Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition)
ihre Geburtstagsfeier um keinen Preis der Welt verpassen wollten.
»Da gibt es eine Menge zu verdauen«, sagte Caroline im Taxi zurück zum Hotel. »Schade, dass Dad es nicht gehört hat. Was für ein außergewöhnliches Leben sie doch hatte!«
»Und jetzt fieberst du der Enthüllung entgegen, was zwischen Roland und Margaret vorgefallen ist, stimmt’s?«
»Ja, das tue ich. Dabei habe ich mein ganzes Leben nicht darüber nachgedacht, es war einfach so, wie es war. Aber jetzt will ich natürlich wissen, wie es um die Beziehung der beiden wirklich aussah. Ich habe eine Million Fragen.«
»Gran war da wohl ziemlich verschlossen?«
»O ja. Sie war eine gute Mutter, aber wenn es um die Familie ging, drang man nicht zu ihr durch. Und so wuchs ich in dem Bewusstsein auf, dass es sich um ein Tabu handelt. Was heute wohl reichlich idiotisch und geradezu unglaublich klingt.«
»Nein, Mum. Es gibt bestimmt eine Menge Familien, die Geheimnisse haben«, meinte Julie. »Ich schicke jedenfalls gleich eine E-Mail an Shane und Peter.«
Während Caroline an diesem Abend Paul bei ein paar Drinks Bettes Geschichte erzählte, erhielt Julie Antwort von Shane.
»Mum, er sagt, dass sie Bill nur aus Rolands Memoiren kennen. Mehr nicht.«
»Wie schade«, meinte Caroline.
Doch Julie gab sich nicht geschlagen. In einer zweiten E-Mail bat sie ihre Cousins, ob sie nicht Rolands Unterlagen durchschauen könnten, um vielleicht doch noch mehr über Bill Dickson zu finden.
»Er ist wahrscheinlich tot«, bemerkte Paul.
Zurück in Brisbane, stürzten sich Caroline und Paul gleich wieder mit Feuereifer in die Auseinandersetzung um die Umgehungsstraße. Julie hatte kaum ihre Sachen ausgepackt, als ihre Mutter sie anrief.
»David hat etwas Wichtiges herausgefunden! Wir sollen eine Versammlung für alle Beteiligten aus dem Viertel einberufen. Er klang ziemlich aufgeregt – kannst du morgen Abend kommen?«
Julie rang mit sich, ob sie Gewehr bei Fuß stehen sollte, nur weil David sich aufspielte, doch sie wollte ihre Mutter nicht hängenlassen. Vielleicht hatte er ja wirklich etwas Nützliches entdeckt. Schließlich war er ein guter Rechercheur.
Am nächsten Abend sah sie erstaunt, wie viele Autos vor dem Haus ihrer Eltern parkten.
»Jules, ich bin heilfroh, dass du hier bist. David tut so geheimnisvoll.«
Etliche Nachbarn sowie mehrere Bezirks- und Stadträte hatten sich auf der Veranda versammelt. David hatte eine große Tafel auf eine Staffelei gestellt und hielt einen Stapel Papiere in der Hand. Als Julie ihrer Mutter durch den Flur in die Küche folgte, winkte er ihr zu.
»Ich hoffe, er hat wirklich etwas Lohnendes entdeckt, schließlich sind ja eine Menge Leute gekommen. Kann ich dir bei den Getränken oder mit dem Tee helfen?«
»Danke, Schatz, aber meine Freundin Erica greift mir schon unter die Arme. Wir haben zwar nur ein paar Häppchen und Knabbereien, aber zu Abend essen die Leute ja bestimmt später zu Hause. Schade, dass Paul nicht da ist. Dabei hatte ich ihn extra gebeten, heute früher zu kommen.«
David übernahm die Leitung der Versammlung und bat die Räte, sich nach vorne zu setzen. Besondere Aufmerksamkeit widmete er dem Bezirksrat Fred Louden, der zuerst selbstgefällig lächelte und dann einen gelangweilten Gesichtsausdruck aufsetzte, kaum dass David zu sprechen begann.
Als Erstes dankte David den Reagans dafür, dass sie ihr Haus für die Versammlung zur Verfügung gestellt hatten. »Ein Haus, das – wie so viele in diesem Viertel – zeigt, worum es bei diesem Kampf geht. Ein Gebäude, das schon lange hier in dieser gewachsenen Umgebung steht, diesem wunderschönen historischen Stadtviertel, das wir keinesfalls von einer Umgehungsstraße zerschnitten sehen wollen.«
»Genau. Richtig.«
»Das wissen wir doch alles«, warf einer der Räte ein.
Doch David fuhr unbeirrt fort. »Alles wissen wir wohl nicht. Was wir aber wissen, ist, dass es vor einigen Jahren einen ähnlichen Plan für eine Umgehungsstraße in einem ähnlichen Viertel gab. Doch der Plan ist ad acta gelegt worden. Da haben die dortigen Anwohner ganz schön Glück gehabt.« Er hielt inne und sah den aufmerksam Lauschenden in die Gesichter. »Ich möchten Ihnen allen jetzt zeigen, wo die Umgehungsstraße ursprünglich verlaufen sollte.«
»Das hat doch überhaupt nichts mit der aktuellen Situation zu tun«, entrüstete sich Fred Louden.
Aber David schenkte ihm kein Gehör und entrollte stattdessen ein großes Bild, das er für alle gut
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