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Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition)

Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition)

Titel: Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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Leben ging weiter seinen gemächlichen Gang, mit Festen, Tänzen, Jagden und Tennis, mit Liebeleien und Heiratsanträgen, und Geld musste ja auch noch verdient werden. Wer vermögend, einflussreich und gebildet war, der gehörte zu uns, egal, welche Hautfarbe er hatte. Zuweilen gab mein Vater den Spruch zum Besten, wonach Malaya von den Briten zum Wohl der Chinesen regiert werde oder, je nach Sichtweise, von den Chinesen zum Wohl der Briten. Die malaiische Elite hatte eine gewisse Anspruchshaltung, was wohl wenig überrascht, denn schließlich handelte es sich um ihr Land, und die anderen Rassen waren nur eingewandert. Wenn man Geld, Macht und gesellschaftlichen Status besitzt, stehen einem in Malaya selbstverständlich alle Türen offen. Die Armen jedoch, die chinesischen Tagelöhner, die indischen Plantagenarbeiter und die einheimischen Malaien, die weder über Reichtum noch Einfluss verfügten, wurden von den Herrschern übersehen oder ignoriert. In diesem Malaya lebte ich vor dem Krieg, durch den alles anders werden sollte.
    Als 1939 der Krieg in Europa ausgebrochen war, ging man insbesondere in England davon aus, dass dieser europäische Konflikt sich niemals auf den pazifischen Raum erstrecken würde. In London glaubte man gar, die strategische Verteidigung von Malaya auf ein Minimum beschränken zu können. Stets bekamen wir die Parole zu hören, Singapur, die uneinnehmbare Inselfestung, werde gehalten werden. Und wer sollte uns schon angreifen? Die Japaner waren bereits in der Mandschurei und in China einmarschiert, und man wusste sehr wohl, dass sie es auf die Ölfelder von Niederländisch-Indien abgesehen hatten. Aber Vater hielt es für höchst unwahrscheinlich, dass sie uns angreifen würden. Also ging das Leben seinen geregelten Gang, man tat, als sei alles in Ordnung, und sorgte sich höchstens um die Angehörigen in der Alten Welt. Meine Mutter kümmerte sich ja dort um ihre betagten Eltern, und mein Vater fürchtete um ihre Sicherheit.
    Doch einige von uns – und auch ich – sahen die Entwicklungen mit Sorge. Man wusste ja, dass die japanische Gemeinde in Malaya seit Jahren sehr aktiv war und in der Nähe der Plantagen im Dschungel herumschnüffelte. Zudem besaßen sie Stützpunkte an wichtigen Straßen- und Schienenknotenpunkten in den Bergbaugebieten. Es ließ sich kaum übersehen, welch große Mengen Erz in jenen Jahren nach Japan verschifft wurden, zweifellos für die Rüstungsproduktion. Später fanden wir heraus, dass ihre Unternehmen nicht nur bedeutsame Informationen an ihre Regierung weitergaben, sondern auch Spionage und andere illegale Machenschaften betrieben. An strategisch günstigen Orten wurden kleine Firmen gegründet, wo man das Geschehen auf Flugplätzen, in Häfen, in den Buchten und an den Küsten, im Dschungel und in den Sümpfen ausspähen konnte. Man hatte unser Land seit den dreißiger Jahren gründlich ausspioniert und vermessen. Zu spät erfuhren wir von geheimen Waffenlagern und Bunkern, die in von Japanern betriebenen Kautschukplantagen versteckt waren. Unsere Selbstgefälligkeit kam uns teuer zu stehen.
    Die Schuld an dieser Ignoranz trifft so manchen. Denn die Einheimischen hatten durchaus Informationen gesammelt und den Plantagenbesitzern von den Umtrieben der Japaner im Dschungel, an abgelegenen Küstenstrichen und auf den Inseln berichtet, was wiederum von Fischern, Waldhütern und Minenarbeitern bestätigt wurde. Als man aber die Behörden in Singapur davon unterrichtete, schlugen diese alle Warnungen in den Wind. Und auch als ich anderen Plantagenbesitzern gegenüber diese Gerüchte zur Sprache brachte, die überall in Malaya kursierten, tat man sie als Panikmache ab.
    Allerdings wussten wir kaum etwas über die Beschlüsse der Mächtigen in Whitehall, unsere Truppenstärke in Malaya zu verringern. Man betrachtete den Krieg in Europa als viel zu ernste Sache, als dass man auch nur einen Gedanken daran verschwendet hätte, was irgendwo an der östlichen Peripherie des Empire passierte. Doch wir in Malaya ließen uns nicht beirren und nahmen Benzinrationierungen, gestiegene Preise und die leidigen Verdunkelungsübungen in Kauf. Selbst als die Japaner in Indochina einmarschierten, fühlte sich unsere Regierung nicht zum Handeln bemüßigt. Man hielt vielmehr an dem Glauben fest: »Das werden die Japsen niemals wagen! Und wenn doch, dann schlagen wir sofort zurück.«
    Wie konnte man nur zu dieser irrigen Annahme gelangen? Die Schlagkraft unserer Streitmacht war

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