Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition)
sagte sie bestimmt und zog die Decke fester um sich.
»Dann lass mich an dich kuscheln, mir ist kalt.« Er streckte sich neben ihr aus und legte ihr den Arm um die Schulter. »Hat dir der Tanz gefallen? Der Hornvogel, meine ich?« Dabei versuchte er ein Kichern zu unterdrücken.
»David, du bist betrunken. Raus hier, verschwinde.«
»Ich hab dir einen Gefallen getan und deinen Tuak getrunken.« Er beugte sich über sie, um sie zu küssen.
»Das war offenbar ein Fehler. Lass das. Das ist widerlich.« Julie setzte sich auf. Und als er anfing, irgendetwas Unzusammenhängendes zu brabbeln, schob sie ihn energisch von sich. »Los, geh.«
»Dasch ’sch ’n Ordnung«, lallte er. »Die Iban ’am kein Problem mit Sex, sin total locker. Is gesund ’n’ natürlich.«
»Mag sein, ich aber nicht. Ich bin sehr wählerisch.« Sie schubste ihn, so dass er auf den blanken Boden rollte, und zog ihm die Decke weg. Mit der Taschenlampe in der Hand überlegte sie, ob sie sich zu den Mädchen in der anderen Zimmerecke legen oder draußen im Ruai schlafen sollte. Sie entschied sich für Letzteres und schloss die grob gewebte Bilek-Tür hinter sich. Am anderen Ende des Ruai waren ein paar Gestalten weiterhin zugange, in einem Metallring glühte noch die Kohle eines kleinen Feuers, und davor lag ausgestreckt die Hündin mit ihren Welpen. Julie legte sich in ihre Decke eingerollt daneben und schlief in der angenehmen Wärme sofort ein.
Sie schlief sehr tief, und als sie kurz vor Tagesanbruch erwachte, fragte sie sich, ob es nur ein Traum gewesen war, dass sich nachts eine Gestalt über sie gebeugt hatte und dann weitergegangen war. Steif vom Liegen setzte sie sich auf. Um sie herum machten sich bereits die ersten Frauen zu schaffen. Eine saß da und stillte ihr Baby, während zwei andere ein paar Kürbisflaschen und einen Plastikeimer nahmen und Wasser holen gingen. Julie folgte ihnen, um sich frisch zu machen.
Der Morgen war kühl und klar. Letzte Dunstschleier lösten sich über dem Urwald auf, die Sonne war noch nicht aufgegangen. Alles atmete Frieden.
Als Julie zusammen mit den Frauen den Fluss erreichte und zitternd ins kalte Wasser stieg, kicherten die beiden, und eine reichte ihr einen Sarong, damit sie sich abtrocknen konnte. Dann eilte sie zurück zum Langhaus. Der Geruch von Holzfeuer und blaue Rauchschwaden aus der Küche waren ein willkommenes Zeichen dafür, dass bereits Frühstück gemacht wurde.
David hockte sich mit verquollenen Augen und einer Decke um die Schultern im Schneidersitz in den Ruai, wo er in den Überresten eines kleinen Feuers stocherte, um es wieder anzufachen.
»Guten Morgen, David«, sagte Julie kühl.
Er grunzte. »Verdammter Tuak. Macht mich jedes Mal fertig.«
»Mich nicht«, erwiderte Julie und ging, um sich anzuziehen. Sie war unheimlich wütend auf ihn. Auch wenn sie seine Annäherungsversuche als Folge von zu viel Reiswein abtun konnte, war er doch sehr in ihrer Achtung gesunken. Außerdem stellte sie fest, dass sie ihn eigentlich gar nicht besonders gut leiden konnte. Natürlich wusste sie es zu schätzen, dass er ihre Mutter bei ihrem Kampf gegen die Umgehungsstraße unterstützte. Und dass er ihr eine Tür zur Vergangenheit ihrer Familie aufgestoßen hatte. Aber das gab ihm noch lange nicht das Recht, über sie zu verfügen, was er nicht nur gestern Nacht versucht hatte, sondern was sein Verhalten ihr gegenüber schon seit Tagen prägte. Allmählich fragte sie sich, wie sie es den Rest der Woche mit ihm aushalten sollte.
Dessen ungeachtet verging der Tag wie im Flug und war hochinteressant. Tuai James übernahm die Rolle eines Fremdenführers, er ging mit ihnen in den Dschungel, wo er ihnen die Flächen zeigte, die sein Stamm für Reisfelder und anderen Feldbau gerodet hatte. Außerdem gab er ihnen eine Einführung in die Jagd mit dem Blasrohr, auch wenn diese nach seinen Worten inzwischen kaum mehr praktiziert wurde. Am Fluss beobachteten sie, wie die Iban fischten, indem sie einen Schwarm in die großen gewebten Netze und Fischfallen trieben. Und zum Schluss führten ihnen etliche Männer vor, wie sie mit den großen, tödlichen Parangs den Dschungel lichteten.
Sie kamen zu einem wunderschönen klaren Fluss in märchenhafter Umgebung und wateten stromaufwärts, wobei Tuai James sie auf Pflanzen, Affen und den Pfotenabdruck eines großen Tiers aufmerksam machte. Barry filmte ausnahmslos alles, sogar die Pausen, in denen sie nur dasaßen und rauchten. Als sie dann zum Langhaus
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