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Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition)

Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition)

Titel: Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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tat jeder, worauf er gerade Lust hatte – lesen, schlafen, schwimmen oder spazieren gehen. Diese Leute sind so unkompliziert, dachte Julie. Hier fühlte sie sich nicht ständig unter Druck gesetzt wie bei David, der ihr nicht von der Seite gewichen war. Der Gerechtigkeit halber musste sie allerdings einräumen, dass der Aufenthalt in einem Langhaus im Dschungel andere Anforderungen stellte als in einem Ferienparadies wie diesem.
    Bei Sonnenuntergang fuhren sie mit zwei Autos hinunter zur Marina von Telaga, wo Julie einen völlig anderen Eindruck von der verträumten Insel bekam. Hier in diesem schicken, neu angelegten Hafen kam es ihr vor, als wäre sie in Monte Carlo gelandet. Es wimmelte von glänzenden weißen Motorbooten, Segelbooten und hochseetauglichen Jachten, die für wochenlange Angel- und Vergnügungsfahrten ausgelegt waren und Millionen wert sein mussten. Bunte, über die Promenade gespannte Lichtergirlanden spiegelten sich im Wasser. Das Ufer säumten die unterschiedlichsten Restaurants und Läden mit Bootsbedarf. Tische mit schneeweißen Tischtüchern wurden gedeckt, Kerzen angezündet, Blumen arrangiert. Von einem Platz mit einem Brunnen, der wie eine kleinere Ausgabe der Spanischen Treppe aussah, führten Stufen zu höher gelegenen Häusern und Wohnungen, während man am gegenüberliegenden Ufer weitere Hotels und Bürogebäude sah, die noch im Bau waren.
    Julie staunte. »Was für ein Kontrast zur Welt der Iban!«
    »Hier sieht es ein bisschen nach Disneyland oder Legoland aus«, stellte Christopher fest. »Aber ich nehme an, die Dollars sind alle echt.«
    »Das muss ja alles Unsummen kosten. Nur für Touristen?«
    »Es gibt eine Menge reiche Malaien, aber auch Ausländer, die in diesem Land ein Vermögen gemacht haben«, sagte Christopher.
    »Aber gerecht verteilt wird das Geld ja nicht gerade. Einerseits gibt es Menschen wie die Iban, die um ihr angestammtes Land kämpfen müssen und arm sind, andererseits kann man mit dem nötigen Kleingeld an einem Ort wie diesem leben, wo der Überfluss keine Grenzen kennt. Das finde ich nicht fair.«
    »In jeder Gesellschaft gibt es Arm und Reich, aber du hast recht, in diesem Land klafft die Schere ziemlich weit auseinander.«
    »Jedenfalls würde ich nicht hier leben wollen. Für einen Abend ist es ja ganz lustig, aber mir gefällt die andere Seite der Insel mit ihrer traditionellen Architektur besser. Außerdem ist es dort viel friedlicher.« Julie betrachtete die pink und ocker, pfirsich- und cremefarben gestrichenen Gebäude.
    Den Aperitif nahmen sie in der Luxuswohnung der Stevensons, die auf den Hafen blickte. Anschließend spazierten sie auf der Suche nach einem Restaurant am Kai entlang.
    »Hier tobt ja der Bär!«, flüsterte Christopher Julie zu.
    War das ernst gemeint? Sie schaute sich um und kicherte, als sie feststellte, dass außer ein paar Einheimischen kaum jemand unterwegs war.
    »Wir sind wohl ein bisschen früh dran«, meinte sie. »Aber alle anderen verpassen den Sonnenuntergang.«
    Vor den Lokalen blieben sie kurz stehen und studierten die Speisekarten.
    »Hier gibt es sogar ein russisches Lokal«, stellte Julie fest. »Aber schweres russisches Essen wäre nichts für mich. Mir würde ein Fischgericht oder Pasta reichen.«
    »In dem russischen Restaurant geht es am späteren Abend oft ziemlich ausgelassen zu«, sagte Shane. »Da wird ausgiebig getrunken und gesungen.«
    Schließlich entschieden sie sich für mediterrane Küche, und Werner bestellte italienischen Wein. Julie verglich die Preise auf der Karte mit denen in Brisbane. Ein ziemlich teurer Laden, nicht einmal die gewöhnlichen australischen Weine waren erschwinglich.
    »Ich glaube, ich trinke lieber ein einheimisches Bier«, meinte sie.
    »Heute Abend bist du mein Gast«, sagte Christopher leise. »Du kannst dich morgen in Aidis Lieblingslokal revanchieren.«
    Sie lächelte ihm zu. »Abgemacht.«

    Die ersten Strahlen der aufgehenden Sonne färbten den Himmel rosa. Flaumige Wolken zogen über den Horizont. Aidi führte Julie und Christopher über den Strand zu der Stelle, wo sein Boot mit dem leuchtend blauen Plastikdach lag. Als die beiden hineinkletterten, stellte er ihnen Jan, den Skipper, vor.
    »Er ist von hier und kann kaum Englisch, aber in den hiesigen Gewässern kennt er sich bestens aus«, erklärte Aidi.
    Das Boot legte ab, beschleunigte, umrundete eine Halbinsel und nahm Kurs aufs offene Meer. Julie erkundigte sich, wie Aidi zu seinem Beruf gekommen war. Dabei

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