folgte ein langes Schweigen, das nur durch den regelmäßigen Schnarchton von Toby und das gelegentliche Knacken des Feuers unterbrochen wurde. Schließlich beugte sich Barfuß vor und sagte zu Katie:
    »Ich werde dich auf die Probe stellen. Du kannst morgen wieder herkommen, um am Boot zu arbeiten, aber du darfst mein Haus und das Gewächshaus nicht betreten, bevor du nicht bewiesen hast, dass ich dir wieder trauen kann. Das bedeutet, dass du pünktlich zur Arbeit kommst, alles tust, was von dir erwartet wird, aufräumst und dein Werkzeug weglegst und mir keinen Scheiß erzählst. Falls du das einen Monat lang durchhältst, lasse ich dich vielleicht wieder rein. Kapiert?«
    Katie nickte: »Danke.« Sie stand auf und stellte ihren Becher auf den Kaminsims. »Ich sollte jetzt gehen. Mom denkt sonst, dass ich im Wald von einem umstürzenden Baum erschlagen wurde.«
    Betty lächelte. »Du hast eine Taschenlampe?«
    »Ja.« Katie ging zur Tür, nahm ihre Jacke vom Haken, schlüpfte hinein, zog ihre Mütze aus der Tasche und blieb, eine Hand auf dem Türknauf, zögernd stehen. »Nochmals danke.«
    Barfuß ging zur Tür hinüber und öffnete sie. »Vermassel es nicht«, sagte er.
    Betty sah zu, wie sich die Tür hinter Katie schloss, und fischte die Zigaretten aus ihrer Hemdentasche, schüttelte eine heraus und zündete sie sich an. Sie inhalierte und stieß den Rauch langsam und genüsslich aus.
    Barfuß kam zurück und stellte sich mit dem

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