Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition)
»Memsahib brauchen ein Auto?«
»Nein, danke. Ich gehe nur ein bisschen herum.«
Er schüttelte demonstrativ den Kopf. »Gehen nicht gut für Memsahib. Sehr heiß. Viele Schlangen.«
»Schlangen? Oh, ich verstehe. Danke.« Sie kehrte zum Haus zurück, während sich der Gärtner wieder über die schmale Blumenrabatte beugte.
Margaret setzte sich auf die Veranda und fächelte sich Luft zu. Sämtliche Hausangestellten hatten sich als sehr hilfsbereit erwiesen und waren ihr mit großem Respekt begegnet. Was sie ganz entzückend fand. Offenbar war sie in der Abwesenheit von Charlotte Elliott die »Chef-Mem«. Zu Hause in Brisbane würde man gar nicht glauben, dass sie so viele Bedienstete hatte.
Als sie Rolands Bedford-Laster zurückkommen hörte, sprang sie auf.
Er nahm seinen Hut ab und wischte sich mit einem Taschentuch übers Gesicht. »So, Mrs. Elliott, wollen wir jetzt unser Haus in Augenschein nehmen? Ich habe Hamid schon aufgetragen, unsere Sachen hinüberzubringen. Und am späteren Nachmittag, wenn es kühler wird, machen wir eine kleine Tour durch den Rest des Anwesens.« Er gab ihr einen Kuss. »Es hört sich vielleicht ein bisschen seltsam an, aber es liegt völlig in deiner Hand, was du aus unserem Bungalow machst.« Als sie hineingingen, legte er ihr den Arm um die Schulter.
»Dieses Haus sieht ziemlich … nun ja, altmodisch aus«, meinte Margaret. »Angestaubt. Ich denke, ältere Leute halten nicht viel von Veränderung.«
»Das ist mit ein Grund. Aber, Margaret, wir haben gerade eine Depression hinter uns, die Gummipreise waren ins Bodenlose gefallen. Es hat uns große Mühe gekostet, die Plantage überhaupt über Wasser zu halten. Da hatten wir kein Geld für Dinge, die in den Augen meines Vaters nur Schnickschnack sind. Meine Mutter hatte Verständnis dafür, dass alles Geld, das hereinkam, sofort wieder ins Geschäft gesteckt wurde. Jetzt entspannt sich die Lage, und weil meine Eltern in den schweren Zeiten durchgehalten haben und genügsam waren, haben sie jetzt die Nase vorn. Wir konnten sogar expandieren, weil wir viel Land von Unternehmen und Familien, die in den letzten Jahren Pleite gemacht haben, dazugekauft haben.«
»Ihr habt Utopia während der Depression noch vergrößern können?«, staunte Margaret, die den Geschäftssinn der Elliotts nur bewundern konnte.
Roland nickte. »Ja, das zeige ich dir später alles. Jetzt lass uns erst mal zu unserem Haus rüberfahren. Darf ich dich über die Schwelle tragen?«
Zu Margarets Erleichterung war ihr Bungalow ein Stück vom großen Herrenhaus entfernt. Auf dem Weg dorthin passierten sie Geräteschuppen, Anbauten zur Unterbringung von Setzlingen und eine Reihe schlichter Hütten aus geflochtenen Palmblättern, in denen Kautschukzapfer wohnten. Überall ringsum wuchsen in langen Reihen blassgrüne Kautschukbäume.
»Nicht weit von hier gibt es ein Dorf, in dem viele indische Kautschukzapfer leben. Aber wie die Plantage funktioniert, erkläre ich dir ein andermal«, sagte Roland.
Als Margaret ihr neues Heim erblickte, so schlicht, so schmucklos, da verschlug es ihr die Sprache. Für hiesige Verhältnisse war es neu, gerade erst zwei Jahre alt, aber der Garten war völlig verwahrlost, nicht einmal Topfpflanzen gab es. Was sie drinnen erwartete, wollte sie sich lieber nicht ausmalen. Das Einzige, was dem Haus eine gewisse Ausstrahlung verlieh, war eine üppige Nipapalme mit dichten grünen Wedeln neben dem Eingang. Der Bungalow selbst war ein erhöht gebautes Holzhaus mit einer breiten umlaufenden Veranda, das Margaret ein wenig an ein kleines Queenslander erinnerte.
»Wir brauchen einen Garten«, brachte sie heraus.
»Hinten gibt es einen Küchengarten, mit Gemüse und so. Du brauchst es nur dem Gärtner zu sagen, er legt dir auch hier vorn einen Garten an, ganz wie du ihn haben willst.«
Und mit diesen Worten hob Roland seine Angetraute empor, trug sie auf den Armen die Vordertreppe hinauf und setzte sie auf der Veranda ab.
»Hier kann man bestimmt schön sitzen«, meinte Margaret mit Blick auf die im alten Stil gefertigten Planters Chairs mit der geneigten Rückenlehne, den Korbtisch, den überquellenden Zeitschriftenständer und den Servierwagen. Dank der erhöhten Lage des Hauses hatte man von der Veranda aus einen atemberaubenden Blick über das geriffelte Meer aus Kautschukbäumen bis hin zu den Bergen.
Doch als sie von Zimmer zu Zimmer ging und feststellte, wie unglaublich schlicht alles war, konnte sie ihre Enttäuschung kaum
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