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Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition)

Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition)

Titel: Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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ihr Großvater ziemlich schweigsam war und gar nicht gern über die Kriegsjahre geredet hat. Vielleicht ist das ja typisch Mann. Männer sprechen nie über Dinge, die sie schwer getroffen haben. Jedenfalls behauptet das meine Mutter.«
    »Ist das heute auch noch so? Ich dachte, ihr Männer hättet an euren Defiziten gearbeitet und in Sachen emotionaler Reife aufgeholt.«
    »Da bin ich mir nicht so sicher. Aber was Marjorie über Offenheit gesagt hat, leuchtet mir ein. Da sind die anderen.« Christopher sprang aus dem Buggy, als sie am Empfang hielten, wo schon ein Hoteldiener mit Shanes Wagen vorgefahren war.

    Julie hatte sich mit Marjorie zum Vormittagstee verabredet, also besorgte sie Blumen, steckte ein Notizbuch ein und rief ein Taxi. Marjorie erwartete sie in der Villa am Strand, die zu ihrem Hotel gehörte, und begrüßte sie herzlich. Bei Tageslicht, fand Julie, sah sie ein bisschen älter aus als am Abend zuvor im Kerzenschein. Doch sie war nicht minder charmant.
    Eine Oase von üppigem Grün erstreckte sich rings um die Villa und schirmte sie von den Nachbargebäuden ab. Am Strand vor dem Haus standen Tische und Stühle unter einem luftigen Zelt. Auf dem sauberen Sandboden sah man die Spuren eines Rechens, und die Fackeln für den Abend steckten schon in ihren Halterungen.
    »Wow, essen Sie hier?«, fragte Julie, als Marjorie sie auf ihre schattige Veranda führte, wo sie sich auf der Liege entspannt hatte.
    »Das ist für romantische Dinners zu zweit. Ich nehme lieber den Buggy zum Strandcafé. Man könnte auch über den Sand laufen, aber mit meinen Beinen schaffe ich das heutzutage nicht mehr so gut. Setzen wir uns doch. Ich habe Tee, Kaffee und kalte Getränke.«
    »Ich hätte gerne einen frischen Limettensaft. Danke, Marjorie«, sagte Julie. »Kommen Sie regelmäßig auf die Insel?«
    »Ja. Früher ließ ich mich immer gern ins Strandhaus der Elliotts einladen. Die Jungs haben es aber verkauft, nachdem Philip und Stephanie umgekommen waren – was für eine Tragödie! Aber Shane und Peter haben sich seither gut gemacht. Ich hoffe, Peter heiratet sein Mädchen bald, aber sie kann sich für ein Leben in Asien anscheinend nicht so recht begeistern. Sie war nicht lange genug hier, das ist das Problem.«
    »Es ist ein wunderschöner Ort, um auf Besuch herzukommen, aber als junge Karrierefrau findet sie vielleicht die Vorstellung, auf einer Plantage zu leben, nicht sonderlich verlockend.«
    »Und wie steht’s mit Ihnen? Könnten Sie in Malaysia leben?«, fragte Marjorie mit einem forschenden Lächeln. »Schließlich haben Ihre Großeltern ja hier gewohnt.«
    »Stimmt«, erwiderte Julie. »Aber bis vor kurzem hatte ich keine Ahnung von ihrem Leben in Malaya, und ich weiß nicht recht, ob ich meinen Beruf an den Nagel hängen und hierher ziehen würde, außer wenn ich ernsthaft verliebt wäre. Und wie ist es mit Ihnen? Sind Sie hier aufgewachsen?« Eigentlich hatte Julie vorgehabt, ohne große Umschweife auf ihre Großtante und ihren Onkel zu sprechen zu kommen, aber jetzt wollte sie erst einmal mehr über Marjorie erfahren. »Gestern Abend habe ich gehört, dass Sie in Sarawak gelebt haben. Ich war gerade dort – es ist wunderbar. Unglaublich schön und faszinierend. Ich wette, dort hat sich seit Ihrer Jugend eine Menge verändert.«
    »Zweifellos. Ich war noch einige Male in Kuching, aber ich erkenne den Ort, wo ich geboren wurde, kaum wieder. Meine Eltern waren Schotten. Mein Vater Lionel Potts arbeitete als Beamter unter dem letzten weißen Radscha, Charles Vyner Brooke. Er war Bezirksverwalter im Landesinneren. Meine beiden älteren Brüder gingen auf ein Internat in England, und so hatte ich als Nesthäkchen der Familie die ungeteilte Aufmerksamkeit meiner Eltern. Da konnte ich mir praktisch alles herausnehmen.« Marjorie lächelte.
    »Gab es Dienstboten? Waren Sie das einzige Kind dort?«, fragte Julie.
    »Ja. Ich hatte in Sarawak eine Amah, und es gab viel Personal. Meine Güte, das Leben dort war in den dreißiger Jahren ein Vergnügen! Ich erinnere mich an Flussfahrten mit den Iban, wie wir das Boot über Stromschnellen ziehen mussten oder mit dem Kahn auf dem Sarawak River stakten. Und ich weiß noch, wie wir durch den Dschungel zu einem Wasserfall wanderten oder wie ein chinesischer Schuster mit dem Stift eine Linie um meinen Fuß zeichnete und hübsch bestickte Schuhe für mich machte. Ach, was wurde ich verwöhnt! Meine Eltern besuchten wunderbare Feste im Palast, mein Vater nahm oft an

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