Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition)

Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition)

Titel: Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
Vom Netzwerk:
auf eine Rolle in deiner Geschichte?«, fragte er leise.
    »Natürlich! Es war wunderschön, das alles mit dir zu teilen, und du hast mir so geholfen.« Als sie den zärtlichen Ausdruck in seinen Augen sah, dazu sein angedeutetes Lächeln und die hochgezogene Augenbraue, verstummte sie. Und dann zogen blitzschnell Bilder an ihr vorbei: wie sie zusammen Tennis spielten, wie sie durch die magischen Mangrovenwälder schipperten, wie sie sich am Swimmingpool unterhielten und zusammen zu Mittag und zu Abend aßen, und jetzt die Begeisterung für das Rose Mansion und die Entdeckung von Bette … Ihre Köpfe näherten sich Zentimeter für Zentimeter, und dann küsste er sie. Julie hatte das Gefühl, plötzlich loszulassen, eine Woge von Empfindungen, von denen sie bisher nichts geahnt hatte, überflutete sie. Falls Christopher von ihrer plötzlichen Leidenschaft überrascht war, ließ er es sich jedenfalls nicht anmerken, er schloss sie höchstens noch fester in seine Arme, während sie sich an ihn klammerte.
    Viel später schliefen sie, ohne einen Gedanken ans Abendessen verschwendet zu haben, in den zerknüllten Laken ein.
    Der Morgen brach an, und ein ferner Muezzin rief die Gläubigen zum Gebet. Bald darauf weckten sie Fahrradgeklingel und die Straßenverkäufer, die lärmend ihre Imbissbuden aufbauten. Der Tag hatte begonnen.
    »Mir werden diese exotischen Geräusche am frühen Morgen fehlen«, seufzte Julie.
    Zuerst antwortete Christopher nicht, doch dann rollte er sich auf die Seite und strich ihr sacht übers Haar. »Du bist ein sehr hübscher erster Anblick am frühen Morgen.«
    Sie zog sich das Laken vors Gesicht. »Ich hab mich gestern Abend nicht mal gewaschen.«
    »Wir hatten Besseres zu tun.« Er zog ihr das Laken weg und küsste sie auf die Nase. »In gewisser Weise wünsche ich mir, das hier wäre nicht passiert …« Als sie protestieren wollte, legte er ihr einen Finger auf die Lippen. »Denn ich mag dich sehr, und jetzt werde ich dich vermissen. Keine Ahnung, was du …«
    »Mir geht es genauso … aber ich muss zurück, Chris. Dabei würde ich gern noch bleiben.«
    »Ich weiß. Natürlich musst du fliegen. Hör mal, wir bleiben aber in engem Kontakt, ja? Apropos enger Kontakt …« Er packte sie, und das Bedrückende ihrer bevorstehenden Trennung verflog, als sie spielerisch miteinander rangelten, bevor sie sich wieder eng umarmten und noch einmal liebten, diesmal mit zärtlicher, schmerzlicher Leidenschaft.
    Dann gingen sie hinaus auf die Straße und setzten sich an einen Imbissstand, wo Christopher erstaunt mit ansah, wie Julie ein riesiges Frühstück verdrückte.
    »Wo steckst du das nur alles hin?«
    »In Brisbane findet man weit und breit kein solches Essen. Ich will es noch einmal in vollen Zügen genießen.«

    Bevor er wieder nach Butterworth fuhr, setzte Christopher Julie am Flughafen ab, wo sie zunächst in eine Maschine nach Kuala Lumpur steigen würde.
    »Wir werden uns bald wiedersehen, das weiß ich einfach. Und halt mich wegen Tante Bette auf dem Laufenden.«
    Julie nickte nur. Es fiel ihr schwer zu sprechen.
    Er küsste sie und gab ihr ein kleines Päckchen. »Nichts Gefährliches. Du kommst damit durch die Sicherheitskontrolle«, sagte er, drückte sie kurz an sich und sah ihr dann nach, wie sie zum Flugzeug ging.
    Sobald sie saß, öffnete sie das Päckchen. Christopher hatte ihr ein kleines Buch mit Aquarellen von Penang geschenkt, auch eins vom Rose Mansion war darunter.
    Um nicht ständig an ihn denken zu müssen, vertiefte sie sich in Bettes Broschüre über die Orang-Utans, die Angie Ping vom Sarawak-Museum für sie kopiert hatte.
    Bei einem Blick durchs Flugzeugfenster sah sie nichts als Wolken, die die Sicht auf die Erde verdeckten. Sie stellte sich vor, dass sie hoch über dem in Nebel gehüllten, dunklen Dschungel von Borneo war, und die leidenschaftlichen Worte, die ihre Großtante vor so langer Zeit geschrieben hatte, machten tiefen Eindruck auf sie.
Diese geselligen, klugen, verspielten, liebevollen Geschöpfe zählen zu unseren nächsten lebenden Verwandten. Die mutwillige Zerstörung ihrer Dschungelheimat, der Raub ihrer Kinder und die Ermordung der Mütter sind so überflüssig wie Krieg, Genozid und die schlimmsten Formen menschlichen Verhaltens. Wir sollten die Orang-Utans in Frieden lassen und von ihnen lernen.
    Schon vor fast fünfzig Jahren hatte sich Bette um die Zukunft der Orang-Utans gesorgt. Traurig sann Julie darüber nach, dass ihre Tante recht behalten

Weitere Kostenlose Bücher