Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition)
sie zu betreten.
Erfreut stellte sie fest, dass auf der Tennisparty mehr geplaudert als gespielt wurde. Der ursprüngliche Tennisplatz war von einem hohen Zaun umgeben, den Kletterpflanzen mit üppigen rosa Blütentrauben überwucherten. Diese fast dreißig Zentimeter dicke Schicht schirmte den Platz vollkommen gegen den Wind ab. An einem Ende befand sich ein großer Pavillon mit Umkleideräumen und einer Bar, deren Kühlschrank gut gefüllt war. Einer der Hausdiener schenkte die Getränke aus und brachte Tabletts mit Snacks aus der Küche. Ein älterer indischer Gärtner spielte mit sichtlichem Vergnügen den Balljungen.
Julie stellte fest, dass Peters und Shanes Freunde sehr umgängliche Menschen waren. Sie lernte zwei englische Paare, beide Mitte dreißig, kennen, außerdem ein deutsches Ehepaar, einen Australier in Shanes Alter und zwei weitere Junggesellen. Einer war Chinese, der andere schottischer Abstammung und ebenso wie Shane und Peter in Asien aufgewachsen. Alle fanden Julies Verbindung zu den Brüdern und Utopia höchst interessant.
»Mit dem Besuch haben Sie sich aber Zeit gelassen«, sagte Cynthia, eine der Engländerinnen.
»Das ist eine lange Geschichte. Aber ich habe vor, hier möglichst viel zu unternehmen«, erwiderte Julie.
»Werden Sie noch hier sein, wenn Martine zurückkommt? Das müssen wir nämlich mit einer großen Party feiern«, sagte die andere.
»Wir rechnen jeden Tag mit ihr«, warf Shane ein. »Eine Party wäre großartig.«
»Besucht sie ihre Familie in Frankreich?«, fragte Cynthia.
»Ja, und unsere Kinder in England.«
Alle waren in der Welt herumgekommen, die einen hatten eine eigene Firma, die anderen standen in irgendeiner Weise mit der Palmölindustrie in Verbindung. Christopher Nichols, der Australier, war ein guter Freund von Peter.
»Sind Sie auch im Palmölgeschäft?«, fragte Julie.
Christopher schüttelte den Kopf. »Nein, ich bin hier der weiße Rabe. Ich bin bei der RAAF, der australischen Luftwaffe, das ist bei uns Familientradition. Und zurzeit in Malaysia, in Butterworth, stationiert.«
Als er Julies ratloses Gesicht sah, fügte er hinzu: »Die Butterworth Air Base bei Penang. Sie wird jetzt von der malaysischen Luftwaffe als Ausbildungsbasis genutzt. Schon mein Vater war in den sechziger Jahren dort stationiert, und jetzt bin ich da.«
»Ah, verstehe«, sagte Julie. »Dann haben Sie ja wirklich eine Beziehung zu diesem Land.«
Obwohl die meisten Gäste relativ weit entfernt von größeren Städten lebten, wirkten sie keineswegs weltfremd, und offenbar waren alle gut situiert. Julie fand es anregend, Leute zu treffen, die so ganz anders waren als ihr Bekanntenkreis in Brisbane. Nach dem Tennisspiel gingen sie zum Herrenhaus hinüber und machten es sich auf den Rohrsesseln auf der Veranda bequem. Dort wartete schon ein Servierwagen mit Getränken. Als am Spätnachmittag der Hausdiener die Sonnenrouleaus herunterließ, plauderten alle bei französischem Wein, Bier oder Gin Tonic.
»Bekommt man hier auch australischen Wein?«, fragte Julie. »Der ist nämlich ausgezeichnet.«
»Ja, ich weiß, aber die Familie meiner Frau besitzt in Frankreich ein eigenes Weingut«, erwiderte Shane. »Sie beliefern uns mit ihren Erzeugnissen.«
»Vielleicht sollten wir mal Grans Land unterstützen und australischen Wein ordern«, grinste Peter. »Schon um deine Schwiegereltern ein bisschen zu ärgern, Shane?«
Am Sonntag fuhren die Brüder mit Julie in einem flotten Motorboot flussaufwärts zum Picknick. Als sie den dichten Dschungel am Flussufer sah, bekam sie einen ersten Eindruck von der Wildnis, die die Plantage umgab.
»Ist das schön«, sagte sie, als sie an einer kleinen Anlegestelle ausstiegen, wo ein frisch gemähtes Rasenstück bis ans Ufer reichte. Unter dem mit Palmwedeln gedeckten Vordach einer Hütte im Schatten hoher Bäume waren ein Picknicktisch und ein Grill aufgebaut. Ringsum war Wald, in den ein Pfad hineinführte.
»Kann man hier schwimmen?« Julie betrachtete den zwischen starke Pfosten gespannten Maschendraht. »Das sieht aus wie ein Hainetz.«
»Die Krokodile hier sind bestimmt schon so alt wie der frühere Pagar, deshalb haben wir ihn durch etwas Robusteres ersetzt«, sagte Shane.
Als Julie nach diesem Ausflug ins Gästehaus zurückkehrte, reichte ihr Siti einen Zettel mit einer Telefonnummer.
»Eine Nachricht für Sie, Mem.«
»Eine Nachricht? Oje! Ob etwas passiert ist?«
»Es ist Kuala-Lumpur-Nummer.«
»Wirklich? Ich kenne doch
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