Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition)
Arbeit erledigen. Du kannst ihn ja mal anrufen, wenn er wieder in Brisbane ist.«
»Und wie möchtest du nun weiter vorgehen?«, fragte Paul, um das Thema zu wechseln.
»Ich finde, wir sollten Bette schreiben. Das scheint mir besser, als sie aus heiterem Himmel zu überfallen«, antwortete Julie.
»Sehr vernünftig«, meinte ihr Vater. »Außerdem musst du wieder zur Arbeit, du kannst jetzt nicht einfach nach Cairns fahren, oder?«
»Na ja, wir sollten schon so schnell wie möglich mit Bette in Verbindung treten«, überlegte Caroline. »Sie ist nicht mehr die Jüngste.«
An diesem Abend ging Julie mit ihren Eltern sämtliche Erlebnisse von ihrer Ankunft in Malaysia bis zur Heimkehr durch. Sie hatte ihre Fotos auf den Laptop geladen und zeigte ihnen Bilder von Shane und Peter und Martine, vom Herrenhaus auf Utopia und von der Plantage.
»Das löst nichts bei mir aus«, meinte Caroline. »Ich habe zwar ein paar vage Erinnerungen, aber auf den Fotos erkenne ich nichts wieder.«
»Das ist kein Wunder. Damals sah die Plantage bestimmt ganz anders aus. Aber wir sollten mal alle zusammen hinfliegen«, meinte Julie. »Wir könnten in Penang im Rose Mansion bei Carla wohnen, Marjorie treffen und dann nach Utopia fahren. Außerdem würde ich euch zu gern Langkawi zeigen. Ich hab dort so viele neue Freunde gefunden …«
»Auf deinen Fotos sieht wirklich alles wunderschön aus, das muss ich zugeben. Trotzdem würde ich lieber als Erstes Bette besuchen«, sagte Caroline.
»Ganz deiner Meinung. Aber nach Malaysia solltest du trotzdem fahren. Dort leben unsere Verwandten, es ist Teil deiner Geschichte!«
»Das Land hat es dir offenbar ziemlich angetan«, meinte Paul.
»Ich hab das Gefühl, dass ich nur ein bisschen an der Oberfläche gekratzt habe«, erwiderte Julie. »Ich war nicht in Malakka, wo es so wunderbar restaurierte Architektur geben soll, oder an der Ostküste, ich bin nicht im Südchinesischen Meer geschwommen, und in den Bergen war ich auch nicht.«
Julies Mutter stellte Gläser und Teller aufs Tablett. »Lass uns zuerst zu Bette fahren. Warum entwerfen wir nicht gleich heute Abend zusammen einen Brief?«
Nach einer längeren Debatte darüber, wie viel in dem Brief stehen sollte, entschlossen sie sich, ihn so kurz und einfach wie möglich zu halten.
Liebe Tante Bette,
ich bin Caroline, Margarets Tochter, und habe gerade eben erst erfahren, dass Du in Cairns lebst. Seit Mutters Tod wohne ich im Haus unserer Familie in Brisbane. Meine Tochter Julie und ich würden sehr gern einmal mit Dir sprechen, falls das irgendwie möglich ist. Anbei meine Telefonnummer. Mit liebevollen und herzlichen Grüßen – nach so langer Zeit!
Caroline Reagan, geb. Elliott
»Wir lassen ihr ein paar Wochen Zeit, um zu antworten, und wenn wir nichts von ihr hören, rufen wir sie an«, sagte Julie.
»Sie braucht vielleicht eine Weile, um diese Neuigkeit zu verdauen, und mein Gefühl sagt mir, dass sie eher schreiben als telefonieren wird«, erwiderte Caroline. »Sie gehört zu dieser Generation.«
Julie schrieb Christopher eine E-Mail und schilderte ihm, wie sehr sie es genoss, wieder zu Hause zu sein, und dass sie und Caroline hofften, schon bald nach Cairns fahren zu können. Doch kaum war sie wieder an ihrem Arbeitsplatz, stellte sie fest, dass sie eine Menge aufzuholen hatte. Während der folgenden Wochen erstickte sie fast in Papierkram und musste ständig Überstunden machen – das Marketingprojekt in Melbourne forderte ihre geballte Aufmerksamkeit.
Die Gedanken an Bette traten immer mehr in den Hintergrund, vor allem als Caroline sie eines Abends anrief und aufregende Neuigkeiten zu verkünden hatte.
»Adam und Heather!«, sagte sie atemlos.
»Mum, was ist los? Ist den beiden etwas passiert?«
»Sie erwarten ein Baby! Endlich! Ich bin ganz außer mir. Ich muss sofort hin und sie besuchen.«
»Mum! Sie haben es dir eben erst gesagt. Wann kommt es denn?«
»In frühestens sieben Monaten. Aber ich möchte jetzt dort sein und mit ihnen feiern. Ich habe mich so danach gesehnt, Großmutter zu werden.«
Julie lächelte in sich hinein. »Mum, du kannst schlecht sieben Monate bei ihnen wohnen. Mach einen Kurzbesuch, und wenn das Baby kommt, haben sie dich sicher gerne wieder bei sich. Außerdem – was ist mit der Umgehungsstraße? Und mit unserem Besuch bei Bette?«
»Na ja, seit der Auskunft von unserem Anwalt hat sich wegen der Umgehung nicht viel getan. Du arbeitest Tag und Nacht, und von Bette haben wir auch
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