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Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Titel: Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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Rinder
    sterben, gibt es auch für sie kein Fleisch.“ John holte Luft. „Ja, aber ...
    wenn Wirinun seine Leute gegen uns aufhetzen will, dann wäre dies eine gute
    Möglichkeit.“ „Sie meinen, Sie könnten sich vorstellen, dass Wirinun die Rinder
    vergiftet, um ...“ Sie wusste nicht weiter. „Um vor seinen Leuten zu behaupten,
    auf unserer Ankunft liege ein Fluch, ja. Und wenn sie in die Kirche gehen,
    wenden sie sich von den Ahnen ab, deshalb lassen sie nur die Rinder sterben.“
    „Aber das ist doch ...“ Er nickte. „Ja, Manipulation. Das ist es, was die
    Wissenshüter in allen Kulturen tun, wenn sie ihre Macht bedroht sehen, nicht
    wahr?“ Ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. Zynisch, schoss es
    Emma durch den Kopf, er ist zynisch. Diesen Wesenszug hatte sie noch nie an ihm
    bemerkt - und sie mochte ihn auch nicht. „Es kann aber genauso gut auch eine
    Krankheit sein, John! Wir brauchen einen Tierarzt!“ Jetzt lachte er auf. „Der
    nächste ist vielleicht in Oodnadatta, wenn wir Glück haben!“ „Nicht in Stuart?“
    Ernst geworden, schüttelte er den Kopf. Sie sah hinüber zu den Hütten. Sie
    konnte die Frauen erkennen und die Kinder, die noch immer mit dem Deckel
    spielten und lachten. Sie musste mit Paul sprechen, was er von der Sache hielt. „Er ist in der Kirche“, sagte John, als
    hätte er ihre Gedanken erraten.
    Paul kniete vor dem
    Altar. Das hohle Geräusch ihrer Schritte hallte in dem leeren, kalkweißen Raum.
    Sie kniete sich neben ihn. Still und tröstend hing das dunkle Holzkreuz auf der
    weißen, unbefleckten Wand. „Was ist mit den Rindern?“, fragte sie ohne
    Einleitung. Paul bewegte stumm die Lippen. Sie wartete. „Paul, hörst du mich
    überhaupt?“ Endlich drehte er sich zu ihr. Seine Haut wirkte wächsern, seine
    Züge waren verhärmt, seine blauen Augen wässrig. Er sah erschöpft und entmutigt
    aus. Selbst sein sonst so leuchtendes rotes Haar war fahl und stumpf. Emma war
    besorgt.
    „Nun“, begann er,
    „sprach Jahwe zu Moses: ‚Gehe zu dem Pharao und sage zu ihm: So spricht Jahwe,
    der Gott der Hebräer: Gib mein Volk frei, damit es mir diene! Wenn du dich
    weigerst, es zu entlassen, und es noch weiter festhältst, dann kommt die Hand
    Jahwes über dein Vieh, das auf dem Felde ist. Über die Pferde, die Esel, die
    Kamele, die Rinder und die Schafe kommt eine schlimme Seuche.’ Und Jahwe ließ
    es am folgenden Tag eintreten. Es starb alles Vieh der Ägypter“. Paul sagte
    tonlos: „Was will Gott von mir? Ist es eine Prüfung?“ Sie erschrak. Wie
    verzweifelt er war! „Er prüft uns alle, Paul. Dich, mich, John, die Menschen in
    ihren Hütten ... Aber warum bist du so mutlos? Du hast uns durch die Wüste
    geführt, du hast die Menschen hier in die Kirche gebracht ...“ „Ja“, unterbrach
    er sie, „weil ich Ihnen Fleisch versprochen habe!“ „Paul, es ist doch keine
    Katastrophe. Es sind doch nur ein paar Rinder!“ „Emma, begreifst du denn nicht,
    dass das alles Zeichen sind?“ Seine Stimme bebte. „Nenn es Zeichen, von mir
    aus“, sagte sie. „Aber es ist genauso gut etwas, womit jeder Farmer hier schon
    zu tun hatte! Das passiert eben! Es hat vielleicht gar nichts mit uns zu tun!
    Gott sind unsere Rinder vielleicht völlig gleichgültig!“ „Du begreifst nicht, Emma“.
    Sie musste Paul endlich
    zur Rede stellen. Seine Krise, davon war sie jetzt überzeugt, hing mit diesem
    Brief in seinem Koffer zusammen. Er fühlte sich schuldig und glaubte nun, Gott
    bestrafe ihn. Immer und immer wieder ging ihr der Wortlaut des Briefs im Kopf
    herum. Nein, sie konnte nicht mehr so tun, als habe sie ihn nicht gelesen. Sie
    musste endlich reden.
    „Paul“, fing sie an, wollte die Hand auf seine Schulter legen,
    zuckte jedoch zurück, „du kannst mir vertrauen. Sag mir jetzt die Wahrheit! Die
    Wahrheit, wie auch immer sie lautet, kann ich besser ertragen als das
    Schweigen.“ Sie machte eine Pause, er erwiderte nichts, sah einfach weiter nach
    vorn zum Altar und zum Kreuz, auf dessen Mitte jetzt ein Sonnenstrahl traf.
    „Paul ...“ Sie holte tief Luft. „Hast du mit einer anderen Frau ein Kind? Ist
    es das, warum du dich mir gegenüber so abweisend benimmst?“ Er betrachtete sie,
    als sei sie eine Fremde. Sag mir die Wahrheit, Paul, flehte sie, damit kannst
    du alles wieder gutmachen, dann haben wir eine neue Chance ... Seine Mundwinkel
    zuckten. Ja, dachte sie, sag es, bitte ... „Ich weiß nicht“, sagte er
    schließlich, „wie

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