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Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Titel: Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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ihm. Wer bist du?“
    „Jalyuri, sein Bruder.“ Der Aborigine trat in den Schatten zurück, und schon
    konnte Robert ihn nicht mehr erkennen. Nachdenklich legte er die letzten
    Kilometer bis zum Pub zurück.
    Bierdunst und die lauten,
    von Alkohol und Tabak rauen Stimmen der Männer schlugen Robert entgegen. Er
    stellte sich an die Bar und bestellte ein Bier. Die Frau hinter der Theke
    lächelte ihn an. Sie und ihr Mann hätten das Pub erst vor kurzem übernommen und
    aufgemöbelt, erfuhr er von ihr. Robert war seit anderthalb Jahren nicht mehr in
    Stuart gewesen. Dann sprachen sie über den Krieg, und sie erzählte ihm, dass
    ihr Mann gesundheitlich angeschlagen sei. „Vom Giftgas“, sagte sie, „er wollte
    nach dem Krieg eigentlich nach England aufs Land ziehen, doch da bin ich ihm in Adelaide über den Weg
    gelaufen!“ „Tja, so spielt das Leben manchmal“, antwortete er und trank noch
    ein Bier. Noch immer dachte er über die seltsame Botschaft des Aborigine nach.
    Unvermittelt beugte sie sich zu ihm vor. „Ich hab’ eine Nachricht für Sie.“
    „Ja?“ „Mrs. Standley vom ‚Bungalow’.“ „Mrs. Standley?“, wiederholte er.
    Natürlich hatte sie mitbekommen, dass er in Stuart war. Wie sollte dies auch
    ein Geheimnis bleiben bei kaum mehr als drei Dutzend weißen Einwohnern? „Sie
    sollen mal vorbeikommen. Sie hätte eine Neuigkeit. Das ist alles. Mehr hat sie
    nicht gesagt.“ „Ja, danke“, sagte er geistesabwesend. Er überlegte, was Mrs.
    Standley ihm mitteilen wollte. Er hätte sich auf die ganze Sache nicht
    einlassen sollen, dachte er. Dann könnte er einfach weiterhin nach Stuart
    fahren und seine Biere trinken. „Noch eins?“, fragte die Wirtin. Er hielt ihr
    das leere Glas hin. „Sicher.“ „He, Mann!“ Ein kleiner Bärtiger, der schon ein
    paar Biere zu viel getrunken hatte, stieß ihm seinen Ellbogen in die Seite.
    „Wie wär’s mit `n paar Weibern? Unten am River warten `n paar ... Schwarze ...“
    „Kein Bedarf!“, gab Robert mürrisch zurück. „He, he, bist doch sonst nicht so,
    was?“ Der Bärtige lachte und zeigte seine Zahnstummel. „Ach’ lass mich in
    Ruhe!“ „He, he, he ...“ Wieder wollte ihm der Kerl seinen Ellbogen in die Seite
    stoßen, doch Robert war schneller. Er wich aus, der Bärtige verlor das
    Gleichgewicht, stolperte und fiel der Länge nach hin. „Und jetzt halt dein
    Maul!“, bemerkte Robert noch und verzog sich mit seinem Bier auf die andere
    Seite der Theke.
    An diesem Abend kam
    Moses nicht. Bevor Robert ins Bett ging, warf er einen Blick durchs Fenster,
    doch Moses war nicht zu sehen. Robert zog sich aus, wusch sich, ließ das
    Fenster weit geöffnet und streckte sich auf dem Bett mit der überraschend
    bequemen Matratze aus. Er verschränkte die Arme unter dem Kopf und starrte in
    die Dunkelheit. Bestimmt schlief Moses irgendwo da draußen, unter dem Schein
    der Sterne ... in seinem Land ... allein ... obwohl er nicht allein sein wollte
    ... Robert starrte an die sternenlose Zimmerdecke.
    Die Sonne brannte schon
    um acht von einem klaren blauen Himmel, und die Berge begannen schon in der
    Hitze zu verblassen. Es würde ein besonders heißer Tag werden, dachte Robert,
    als er die wenigen Meter zum „Bungalow“ hinüberging. Die drei Blechschuppen,
    die dem „Bungalow“ seinen Namen gaben, warfen das grelle Sonnenlicht zurück. Er
    hörte Kinderstimmen. Als er näher zum Zaun kam, sah er sie: etwa fünfzig Kinder
    mit dunkler Hautfarbe, keines nackt, und ein paar weiße Kinder. Alle saßen auf
    der roten Erde, hatten eine Tasse vor sich und frühstückten wohl. Er stand eine
    Weile da und sah zu, bis eine Frau aus einer der Baracken kam und ihn
    entdeckte.
    „Mr. Gordon, nicht wahr?“ Ein warmes Lächeln breitete sich auf
    ihrem Gesicht aus, das von einem Strohhut beschattet wurde. Ein langer dunkler
    Rock umspannte ihre kräftigen Hüften, die weiße langärmelige Bluse steckte
    sorgfältig im Rockbund und war bis oben zugeknöpft. Die Frau mochte Mitte oder
    Ende vierzig sein, eine aufrichtige, resolute und vitale Frau mit einer festen
    Stimme. „Ich freue mich, dass Sie gekommen sind. Wollen Sie nicht
    hereinkommen?“ Sie wies auf den Zaun, der sie trennte. „Nein, ich habe nicht
    viel Zeit“, log er. Sie lächelte verständnisvoll. Natürlich hatte sie ihn
    durchschaut, wusste, dass er sich so schnell wie möglich wieder davonschleichen
    wollte. „Nun“, sagte sie, „dann komme ich gleich zur Sache. Es gibt

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